"Wir haben ganz klar hier einen Reputationsverlust erleiden müssen. Und müssen uns neu aufrichten," sagt Pierre Gramegna, der liberale Finanzminister Luxemburgs. Dort löste vor einem Jahr eine neue Regierungskoalition - Liberale, Sozialdemokraten und Grüne - die Christsozialen ab, die über Jahrzehnte das Land regiert hatten. Dass die Neuen nun international am Pranger stehen, hat sie heftig getroffen. Gramegna spricht von einem "Tsunami".
Stolz verweist die Regierung darauf, dass nun immerhin das Bankgeheimnis fällt - nach vielen Jahren zähen Hinhaltens. Zum 1. Januar 2015.
"Ab 2015 gilt das für ihre Zinseinnahmen und dann ab 2017 wird das dann auf die anderen Einkommen ausgeweitet. Dividenden zum Beispiel," berichtet Philipp von Restorff, Sprecher der Luxemburger Bankenvereinigung. Die Konkurrenz ziehe weltweit mit. Sie könne sich dem Sog nicht länger entziehen. Ein heilsamer Schnitt für die Banken?
"Es ist heilsam in dem Sinne, dass wir unsere Arbeit machen können, ohne in diesem schlechten Licht, in dieser Schmuddelecke zu sitzen. Aus der Perspektive ist es bestimmt heilsam."
Doch Jean Jaques Rommes, ehemaliger Banken- und jetziger Unternehmerpräsident Luxemburgs, kann es nicht mehr hören:
"Ach ja, da ist schon... Das Bankgeheimnis stirbt jedes Jahr aufs Neue. Da muss ich auch immer lachen. Jeden Tag lese ich in der Zeitung: Bald ist das Bankgeheimnis weg. Es ist de facto tot seit 2009. Na, also de jure ist es tot seit 2009."
Schon lange kommt kein deutscher Handwerksmeister, kein belgischer Zahnarzt mehr über die Grenze, um Koffer mit Barem vor dem Fiskus zu verstecken. Jetzt geht es um viel größere Summen. Trotzdem empfindet Rommes das Ende des Bankgeheimnisses auch als Niederlage:
"Also, wir haben das nicht gewonnen. Was uns am meisten wehtut, ist der Reputationsschaden, den die ganze Diskussion mit sich gebracht hat. Also in Deutschland findet sich jeder, jeder - auch der letzte Idiot - berufen zu wissen, dass Luxemburg ein Steuerparadies ist."
Mit "Das machen doch alle" kommt die Regierung nicht länger davon
Was die Luxemburger Lage in Sachen Luxleaks noch ungemütlicher macht. Doch wie geht es weiter?
"Laissez tranquilles les autres commissaires. Si vous voulez que je part, dites-le..."
Jean-Claude Juncker, als langjähriger Finanzminister und Premier Luxemburgs ein großer Verfechter des sogenannten "Steuerwettbewerbs" der Staaten, ist heute Chef der EU-Kommission. Und muss nun sozusagen in eigener Sache ermitteln.
Als vergangene Woche der Ultrarechte Flügel des EU-Parlaments Juncker stürzen wollte, konnte er dies mit Leichtigkeit abwehren. Doch auch seine Unterstützer verlangen ein Ende des Steuerdumpings.
Das kleine Großherzogtum ist ein gewaltiger Finanzplatz, seine Fondsindustrie - nach den USA - die zweitgrößte weltweit. Zehntausende Jobs hängen am Finanzplatz Luxemburg. Auch die neue Regierung Luxemburgs ahnt: Allein mit dem Argument "Das machen doch alle" kommt sie nicht länger davon. Doch wie viel von dem großen Geschäft ist politisch anrüchig? Was bleibt, wenn all die Banker, Makler, Versicherer, Buchhalter und Anwälte hier nur noch "sauber" arbeiten dürfen? Ines Kurschat, Journalistin der Zeitung "Lëtzebuerger Land", ist skeptisch:
"Wenn man weiß, wie die Haltung war von Luxemburg zum automatischen Datenaustausch in Sachen Bankgeheimnis war, dann weiß man, dass Luxemburg immer im letzten Moment sich dann so ernsthaft wie unbedingt nötig sozusagen mit den Dingen beschäftigt hat. Und die Frage ist tatsächlich: Gelingt Luxemburg jetzt wirklich so etwas wie eine innere Einkehr, die dazu führt, auch einige Prämissen des Systems infrage zu stellen?"
Sie kann nicht erkennen, dass die neue Regierung wirklich neue Wege sucht.
"Ich lese aus dem Regierungsprogramm nicht heraus, dass es darum geht, ein neues Wirtschaftsmodell für Luxemburg zu kreieren."
Das Problem: Der Finanzplatz generiert so enorm viel Geld, dass es schwer ist, neue, ähnlich attraktive Quellen zu finden.
"Das ist natürlich ein großer Druck. Und da gibt es auch gar nicht so viele Möglichkeiten, glaube ich, am Ende."