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Maas in Lateinamerika
Auf der Suche nach multilateralen Partnern

Bundesaußenminister Heiko Maas reist nach Lateinamerika, um für den Multilateralismus zu werben. Es sei wichtig, sich mit Staaten zu vernetzen, die die Werte der Demokratie teilten, sagt sein Ministerium. In Brasilien steht ein Treffen mit dem umstrittenen Präsidenten Jair Bolsonaro an.

Von Klaus Remme |
Außenminister Heiko Maas steigt beim Besuch des Militärlagers "Camp Castor" in Mali aus dem Flugzeug.
Außenminister Heiko Maas (SPD): In Brasilien wird er bilaterale Gespräche mit Außenminister Araujo und Präsident Bolsonaro führen (dpa)
Für das Kernstück der eigenen Außenpolitik ist die von Außenminister Heiko Maas oft zitierte "Allianz der Multilateralisten" ein wahrhaft sperriges Etikett. Der Bundesregierung geht es dabei ja um einen eher losen Verbund von Ländern, die ein Gegengewicht zur wachsenden Zahl von Staaten bilden sollen, denen nationale Alleingänger wichtiger sind als grenzüberschreitende Regeln und Normen.
Auf der Suche nach neuen Partnern nimmt Berlin jetzt Lateinamerika unter die Lupe. Allenfalls der späte Zeitpunkt überrascht, denn, so ein Sprecher des Auswärtigen Amts, diese Region gehört zu den am stärksten demokratisierten weltweit:
"Gerade in einer Zeit, in der Menschenrechte, Demokratie, Freiheitsrechte unter Druck geraten, ist es wichtig, dass diejenigen, die diese Werte teilen, sich dafür international gemeinsam einsetzen und vernetzen, das ist der Grundgedanke dieser Reise."
Erste Station: Brasilien
Gerade die erste Station heute kommt einem angesichts der aktuellen Lage dort nicht automatisch und sofort in den Sinn:
"In Brasilien wird Außenminister Maas den Startschuss für ein neues Netzwerk zur Stärkung von Frauenrechten geben und bilaterale Gespräche mit Außenminister Araujo und Präsident Bolsonaro führen."
Bolsonaro, dieser Name steht sicher nicht auf einer Kandidatenliste für multilateral geprägte Partner. Auch deshalb geht es in Brasilien um enge Kontakte zur Zivilgesellschaft. Erst 2015 wurden offiziell Regierungskonsultationen zwischen Berlin und Brasilia aufgenommen. Nachdem Bolsonaro jetzt seit einigen Monaten als Präsident im Amt ist, gibt es keine Klarheit über die Fortführung dieser gemeinsamen Beratungen. Die alarmierenden aktuellen Zahlen zu Abholzung und Brandrodung im Amazonas-Gebiet und die anhaltenden Probleme rund um den Verhandlungsabschluss für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mercosur sind nur zwei mögliche Aspekte für die bilateralen Gespräche.
"In Kolumbien steht das gemeinsame Engagement für Frieden und Stabilität im Vordergrund. Außenminister Maas wird mit Vertretern der venezolanischen Opposition zusammentreffen und ein Camp zur Reintegration ehemaliger FARC Kämpfer besuchen."
Treffen mit Oppositionellen aus Venezuela
Kolumbien, die zweite Station dieser Reise. Vor allem Amtsvorgänger Frank Walter Steinmeier hatte sich über Jahre intensiv für ein Ende des Bürgerkriegs engagiert. Seit dem Friedensabkommen haben inzwischen 7.000 ehemalige FARC Mitglieder ihre Waffen abgegeben. Doch der Versöhnungsprozess ist fragil. Erst vor wenigen Tagen gab es gewaltsame Proteste in Bogota und anderen Städten des Landes gegen Präsident Duque, dem vorgeworfen wird, den Prozess zu behindern. Das Treffen von Maas mit Oppositionellen aus Venezuela zeigt, wie sehr die Krise im Nachbarland auch Kolumbien betrifft, das Land hat inzwischen mehr als eine Million Venezolaner aufgenommen.
"In Mexiko wird Außenminister Maas in bilateralen Gesprächen mit seinem Amtskollegen Ebrard beraten, wie die bereits exzellente Zusammenarbeit in Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Politik, Entwicklung und Umwelt noch weiter vertieft werden kann."
Das klingt nach einer vergleichsweise unkomplizierten Agenda zum Abschluss der Reise in Mexiko. Sicher wird es auch um handelspolitische Themen gehen. Auch wenn deutsche Firmen, darunter besonders prominent, Volkswagen, seit Jahrzehnten in Mexiko produzieren, Kriminalität, Drogen und Gewalt schaden dem Image Mexikos als Investitionsstandort. Deutschland und Mexiko verbindet die Tatsache, häufig Ziel massiver Kritik von Donald Trump zu sein.
Insofern trifft Heiko Maas in Mexiko-Stadt schon dadurch auf natürliche Verbündete in Sachen Multilateralismus. Am 28. Mai will die Bundesregierung mit einer Außenministerkonferenz ihre Lateinamerika-Offensive vertiefen.