Der luxemburgische Infrastrukturminister, Francois Bausch, fährt mit dem Rad zu seinen innerstädtischen Terminen.
"Vor vier Jahren, als ich ins Ministerium kam, war das ein wenig gewöhnungsbedürftig für die Leute, weil der Minister jeden Morgen mit dem Fahrrad kommt. Aber ich habe eben die Garantie, ich brauche mit dem Fahrrad zum Ministerium zwischen 12 und 15 Minuten, der Verkehr ist mir eigentlich egal, der Verkehr kann mich nicht behindern."
Das Land erstickt im Verkehr
Allen anderen, die auf das Auto oder den Bus angewiesen sind, ist der Verkehr ganz und gar nicht egal, denn wenn nicht gerade Ferien sind drohe das Land tagtäglich am Verkehr zu ersticken, sagt der Direktor des luxemburgischen Automobilclubs, Jean-Claude Juchem.
"Wir können nicht jeden Tag im Fahrzeug stehen, das Fahrzeug ist da, um zu fahren, aber wir stehen. Das heißt, es muss sich was ändern."
Darin sind sich der ACL und der grüne Minister einig, es muss sich etwas ändern. Nur die Prioritäten werden mitunter anders gesetzt. Das Credo von Infrastrukturminister Bausch lautet:
"Wir setzen auf Multimodalität, das heißt ein Zusammenspiel von allen Mobilitätsträgern."
Fahrrad-Schnellwege, Standseilbahn, Tram
Luxemburg baut eine Trambahn quer durch die Stadt, die Universität in Esch, etwa 20 Kilometer von Luxemburg Stadt entfernt, soll mit einer Art Fahrrad-Schnellweg angebunden werden und die luxemburgische Eisenbahn nimmt im Dezember einen "Funiculaire" in Betrieb. Die Standseilbahn befördert in 10 Minuten 1.200 Leute vom Tal auf den Kirchberg. Hier arbeiten tausende Menschen in den Banken und den europäischen Institutionen. Und dann wäre da noch die Elektromobilität, die Regierung möchte sie so schnell wie möglich ausbauen.
"Wir errichten binnen anderthalb Jahren 1.600 Ladepunkte in Luxemburg im öffentlichen Raum für Elektrofahrzeuge, damit die Leute auch die Möglichkeit bekommen, umzusatteln."
Die Luxemburger lieben ihren Diesel
Den Gewohnheiten der Menschen vor Ort entspricht das allerdings überhaupt nicht. Die Luxemburger lieben ihr Auto, sie mögen es groß und geräumig und sie setzen auf Diesel. Auch die 180.000 Pendler, die nach Berechnungen des ACL pro Jahr jeweils etwa 28.000 Kilometer zurücklegen, greifen in aller Regel auf einen Diesel zurück.
"Der Diesel in Luxemburg ist extrem hoch. Wir haben in Luxemburg einen Fuhrpark von 460.000 Wagen, die Politik hat über Jahrzehnte den Diesel promoviert, fiskal unterstützt und so weiter. Und es wird immer gesagt, der Diesel sei auch – was die CO2-Belastung anlangt – die beste Wahl. Unverständlich ist, dass die selben Politiker jetzt was anderes promovieren."
Seit die Grünen in der Regierung sind, wurden die Schwerpunkte allerdings anders gesetzt und eine sogenannte "Entdieselungsstrategie" beschlossen. Diese ist seit Januar in Kraft und betrifft vor allem den hohen Anteil von Firmen- und Leasingfahrzeugen. Diesel werden steuerlich belastet, Hybrid-Fahrzeuge und Elektroautos hingegen entlastet. Und das zeige bereits Wirkung, sagt der zuständige Minister, Francois Bausch.
"Das hat dazu geführt, dass allein in diesem Jahr, in den ersten sechs Monaten, im Leasingbereich zehn Prozent weniger Diesel verkauft wurden als im gleichen Zeitraum des letzten Jahres."
Inzwischen sind auch die ständig wachsenden Park and Ride-Parkplätze immer voll. Yvonne steigt hier ins Auto einer Arbeitskollegin.
"Wir haben zu viele Mitarbeiter und zu wenige Parkplätze."
Neue Konzepte helfen – lösen aber die Probleme nicht
Die Stadt hat den Flächennutzungsplan überarbeitet und die Verknappung der Parkplätze zum Prinzip erhoben. Wer ein Einfamilienhaus baut, muss zum Beispiel keinen Parkplatz mehr vorhalten und auch Firmen, die Büros bauen, müssen für 175 Quadratmeter Fläche nur noch einen Parkplatz einkalkulieren. Das heißt, Parkplätze werden Mangelware.
Anderseits fördert Luxemburg den Öffentlichen Personennahverkehr. Schüler, und ab diesem Herbst auch Studenten, fahren kostenlos und auch die Arbeitnehmer profitieren vom sogenannten Mobilitätspass. All das hilft. Die Verkehrsprobleme des Landes aber lassen sich damit nicht lösen. Deshalb fordert der Automobilclub für jeden Betrieb einen Mobilitätsmanager. Jean-Claude Juchem:
"Das heißt: eine Person, die sich mit der Problematik Mobilität auseinandersetzt, versteht, wo die Mitarbeiter herkommen, wo sie hinfahren, um zu beraten, was gibt es für Alternativen, wie könnt ihr euch organisieren, um mobil zu bleiben. Das heißt, man muss gucken, dass Alternativen und auch flexible Lösungen zum privaten Wagen kommen."