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LuxLeaks-Skandal
EU will Steuerschlupflöcher schließen

Nach jüngsten Schätzungen entgehen öffentlichen Kassen in der EU im Jahr 50 bis 70 Milliarden Euro durch Steuervermeidung. Die EU-Kommission will deshalb weitere Steuerschlupflöcher für multinationale Konzerne schließen. Der verantwortliche EU-Kommissar Pierre Moscovici stellte ein neues Gesetzespaket vor.

    EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici.
    EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici. (picture alliance / dpa / Laurent Dubrule)
    "Nach Schätzungen des Europäischen Parlaments verlieren wir durch Steuervermeidung pro Jahr 50 bis 70 Milliarden Euro. Das ist das Fünffache dessen, was wir in 2015 und 2016 für die Bewältigung der Flüchtlingskrise ausgeben", klagte Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici in Brüssel. Zudem gehe dadurch Geld verloren, das für öffentliche Dienste wie Schulen und Krankenhäuser genutzt werden könnte. Mit dem nun vorgestellten Gesetzespaket will die EU-Kommission "die am häufigsten genutzten Methoden, die Unternehmen zur Vermeidung des Steuernzahlens nutzen", blockieren.
    Dazu zählt nach früheren Analysen der Behörde zum Beispiel die Praxis, Profite von einem Mutterkonzern in einem Land mit hohen Steuern zu einer Tochtergesellschaft in einem Niedrigsteuerland zu verlagern, wo dieselben Gewinne dann niedriger besteuert werden.
    Der Unternehmens-Wettbewerb soll fairer werden
    Zugleich legte die Kommission einen Gesetzesplan vor, wonach die Behörden der EU-Staaten steuerrelevante Informationen zu multinationalen Konzernen austauschen. Mit ihren Maßnahmen werde nicht nur der Allgemeinheit gedient, sondern auch der Wettbewerb der Unternehmen untereinander fairer, hofft die EU-Kommission.
    Zuvor hatte Moscovici Vertretern von EU-Medien gesagt, es müsse dringend gehandelt werden. "Gewisse Unternehmen nutzen Schlupflöcher in 28 nationalen Systemen in der EU, um eine Besteuerung zu vermeiden." Der französische Sozialist fügte hinzu, dass kleinere Unternehmen, die nicht in mehreren Ländern tätig seien, im Schnitt eine um 30 Prozent höhere Steuerlast trügen als multinationale Konzerne.
    Opposition kritisiert Pläne
    Der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Peter Simon ist zwar prinzipiell zufrieden mit den Vorschlägen der Kommission: "Allerdings ist es unsere Aufgabe, hier auch noch mehr zu fordern, ehrgeiziger zu sein und die Kommission zu unterstützen, wenn sie hier weitergehen will. Die Mitgliedsstaaten müssen hier manchmal getrieben werden. Das betrachten wir als Parlament als unsere Aufgabe."
    Bei den Linken im Europaparlament stoßen die Kommissionsvorschläge auf wenig Gegenliebe, wie ARD-Korrespondent Thomas Otto berichtet: Das Prinzip, internationale Konzerne als eine Konzerneinheit zu besteuern werde aufgegeben. Die Steueroasen in der EU blühten weiter. Auch Sven Giegold von den Grünen meldet Verbesserungsbedarf an: "Es werden sehr viele Einzelmethoden begrenzt, die derzeit angewendet werden von Großunternehmen, um Steuern zu sparen. Aber natürlich führt das nur dazu, dass sich die Unternehmen neue Methoden ausdenken werden. Welche das genau sind, ist auch nicht leicht vorherzusagen. Deshalb wäre es so wichtig, dass wir in ganz Europa vereinbaren: Es muss eine effektive Mindeststeuerbelastung geben."
    Die LuxLeaks-Affäre brachte die Steuertricks ans Licht
    Die Steuerpolitik in der EU ist ein Minenfeld, denn die EU-Staaten müssen Pläne der Kommission einstimmig billigen. Moscovici strebt nach eigenen Worten an, bis Ende Juni zumindest eine Einigung über Grundlinien zu erzielen. "Das ist machbar", sagte er.
    Hintergrund der Initiative sind jahrelang bekannte Steuertricks sowie die sogenannte LuxLeaks-Affäre. Dabei hatte ein Recherchenetzwerk 2014 über hunderte Fälle berichtet, in denen multinationale Konzerne in Luxemburg auf Kosten anderer EU-Länder Steuerzahlungen vermeiden.
    (pg/stfr)