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Luftfahrtmesse Aero
Drohnen als Feuer-Löscher und Defibrillator

Drohnen sollen Weihnachtspäckchen vorbeibringen oder beobachten, wie schnell die Äpfel in den Obstplantagen reifen. Sie gelten als die neuen Tausendsassas der Lüfte. Allerdings werden sie, so die Fachleute auf der Luftfahrtmesse "Aero" in Friedrichshafen am Bodensee, wohl nicht alle Erwartungen erfüllen, die derzeit in sie gesetzt werden.

Von Thomas Wagner |
    "Welcome to open TX. Also, ich habe gerade den Handsender in der Hand. Das ist im Prinzip die Steuereinheit für den Copter, wenn er manuell geflogen wird. Das heißt: Hoch, runter, links, rechts - verschiedene Flugmodi."
    Florian Golz aus Ronneburg ist Drohnen-Pilot. Ein paar Knopfdrücke auf seiner Fernsteuerung, die der Mitte 20-jährige in der Messehalle umhängen hat, genügen - und ein Gebilde aus viel Draht und dünnen Metallverstrebungen erhebt sich nach oben, angetrieben von vier kleinen Propellern an den Ecken.
    "Das sieht optisch aus wie so eine kleine Spinne mit starren Armen. Und an den Enden der Arme ist jeweils ein Motor mit Propeller dran. Und diese Propeller bringen dann auch entsprechend Schub für das Gerät, das dann entsprechend fliegen kann", erklärt Christian Kaiser, Geschäftsführer der Copting GmbH in Braunschweig. Mit einer ruckartigen Kopfbewegung versucht er der schnell davonfliegenden Drohne, die er auf der Aero in Friedrichshafen als Messeneuheit präsentiert, hinterher zu blicken. Doch so rasch, wie das Fluggerät unterwegs ist, kann er gar nicht schauen. Gut so: Denn die Drohne muss buchstäblich schneller sein als die Feuerwehr.
    "Wir haben zum Beispiel auch die Feuerwehr unterstützt bei Großbränden. Um dem Einsatzleiter die Lageübersicht zu geben, ob irgendwelche Wandteile oder ähnliches einstürzen. Und das sah man eben entsprechend von oben. Weil: Von oben hat man den Blick von der Straßenseite, von der Innenseite. Und: Dann können die Statiker beurteilen. Geht oder geht nicht."
    Drohnen im Dienste der Feuerwehr - das ist aber nur eine von vielen Einsatzmöglichkeiten. Denn: Die unbemannten Fluggeräte, die sich so ähnlich anhören wie ein Bienenschwarm, kosten in der Anschaffung nur ein paar Tausend Euro - und sind von den Betriebskosten her wesentlich günstiger als bemannte Helikopter. Uwe Nortmann ist Geschäftsführer des europäischen Verbandes "Unmeant Aircraft Vehicle", zu deutsch "Unbemannte Luftfahrzeuge".
    "Das heißt, es sind in Anwendungsvorbereitung Inspektionen an hohen Gebäuden, Inspektionen an Windkraftanlagen während des Betriebes, Inspektionen an Masten und Hochspannungsleitungen. Es geht weiter im Rettungsbereich: Auffinden von Personen in schwierigen Geländen. Es geht weiter zum Beispiel mit dem fliegenden Defibrillator, den ich schnell an den Unfallort in unwegsamem Gelände bringen kann und dann Erste Hilfe vor liefert. Also die Bandbreite ist riesig, bis hin zum automatischen Fensterputzer."
    "Kurze Frage: Wie sieht denn das aus mit GPS? Normalerweise wird ja in Deutschland nach Sichtflugregeln gestartet."
    Fragen über Fragen auf der "Sonderschau Drohnen" in Friedrichshafen - nicht nur nach den Einsatzmöglichkeiten, sondern auch den gängigen Vorschriften. Und die Besucher erfahren, dass die Freiheit von Drohnen über den Wolken keineswegs grenzenlos ist: Grundsätzlich müssen sie sich immer in Sichtweite des 'Drohnen-Piloten' mit der Fernsteuerung befinden. Und über bewohntes Gebiet dürfen sie schon gar nicht geflogen werden. Das macht die eine oder andere Geschäftsidee zunichte - beispielsweise die des Online-Versandhauses Amazon, Waren zukünftig per Drohnen auszuliefern. Uwe Nordmann kann darüber nur schmunzeln:
    "Und so ein Päckchen schwarmweise massenhaft in der Gegend rumfliegen, auch über bemanntes Gebiet, auch über Verkehrswege usw. Das ist unsicher und wird nicht genehmigt werden. Aber: Wie es mit DHL schon in Deutschland einmal erprobt worden ist: Ein Medikamentennotdienst auf eine unwegsame Insel im schnellen Verfahren - das ist eine Anwendung, die sehr schnell kommen kann und sehr segensreich ist."
    Gerade auf der Luftfahrtmesse in Friedrichshafen wird in der Sonderschau Drohnen aber ein anderes Problem deutlich: Nur einen Steinwurf von den Messehallen entfernt befindet sich der Bodensee-Airport - ein symbolhaftes Bild: Denn je mehr Drohnen zukünftig in die Lüfte steigen, desto stärker wird das davon ausgehende Gefahrenpotenzial, glaubt Uwe Nortmann vom europäischen Verband für unbemannte Fluggeräte:
    "Es gab schon 'Near Misses' mit Verkehrsflugzeugen. 'Near Misses' - das sind Annäherungen an Verkehrsflugzeuge, wo die Piloten sagen: Alles, was in einem Bereich um mein Flugzeug herumkommt, wo ich gezwungen bin, ein Ausweichmanöver zu machen, wird als 'Near Misses' definiert. Und das müssen wir vermeiden."
    Deshalb plädiert der Verband auch für die Einführung einer Art 'Drohnen-Führerschein': Nur wer eine entsprechende Lizenz hat, soll zukünftig ein unbemanntes Flugobjekt steuern dürfen - so die Forderung. Dabei wird gerade mal ein Messestand weiter ein weiteres Problem offenbar: Drohnen-Hersteller Florian Kaiser aus Augsburg zeigt Fluggeräte mit fest eingebauten Hochpräzisionskameras. Rein technisch gesehen wäre es ein leichtes, damit Haus und Grundstück des Nachbarn auszuspionieren: Privatsphäre ade! Florian Kaiser sieht diese Gefahr allerdings eher gelassen, zumal Flüge über bewohntes Gebiet verboten sind:
    "Sie haben selbst gemerkt: Das Ding hat einen gewissen Geräuschpegel. Das Ding fällt auf am Himmel. Ich würde sagen, wenn Sie Ihre Nachbarin ausspionieren wollen, ist der Blick durch die Hecke immer noch sicherer. Ich halt' das Risiko für zu hoch."