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Luxemburg
Der Beginn einer neuen Ära

Er ist erst 40 Jahre alt, polyglott und als ehemaliger Strafverteidiger geerdet: Luxemburgs neuer Premierminister Xavier Bettel steht für einen Richtungswechsel in der Politik - gemeinsam mit den Grünen und den Sozialisten.

Von Tonia Koch |
    Der Saal des Kulturzentrums in der Luxemburger Unterstadt ist zum Bersten voll. Die Stimmung bei den Luxemburger Grünen könnte nicht besser sein.
    “Es ist ein wunderbarer Tag, wir freuen uns. Es ist wirklich ein historisches Ereignis. Nach all den Jahren ist das doch eine Belohnung, so sehe ich das.“
    30 Jahre gibt es sie und genauso lange hat es gedauert, an die Macht zu kommen. In einer Dreierkoalition - aus Liberalen, Sozialisten und Grünen - werden sie künftig die politische Richtung im Großherzog vorgeben. Die Richtschur, einen fast 200 Seiten starken Koalitionsvertrag, haben gestern Abend alle drei Parteien mit viel Zuspruch gebilligt. Einen eindeutigen Stempel trage das Programm nicht. Es sei weder rot gefärbt, noch liberal, sondern ein echtes Gemeinschaftswerk in dem sich auch die Grünen wiederfinden könnten, sagt der designierte Minister für Nachhaltigkeit Francois Bausch.
    "Was wichtig ist, die ganze Mannschaft steht dahinter, wir haben es fertig gebracht, ein Programm hin zu bekommen, wo die grünen Fußspuren ganz klar erkennbar sind, das aber von der ganzen Regierung getragen wird, das ist wichtig."
    So sieht das auch die Basis.
    "Der Koalitionsvertrag ist auch ordentlich, mit grünem Input und wir wissen auch, dass wir unter strenger Beobachtung der Konservativen stehen, die jetzt ein bisschen böse sind. Deshalb werden wir uns jetzt besonders anstrengen, dass dieser Relaunch von Luxemburg gelingt."
    Dass das links-liberale Bündnis an den Konservativen vorbei zustande gekommen ist, darf durchaus als eine kleine Sensation gelten. Jahrzehnte war die Christlich Soziale Volkspartei (CSV) an der Macht und mit Jean-Claude Juncker hatte sie den mit Abstand beliebtesten Politiker in ihren Reihen. Juncker und seine CSV haben auch die Wahlen gewonnen, nur koalieren wollte keiner mit ihm, weil die anderen Parteien den langjährigen Premierminister nicht für reformfähig hielten. Der Wille zur Reform aber eint das politische Bündnis und bringt ihm trotz mancher Skepsis Sympathien ein.
    "Man sollte jedem eine Chance geben, aber wie das ganze angefangen hat, wie die alte Regierung besonders unser Premier Juncker da abgesetzt wurde, das war nicht Recht."
    “Die Änderung ist schon gut, die alten waren etwas eingeschlafen die letzen Jahre, denn es ging nicht mehr voran, das Land stand. Ich hoffe, dass sie alles richtig machen und nicht die Leute enttäuschen.“
    Viele hielten Jean-Claude Juncker für nicht reformwürdig
    Die Koalition wird Überzeugungsarbeit leisten müssen, denn es stehen unpopuläre Maßnahmen an. 1,5 Milliarden Euro sollen eingespart werden, um das Haushaltsdefizit zu verringern. Das heißt, die sozialen Leistungen, etwa für Familien oder Studierende, werden überprüft. Die neue luxemburgische Regierung will nicht länger das Füllhorn über ihren Bürgern ausgießen sondern den Aspekt der Bedürftigkeit in den Vordergrund rücken. Abschied von der Gießkannenpolitik nennt das der designierte Regierungschef Xavier Bettel.
    "Die Gießkanne stoppt, die Gießkanne stoppt. Ich glaube, wir können es uns nicht länger erlauben, die Gießkannenpolitik der Vorgängerregierungen fort zu führen.“
    Luxemburg steht überdies vor tiefgreifenden gesellschaftlichen Reformen, wenn die Koalitionspartner wahrmachen, was sie im Koalitionsvertrag versprechen. Das katholische Luxemburg soll laizistischer werden. Die Schulen sollen nicht länger religiöse, weltanschauliche Grundlagen unterrichten sondern Wertmaßstäbe vermitteln. Darüber hinaus steht eine neue Gleichstellungspolitik sowie eine Reform des Scheidungs- und des Abtreibungsrechtes auf der Agenda.
    In europäischen Fragen allerdings, da will die Regierung so weiter machen wie die alte. Denn was Europa gut tut, das tut nicht in allen aber in den meisten Fällen auch dem kleinen Luxemburg gut, das weiß auch der zukünftige Premierminister.
    " Ich freue mich auf Europa, ich hab’ ja auch in Griechenland studiert, da bin ich mit meinem Auto nach Istanbul gefahren, nach Skopje oder Bulgarien und da sah man, was eine Grenze ist. Sehr viel junge Leute können sich eine Grenze nicht mehr vorstellen, denen ist nicht bewusst, wo wir herkommen.“
    Xavier Bettel schon, er ist erst 40 Jahre alt, polyglott und als ehemaliger Strafverteidiger durchaus geerdet.