Der Soundcheck klingt kaputt, nach Super-GAU im Cyber-Space, nach Expedition im Klanguniversum.
"Da gibt es Momente des Suchens und Momente des Findens. Und ich hoffe, beides wird man hören."
Suchen und Finden, Sound und Fragment, Text und Fusion - es ist ein Spiel mit dem akustischen Augenblick, aber auch das Sich-Verlieren in der Musik. Die Augsburger Lyrikerin Lydia Daher bringt mit dem Abend "Picture.This.Sound" ein ungewöhnliches Experiment auf die Bühne: ein Kreisen um Authentizität, ein Hinterfragen von Reproduzierbarkeit. Mittels Vinyl-Fräse, mit der eine Schallplatte entsteht mit dem Zweck:
"Über den Vinyl-Schnitt diese authentischen Momente festzuhalten und die wieder in den Prozess einzuspeisen."
Vinyl-Schnitt-Maschine
In mitten herkömmlicher Konzertinstrumente steht diese zum Musikinstrument umfunktionierte Vinyl-Schnitt-Maschine - sieht aus wie eine Mischung aus Plattenspieler und Overhead-Projektor, funktioniert aber an diesen Abend als eine Art Loopstation, erklärt Moritz Illner, der Musiker an der Vinyl-Fräse.
"Das ist jetzt so ein Rohling. Dann hört man einerseits die Trompete hier aus dem Raum, aber man hört sie auch hier rauskommen, aus dem Schneidekopf, als zartes Wispern. Und diese Schwingungen, die werden dann auf die Platte geritzt. Jetzt fange ich mal an, dann sieht man auch jetzt gleich, dass ein Span entsteht, ein ganz feiner Faden. Das ist dann die Rille, die sozusagen von dem Material weggefräst wird. Jetzt kann man dann den gerade aufgenommenen Sound abspielen. Da ist jetzt schon ein Loop entstanden."
"Normalerweise hat eine Schallplatte eine Spirale, die von Innen nach Außen geht. Deshalb kann die Nadel von Außen nach Innen kontinuierlich den Sound abspielen. Sobald man aus der Spirale einen Kreis macht, ist der Anfang das Ende, es entsteht ein Loop, der dauert ungefähr zwei Sekunden, eine Umdrehung."
Text- und Sound-Performance
In der 45-minütigen Text- und Sound-Performance werden Klang und Wort dann in Echtzeit als kurze Samples auf Vinyl gebannt und vom Plattenspieler als Loop direkt wieder in das Live-Geschehen eingespielt, hinein in die Noise-Eskapaden von Markus Christ an E-Gitarre und Free-Jazz-Trompete - geerdet durch die Harmonien von Florian Meya an Gitarre, Bass und Posaune.
"Ich bin der, der über diese Wall of Sound so liebliche Zuckergüsse drüber schüttet. Ich gebe glaube ich dem Hörer etwas, wo sie sich dran festhalten können. So eine kleine Melodie, einen Funken."
"Und auch nun, gegenüber dem Ganzen - dies" ist der Titel des 2014 erschienen Buchs von Lydia Daher. Ein Band aus Cut-up-Collagen. In ihm blättert sie an diesem Abend und rezitiert ihre Lyrik. Es sind Texte, die sie selbst zusammen geschnipselt hat - aus Literaturkritiken.
"Auf dem Weg, der nach Innen führt, kommt die Welt ins Rutschen."
"Sprache ist ja nichts anderes: Wir kombinieren ja ständig Worte neu und schaffen dadurch Kommunikation."
Wirkung auf das Publikum
Die Sound-Performance von Lydia Daher und der Klanggruppe SCHNITT ist eine Art Geisterbeschwörung. Die Vinyl-Schnitt-Maschine wird dabei zum archaischen Sinnbild für die totgeglaubte Musikindustrie und feiert eine Wiederauferstehung als Instrument. Doch noch viel interessanter ist, was mit dieser Text-Klang-Kunst im Publikum ankommt:
"Wenn ich im Publikum irgendwo bin, dann mag ich das Moment, in dem gerade keiner weiß wie es weitergeht. Das Schöne ist: Es geht ja immer weiter. Aber es geht um die Momente, die dann funkeln - und auf die hoffe ich."