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Luftreinhaltung
Umwelthilfe kritisiert Verschrottungs-Prämie von VW

Wer einen Diesel zum Verschrotten beim VW-Händler abgibt, soll eine Prämie von bis zu 8.000 Euro bekommen. Das sei ein Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität, so der Konzern. Von der Deutschen Umwelthilfe kommt dagegen Kritik: Es mache keinen Sinn, Autos zu verschrotten, die nur wenige Jahre alt seien.

Von Dietrich Mohaupt |
    Ein KFZ-Servicetechniker hält am 08.10.2015 die Abdeckung vor einem vom Abgas-Skandal betroffenen 2.0l TDI Dieselmotor vom Typ EA189 in einem VW Touran in einer Autowerkstatt in Hannover (Niedersachsen).
    Wer seinen Diesel von VW verschrotten lässt, soll dafür eine Prämie bekommen (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    Vor zwei Tagen noch hatte VW-Konzernchef Herbert Diess von einem Feldzug gegen die individuelle Mobilität und damit gegen das Auto gesprochen, hatte sich über eine geradezu hysterische Stickoxiddiskussion um wenige Problemzonen in einigen Städten beschwert. Jetzt die Reaktion des weltgrößten Autobauers: Volkswagen, also die Kernmarke des Konzerns, bietet Umtausch-Prämien bis zu 8.000 Euro für Fahrzeuge beliebiger Hersteller an.
    Wer einen Diesel der Normen Euro-1 bis Euro-4 zum Verschrotten beim VW-Händler abgibt, der soll diese Prämie bekommen – wobei die Höhe natürlich vom Modell des im Gegenzug erstandenen Neu- oder Jahreswagens aus dem Portfolio des VW-Händlers abhängt. Ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität und zur Vermeidung von Fahrverboten in deutschen Städten sei dies, so VW-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann. Eine Aussage, die bei Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe auf wenig Verständnis stößt.
    "Es macht doch überhaupt keinen Sinn, wenige Jahre alte Autos einzutauschen, zu verschrotten – es drängt sich für mich langsam der Eindruck auf, als würde Volkswagen Einweg-Autos bauen. Ich mache doch auch keinen Fahrzeugtausch, nur weil der Aschenbecher voll ist."
    VW zahlt Umweltprämie und Wechselprämie
    VW will die neue Umweltprämie zusätzlich zu der bereits angekündigten Wechselprämie zahlen, die Fahrzeughalter aus den 14 besonders belasteten Städten und angrenzenden Landkreisen für Neuwagen aus dem Konzern in Anspruch nehmen können. Statt der – auch von der Bundesregierung geforderten – Hardware-Nachrüstung auf Kosten der Hersteller also wieder nur ein weiteres Vertriebsprogramm für Neuwagen, die Autoindustrie habe sich wieder einmal durchgesetzt, kritisiert Resch.
    "Die Autoindustrie müsste eigentlich 22 Milliarden Euro Strafe zahlen für die bisher aufgelaufenen und bekannt gewordenen Betrugsdiesel – bis jetzt hat die Bundesregierung nur über Staatsanwaltschaften die Geschäftstätigkeit bewertet, die Bußgelder, die eigentlich fällig wären, werden nicht angepackt."
    Gegen solche Bußgelder hat sich bereits Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU sehr deutlich positioniert – er setzt weiter auf Kaufanreize für Neufahrzeuge und liegt damit voll auf der Linie der Hersteller. Die Politik an der langen Leine der Autoindustrie – auch die jüngsten Entscheidungen in Brüssel zu strengeren CO2-Grenzwerten für die Zukunft unterstütze diesen Eindruck, so Jürgen Resch.
    Tagung der Verkehrsminister der Länder
    "Die Automobilindustrie regiert durch – durch die niedersächsische Staatskanzlei, in München und in Stuttgart in gleicher Weise, und natürlich durch das Kanzleramt. Wir erleben das ganz aktuell in Brüssel, wie sich eben diese Bundesregierung gegen eine Mehrheit der Bürger und Staaten der EU stellt – gegen den Klimaschutz auf der Straße."
    In Hamburg tagen heute und morgen die Verkehrsminister der Länder – auf der Tagesordnung auch hier wieder das Thema Luftreinhaltung und der Maßnahmenkatalog der Bundesregierung dazu.