Als "Zoon politikon", als politischen Menschen, der das Gemeinwesen zum Hauptgegenstand seiner Untersuchungen und seines Handelns mache, bezeichnete die Theaterdramaturgin Judith Gerstenberg den diesjährigen Büchnerpreisträger Lukas Bärfuss.
"Sein unumstößliches Vertrauen in das Gelingen einer Gedankenarbeit, die ihre Kraft aus sokratischer Selbstbefragung bezieht, ist sehr tröstlich und emanzipiert sein Gegenüber, das er darin einbezieht."
Bärfuss selbst mahnte in seiner Dankesrede an die Verantwortung und Möglichkeiten eines jeden Einzelnen: "Freiheit und Empathie sind niemals umsonst, das ist wahr, aber möglich sind sie immer, in jedem Augenblick. Davon wollte und will ich erzählen." In diesem Bestreben fühle er sich auch dem Namensgeber des Preises, Georg Büchner, verbunden und der Frage, "was das denn sei, was in uns lügt, stiehlt, hurt und mordet".
Das Böse überwinden
Kein dunkler, metaphysischer Pfuhl zwinge uns zu schrecklichen Taten, wie sie etwa im Nationalsozialismus geschehen seien. Und das wäre eine gute Nachricht, so Bärfuss:
"Es braucht keine Chirurgen, um uns das Böse aus den Leibern zu operieren, mit wachen Sinnen und empfindsamen Herzen können wir die Gewalt erkennen, wir können sie zur Sprache bringen, und wenn wir den Mut haben und nicht um unser Leben fürchten, dann können wir uns alle gegen sie stellen und sie überwinden."
Lukas Bärfuss wurde am 30. Dezember 1971 in Thun geboren und lebt in Zürich. Er begann 1998 als Dramatiker und avancierte zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Theaterautoren. Seine Stücke wurden in ein Dutzend Sprachen übersetzt und werden weltweit gespielt. Zu seinen bekanntesten Dramen zählen "Die sexuellen Neurosen unserer Eltern" (2003), "Der Bus" (2005), "Öl" (2009) und "Frau Schmitz" (2016).
Als Erzähler debütierte Bärfuss 2002 mit der Novelle "Die toten Männer". Sein erster Roman "Hundert Tage" über den Völkermord in Ruanda erschien 2008. Auch sein zweiter Roman "Koala" aus dem Jahr 2014, in dem er den Suizid seines Bruders verarbeitet, fand ein großes Echo. Für diesen Roman wurde ihm 2014 der Schweizer Buchpreis verliehen.