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Luxus, Kunst und Krieg im Namen des Vatikans

Papst Julius II. garnierte seine Fastengerichte gerne mit Garnelen, Thunfisch und Kaviar, führte Kriege im Namen des Vatikans. Er ist auch als Mäzen der Künste bekannt, was er allerdings mit dem Ablasshandel finanzierte - und somit Martin Luther später zu seinen Thesen veranlasste.

Von Peter Hertel |
    21. Februar 1513. Am Tage seines Todes erscheint Papst Julius II. am Himmelstor. So stellte es sich jedenfalls sein Zeitgenosse Erasmus von Rotterdam vor.

    "Was, zum Teufel, soll das? Warum geht die Tür nicht auf? Ich schlag die Tür ein. Macht die Tür auf! Los, sofort!"

    "Julius exclusus e coelis": Papst Julius vom Himmel ausgesperrt. Zum Schluss der frechen Satire des Erasmus droht der Papst dem Himmelspförtner Petrus:

    "In drei Wochen komme ich mit 60.000 Soldaten zurück. Falls ihr euch mir dann nicht ausliefert, werde ich euch mit Gewalt vertreiben."

    1503, im Alter von 60 Jahren, war der athletische Kardinal Giuliano della Rovere, Vater von drei Töchtern, nicht ohne Bestechung auf den Papstthron gelangt. Durch viele Kriege verschaffte er dem Kirchenstaat der Päpste, der seit dem 8. Jahrhundert entstanden war und vor allem weite Teile Mittelitaliens umfasste, seine größte Ausdehnung. Schon zwei Jahre nach Amtsantritt hatte Julius II. eine Söldnertruppe, die Schweizer Garde, gegründet, die heute in ihren bunten Renaissancegewändern den Päpsten immer noch zu Diensten ist - allerdings friedlich. Er selber zeigte sich gern hoch zu Ross, den weißen Bart elegant in den goldenen Helm gesteckt. Kein Wunder, dass er in einem italienischen Fernsehfilm seine Feldherrenrüstung trägt, als er zu Michelangelo sagt:

    "Dir kann man nicht beibringen, die Knie zu beugen, nicht wahr. Die neue St.-Peter-Basilika wächst schnell. Und ich habe da ein Projekt für die Kapelle, die von meinem Onkel, dem Papst Sixtus, erbaut wurde."

    1506 legte Julius II. den Grundstein für den Neubau des Petersdoms, den er Donato Bramante übertrug, dem Begründer der italienischen Baukunst der Hochrenaissance. Michelangelo erhielt den Auftrag, die Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle zu schaffen. Raffael malte die Gemächer des Vatikans aus und porträtierte den Herrscher. Julius pflegte auch die Musik. Noch am Tag vor seinem Tod etablierte er die nach ihm benannte Cappella Giulia, die auch heute der Chor der Peterskirche ist.

    Der Papsthistoriker Hans Kühner-Wolfskehl urteilt in seinem Werk "Das Imperium der Päpste":

    "Die normalen Maßstäbe für diesen Herrscher versagen. Er hat alle Herrscher seiner Zeit überragt. Er war ein Papst, der als Politiker und Mäzen eine Synthese von Staat, Kultur und Geist zu verwirklichen sich mühte, wie sie in dieser monumentalen Weise nicht wieder konzipiert worden ist."

    Für die Kirche indes war Papst Julius II. eine Katastrophe. Er trieb gegnerische Staaten dazu, sich von Rom zu lösen. Insofern trägt er einen Teil der Verantwortung für die Kirchenspaltung des 16. und 17. Jahrhunderts. Darüber hinaus führte er 1507 den St.-Peter-Ablass ein, um seine riesigen Kunstprojekte zu finanzieren. Den Gläubigen wurden mittels Geldzahlung die Strafen für ihre Sünden erlassen, die sie sonst – wurde ihnen jedenfalls gesagt - nach ihrem Tode im Fegefeuer zu verbüßen hätten. Sie könnten sogar Verstorbene aus dem Fegefeuer loskaufen.

    "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt."

    Bereits 1510 hatte der Augustinermönch Martin Luther in Rom, in der Mitte der Christenheit, die machtbesessene, verweltlichte Herrschaft des Papstes Julius gesehen, die den ursprünglich religiösen Auftrag verriet. Den kriegerischen Julius II. nannte er später den "Blutsäufer Julium". Als nach dessen Tod der St.-Peter-Ablass nördlich der Alpen sogar noch verstärkt gehandelt wurde, verfasste Luther seine 95 Wittenberger Thesen von 1517. Dieses Jahr gilt als Beginn der Reformation. In Rom jedoch wurde das religiöse Anliegen Luthers nicht ernst genommen und als "Mönchsgezänk" abgetan.