An der Aral-Tankstelle von Brigitte Diederich im luxemburgischen Grenzörtchen Remich staut es sich frühmorgens an den Zapfsäulen. Tausende Pendler aus Deutschland und Frankreich, die in Luxemburg arbeiten, versorgen sich mit preiswertem Kraftstoff. Die Ersparnis liegt zwischen 10 und 15 Cent pro Liter.
"Ich bin jeden Tag hier und dann tanke ich auch hier. Beides, ich arbeite hier und zum Tanken. Wenn ich nach Luxemburg fahre, dann komm ich automatisch zum Tanken. Ich tanke immer, wenn ich muss, aber das Benzin ist in Frankreich viel teurer, das ist der Vorteil, den ich als Grenzgänger habe."
In erster Linie greifen die Kunden nach wie vor zu Dieselkraftstoff. Aber das soll sich ändern, sagt der für Infrastrukturmaßnahmen zuständige Staatssekretär Camille Gira.
Autofahrer sollen sich vom Diesel abwenden
"Wir haben ein klares Ziel, nämlich die private Autoflotte in Luxemburg zu ent-dieseln."
Zum ersten Januar hat Luxemburg auf Dienstwagen ein Bonus-Malus-System eingeführt, das in abgestufter Form Elektroautos und Benziner gegenüber Dieselfahrzeugen steuerlich begünstigt. Das soll den bereits spürbaren Trend, dass sich die Autofahrer vom Diesel abwenden, erheblich beschleunigen. Diese Maßnahmen seien jedoch nur ein erster Schritt im Hinblick auf ein neues Mobilitätskonzept, ergänzt Gira.
"Ab 2025 sollen in Luxemburg weder Benzin noch Dieselfahrzeuge angemeldet werden."
Noch ist das eine Idee, aber sie wird anders als in Deutschland, wo diese Gedanken schon wieder vom Tisch sind, ernsthaft diskutiert. Aber es wird schwer, sie umzusetzen, denn das Großherzogtum ist nach wie vor auf die Einnahmen aus dem Tanktourismus angewiesen.
"Also einfach verzichten, das können wir nicht, wir können ja nicht von heute auf morgen auf eine Milliarde Euro in unserem Haushalt verzichten."
Einer aktuellen Studie zufolge verliert das Phänomen Tanktourismus an Bedeutung. Die Kundschaft reise aus dem benachbarten Ausland nicht mehr an, nur um billig zu tanken und preiswerte Zigaretten, Alkohol und Kaffee einzukaufen. Tankstellenpächterin Brigitte Diederich bestätigt diese Beobachtung.
"Das gibt es noch, aber nicht mehr so wie früher, die Leute kaufen auch anders, sie kommen öfters, kaufen weniger, also die Generation die noch mit Koffern kam und einen Koffer voll Zigaretten mit raus nahm oder auch Kaffee, ist weniger geworden, auf jeden Fall."
Kraftstoffverbrauch des gewerblichen Sektors einschränken
Der private Tanktourismus ist eine nur Seite der Medaille. Die andere ist der Kraftstoffverbrauch des gewerblichen Sektors, sagt Romain Hoffmann. Er ist Geschäftsführer von Aral Luxemburg und leitet augenblicklich den luxemburgischen Tankstellenverband.
"Über 50 Prozent des Verkaufs an Kraftstoffen findet an den Autobahnen statt und das ist für LKW, die im Transit sind."
Auf dem kurzen luxemburgischen Autobahnstück, das die Häfen an der Nordsee mit Lyon oder dem süddeutschen Raum verbindet, unterhält nicht nur der Aral-Konzern seine größte Tankstelle in Europa. Mit einer "Ent-dieselung" der Brummi-Flotte rechnet so schnell niemand. Wenn die Regierung daher an dieser Stelle den Verbrauch steuern möchte, bliebe ihr wohl nichts anders übrig, als an der Preisschraube zu drehen und die Mineralölsteuer zu erhöhen, aber das sei nicht ohne Risiko, sagt Hoffmann.
"Das große Problem, das ein kleines Land wie Luxemburg hat, ist, dass es eben so klein ist. Das heißt, wenn der Staat entscheidet, wir gehen jetzt fünf Cent mit den Akzisen in die Höhe, dann kann es ihm blühen, dass er nachher weniger in der Kasse hat als vorher, weil dann die Einwohner Luxemburgs nach Deutschland, Belgien oder Frankreich tanken gehen, weil es sind ja nur 30 Kilometer bis ins Ausland."
Neue Geschäftsmodelle für Tankstellen gefragt
Die luxemburgische Regierung hat ihren Haushalt und die 1,6 Milliarden, die der Mineralölsektor jährlich dazu beiträgt, fest im Blick. Drastischere Maßnahmen als die "Ent-dieselung" der PKW-Flotte sind daher zunächst nicht geplant. Allerdings wird dies nicht ohne Rückwirkungen bleiben auf die kleineren Tankstellen im Land. Dort sind immerhin 3.500 Menschen beschäftigt. Neue Geschäftsmodelle seien gefragt, sagt Staatssekretär Gira.
"Dann werden die Beschäftigten vielleicht Strom verkaufen." Daran glaubt Aral Direktor Hoffmann nicht.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass man auf eine Tankstelle fährt und 20 Minuten herumhockt, um die Batterie wieder aufzuladen."
Sollten die Treibstoffverkäufe wegbrechen, hätte das nur eine mögliche Konsequenz. "Dann kommt einmal der Tag, dass das Grundstück zu teuer wird, um eine Tankstelle drauf zu haben, dann wird die Tankstelle geschlossen."