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Lumix-Festival in Hannover
Eindringliche Reportagefotos aus aller Welt

Webdokus, Fotoessays oder Bildreportagen: Beim Lumix-Festival für jungen Fotojournalismus in Hannover zeigen junge Reportagefotografen ausgewählte Arbeiten. 1.200 Fotojournalisten aus 85 Ländern hatten sich beworben - und die Bandbreite der Themen ist groß.

Von Agnes Bührig |
    Die Bilder des Fotografen Ivor Prickett mit dem Titel "Seeking Shelter" sind als Teil des Lumix Festivals in Hannover zu sehen. Die Bilder zeigen syrische Flüchtlinge.
    Die Bilder des Fotografen Ivor Prickett mit dem Titel "Seeking Shelter" sind als Teil des Lumix Festivals in Hannover zu sehen. Die Bilder zeigen syrische Flüchtlinge. (picture alliance / dpa / Peter Steffen)
    Fotopräsentation im Hörsaal der Hochschule Hannover: Über die Leinwand wandern Aufnahmen von Menschen, die alles verloren haben. Eindringliche Bilder des norwegischen Fotographen Espen Rasmussen, aufgenommen nach dem Erdbeben in Pakistan, nach der Flut in Bangladesh, während der Flucht aus Syrien. Dann kommt ein Foto mit poetischer Kraft. Der leere, breite Bug eines Frachtschiffes schiebt sich vor einer monochromen, merklich leuchtenden Nebelwand ins Bild. Projektionsfläche für die Flüchtlingskrise oder für das Unwägbare?
    "Viele sagen über meine Bilder, dass ich Schönes im Tragischen finde. Man soll das Grausame, das vor einer Kamera passiert, nicht ausblenden. Aber wir können auch feststellen, dass die meisten Menschen die dargestellte Situation meistern und überleben. Und deshalb habe ich auch etwas Optimismus, etwas Licht im Bild. Das verleiht meinen Bildern vielleicht manchmal mehr Schönheit."
    Es sind ausdrucksstarke Bilder wie diese, mit denen sich das Lumix-Festival einen Namen gemacht hat. Die Bandbreite der Themen ist dabei groß. Sie reicht von den aktuellen Konflikten der Welt über eindringliche Alltagsporträts bis hin zu skurrilen Themen wie tanzenden Hunden oder dem "Female Masking", das Corinna Kern fotografiert hat: Heterosexuelle Männer, die ihre weibliche Seite ausleben wollen, schlüpfen in Ganzkörperanzüge, die ihnen barbiepuppenartige Gesichter verleihen.
    Hannover als angesehener Studienort für Reportagefotografie
    Auch Studierende der Hochschule Hannover stellen beim Lumix-Festival aus. Jelca Kollatsch präsentiert eine Fotoreportage zum Thema Obamacare. Blutverschmierte, kaputte Zähne, gesammelt in einer Plastikflasche sind da zu sehen. Daneben das Bild einer Turnhalle. Das Spielfeld ist mit etwa zwei Dutzend Liegestühlen gepflastert, auf denen ehrenamtliche Zahnärzte Zähne ziehen. Die 31-Jährige hat Menschen in einer Region in den USA begleitet, die weder eine Gesundheitsversicherung haben noch sich teure Operationen leisten können - mit gravierenden Folgen:
    "Wer keine Zähne im Mund hat, der bekommt noch nicht mal bei McDonalds einen Job. Wer will denn sein Essen von jemandem ohne Zähne serviert bekommen?"
    Dass ein Festival für jungen Fotojournalismus gerade in Hannover stattfindet, kommt nicht von ungefähr. Die Hochschule Hannover gilt als einer der besten Studienorte für Reportagefotografie weltweit, am Sprengelmuseum sind gerade erst Räumlichkeiten und Personal für die Abteilung künstlerische Fotografie erweitert worden und im letzten Jahr hat die älteste deutsche Fotoagentur Visum ihren Sitz in die niedersächsische Landeshauptstadt verlegt. Trotzdem gibt es Klagen. Die Honorare der Fotografen fallen, die Konkurrenz durch Bilder von Privatpersonen steigt. Da gilt es, den eigenen Standpunkt zu finden, sagt der Geschäftsführer des Berufsverbandes für Fotografen Freelens, Lutz Fischmann:
    "Ein Fotograf muss sich also seine Nischen suchen, Zugang finden zu Bereichen, wo kein anderer reinkommt, keine Privatperson rein kommt und da Themen erarbeiten, die wichtig sind und die verkaufbar sind. Denn es ist ja so: Noch nie wurden so viele Bilder gebraucht wie heute und irgendjemand muss sie machen. Also jammern hat keinen Sinn, man muss sich weiter entwickeln, man muss sich fortbilden, man muss vielleicht über Multimedia nachdenken."
    Neue Chancen für Bewegtbilder und Luftbildaufnahmen
    So wie Khalid Aziz, der am Rande des Ausstellungsgeländes gerade einen Kamerakopter steigen lässt:
    "Dadurch, dass Fotojournalismus nicht nur in Magazinen stattfindet, sondern auch online, also Bewegtbild, werden auch viel mehr Multimediareportagen produziert und da ist es schön, wenn man auch einfach solche Luftbildaufnahmen hat."
    Sagt der Kamerapilot und lässt seine Maschine gen Himmel steigen, direkt über den Skywalk nebenan und den anderen Gebäuden, in denen sich Webdokus, Fotoessays und Bildreportagen des Festivals aneinanderreihen.