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Luxemburgs Fußballclub RM Hamm Benfica
Ronaldo-Nachfolger gesucht

Zwischen Luxemburg und Lissabon gibt es nicht nur tägliche Flugverbindungen - auch die Fußballvereine beider Städte sind in regem Austausch, auf der Suche nach jungen Talenten. Der Name Benfica birgt Erwartungen - nicht nur in Lissabon.

Von Tonia Koch |
Lele (Hamm Benfica, 35, rechts) gegen Azaouagh, Ahmed (7, FSV Frankfurt) während eines Teststpiels in Frankfurt.
Der FC RM Hamm Benfica pflegt eine Kooperation mit Benfica Lissabon, ohne dass dies bislang zu Höhenflügen geführt hätte. (imago)
"Fußball ist bei uns in Portugal, nach Gott, wenn ich das so sagen kann, die zweite Religion."
Als Jean-Louis Geraldes, Jugendtrainer beim Fußballclub RM Hamm Benfica, die Empfindung seiner fußballbegeisterten Gemeinschaft zusammenfasst, donnert gerade ein Flugzeug über den Platz. Gut möglich, dass es eine der mehrfach täglich verkehrenden Maschinen zwischen Luxemburg und der alten Heimat Portugal ist. Geraldes ist Luxemburger und in zwei Welten zuhause.
"Wenn ich das auf Portugiesisch sage, dann sagt man G… aber auf Luxemburgisch, auf Französisch oder auch auf Deutsch, dann sage ich: Geraldes."
Er trainiert die U19 des Hauptstadtclubs und sie haben das Saisonziel, den Klassenerhalt, geschafft.
"Wir sind Dritter, mein Ziel war, drin zu bleiben und das haben wir erreicht."
Benfica - der Namen birgt Erwartungen
Geraldes ist dem Klub mit dem großen Namen seit Jahren verbunden.
"Im Fußball ist die Erwartung sowieso schon hoch. Und wenn man dann auch den Namen Benfica trägt, ist er noch höher. Es ist schon für uns ein Stolz einen Namen wie Benfica zu tragen, auch wenn es nicht der Sport Lisboa Benfica ist, bei uns ist es der FC RM Hamm Benfica, aber trotzdem haben wir ja das Wort Benfica, was auch sehr wichtig ist für viele der Spieler und der Eltern und natürlich, wir sind stolz darauf."
Noch wichtiger aber als der große Name sei die kulturelle Prägung der Eltern. Die Kinder würden mit Fußball aufwachsen.
"Sehr jung werden die Kinder Fans des Vereins ihres Vaters. Wenn der Vater Porto unterstützt, dann wird das Kind dann auch Porto-Fan."
Die Jugendspieler stimmen zu. "Mein Vater war schon Benfica-Fan und ich nun auch."
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reportagereihe "Moseltal statt Atlantikküste – Portugiesen in Luxemburg".
Abdouleys Familie stammt aus Guinea. Ein Lehrer seiner Schule habe ihm ein Verzeichnis sämtlicher Fußball-Vereine gegeben. Er habe den Namen Benfica auf der Liste gesehen und da sei die Wahl klar gewesen.
Pedro, der Torwart, hatte andere Gründe.
"Ich bin zwar für Benfica Lissabon, aber ich bin wegen meiner Freunde hierhergekommen. Ich war so acht Jahre alt und mein bester Freund war hier im Verein. Er wollte immer mit mir spielen und wenn man klein ist, dann will man immer mit seinem Freund spielen und ich bin noch immer hier."
Auf dem Platz wird portugiesisch gesprochen
Auch Daniel, der Kapitän kann mit seinen 18 Jahren bereits eine Art Benfica-Tradition aufweisen.
"Es sind schon zwölf Jahre, die ich hier spiele bei Hamm Benfica. Das ist sehr geil, hier zu spielen auch wegen der Freunde und wegen des Klubs natürlich."
Nicht nur im Luxemburger Stadtteil Hamm, auch auf anderen Fußballplätzen wird nach wie vor viel portugiesisch gesprochen. Denn ohne die starke Zuwanderung wäre es um den fußballerischen Nachwuchs nicht so gut bestellt.
Rui Lopes ist Jugendkoordinator des Vereins. Er war fünf, als seine Eltern aus Portugals Norden nach Luxemburg kamen. Er sitzt in einem winzigen Büro direkt neben dem Trainingsgelände, seine Tür steht immer offen.
Ein Spieler streckt den Kopf herein, er sucht die neuen Rucksäcke. Rui vertröstet ihn, drei Minuten später klopft es erneut.
Sponsoren dringend gesucht
Die in der Vereinsfarbe rot und mit dem Benfica-Adler versehenen Mannschaftsrucksäcke sind in einer Ecke gestapelt. Mit dem Namen seien Erwartungen verbunden, die nicht erfüllt werden könnten, klagt der Jugendkoordinator.
"In Luxemburg ist es ganz einfach, hast du Sponsoren, hast du alles. Und wir haben gedacht, mit dem Namen Benfica könnten wir viele Sponsoren holen, aber von Jahr zu Jahr ist es weniger geworden.
Er zeigt auf die Bandenwerbung draußen.
"Sehen Sie die Bilder da, lauter kleine Sponsoren, die zahlen 500 Euro, 1.000 Euro. Ich meine aber, für die große portugiesische Gemeinschaft müssten wir eigentlich mehr Sponsoren kriegen, aber leider ist dem nicht so."
Benfica Lissabon investiert in Jugendförderung
Mit einem Jahresbudget von 300.000 Euro könne der Verein eben keine großen Sprünge machen und mit den Top-Klubs der ersten luxemburgischen Liga könne Hamm nicht mithalten. In der abgelaufenen Saison ist die erste Mannschaft aus der höchsten luxemburgischen Spielklasse abgestiegenen. Trotzdem ist dem FC RM Hamm Benfica ein Coup gelungen.
"Das ist eine Bombe."
Der Verein bekommt eine Fußballschule des portugiesischen Traditionsklubs Benfica Lissabon.
"Ab September beginnt hier die ‚Escolina de Benfica‘, es kommt ein professioneller Trainer von Lissabon her, der von Lissabon bezahlt wird."
Sämtliche Jugendspieler des Vereins sollen die Fußballschule durchlaufen. Aber diese wird auch anderen Vereinen offen stehen, denn sie ist teuer. Pro Monat 100 Euro, die von den Fußballschülern zusätzlich zum Vereinsbeitrag zu zahlen sind. Viel Geld, das weiß auch Rui.
"30 bis 40 Prozent können sich das nicht erlauben."
Aber der Verein habe was machen müssen, um seine Attraktivität zu steigern und die Zukunft zu sichern. Es gäbe viele talentierte Kinder, aber ein Überflieger sei nicht darunter.