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Machtdemonstration in Belgrad

Kritiker werfen Serbiens Vize-Premierminister Aleksandar Vucic vor, seiner Partei mit der Regierungsumbildung mehr Macht verschaffen zu wollen. An Vucic selbst prallt diese Kritik vollkommen ab.

Von Stephan Ozsváth | 30.08.2013
    Zirkus für die Massen, kosmetische Veränderung – Etiketten, die die Opposition für die umfassende Regierungsbildung in Serbien findet. Die Regierung selbst spricht von "Modernisierung". Bis zum Wochenende soll das neue Kabinett stehen: Acht Minister sollen ausgetauscht werden, ein neuer kommen - die Hälfte der Regierungsmannschaft. Oppositionspolitiker Cedomir Jovanovic wirft dem "starken Mann" Serbiens, Vize-Premier Vucic vor:

    "Das Schlüsselmotiv für die Regierungsumbildung ist das Bedürfnis von Vucic und seiner Partei, mehr Macht zu bekommen, als sie damals erhalten haben. Als sie eine Regierungskoalition mit Dacic eingegangen sind, um Tadic aus dem Weg zu räumen."

    Seit einem Jahr regiert Vucics Serbische Fortschrittspartei zusammen mit den Sozialisten um Premier Dacic und einigen kleineren Partnern. Eine kleinere Gruppierung ist jetzt aus der Koalition geflogen. Vucics Nationalisten und damit er selbst haben ihren Einfluss weiter stärken können. Dennoch sagt der Vize-Premier.

    "Jeden Tag hört man diese gleiche Geschichte: Alle sind gut, aber dieser Vucic ist schlecht, er reißt so viel Macht an sich. Welche Macht? Bei dieser Umbildung haben wir lediglich ein Ministerium mehr als bisher. Und obwohl die politische Unterstützung für die Fortschrittspartei unverhältnismäßig (höher) ist, im Vergleich zu anderen, habe ich auf mein Verteidigungs-Ressort verzichtet. Und wieder ist Vucic schuld. Wo ist das Problem? Ist das Problem, dass das Volk meine Partei mehr mag als andere?"

    Bei Neuwahlen könnte Vucics Partei mit einer Zweidrittelmehrheit rechnen. Und diesen Trumpf spielt der Vize gegenüber dem Premier immer wieder aus. Den Sozialisten, Juniorpartner in der Koalition, bleiben mit Innenministerium und Premier und EU-Integration lediglich zwei Ressorts von Gewicht. Der Belgrader Politologe Slavisa Orlovic analysiert die politische Lage so.

    "Die Regierung besteht aus Widersprüchen. Sie behauptet, dass sie die erfolgreichste in der Geschichte ist, tauscht dann aber neun Minister aus. Warum macht sie das, wenn sie erfolgreich sind? Es gibt keinen Plan. Hinzu kommt: Für die einen ist Vucic Premier und für die anderen Dacic. Auch nach der Umbildung werden wir also nicht wissen, wer der wahre Premier ist."

    Wie eine Expertenregierung soll das neue Kabinett offenbar aussehen. Wichtige Ressorts - so die Pläne - werden jetzt von parteilosen Experten besetzt. Finanzminister wird der McKinsey-Berater Krstic. Landwirtschaftsminister ein Professor aus Novi Sad. Wirtschaftsminister soll der bisherige Konkursverwalter Serbiens werden. Sie alle hängen von Vucics Gnade ab, erklärt der der Analytiker Dragomir Andjelkovic die Personalrochade.

    "Hier ist nicht nur die personelle Umbildung wichtig. Es gibt noch etwas, was wichtiger ist als alles andere: Es wurde das Prinzip der Umbildung eingeführt. Wir haben jetzt ein "Schwert der Veränderung", das über allen Ministern und Politikern schwebt. Bis jetzt war Praxis, dass wenn Sie einmal in der Regierung waren, Sie Ruhe hatten, bis zur Abwahl. Nein. Jetzt – wo in einem Augenblick die Hälfte der Regierung ausgetauscht werden kann – dass es auch ihn treffen kann. Und das ist sehr bedeutend."

    Und die Fäden in der Hand hält Aleksandar Vucic – der starke Mann in Belgrad.