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Machtkampf am Tigris

Die Gefängnisse im Südosten der Türkei sind voll mit kurdischen Kommunalpolitikern. Verdächtigt werden sie zumeist der Zusammenarbeit mit der terroristischen PKK. Wie aber passt dieses Durchgreifen gegen die Kurdenpartei zusammen mit der Reformpolitik in der Kurdenfrage, mit der Liberalisierung der Kurdenpolitik, die Ankara vor drei Jahren eingeleitet hatte?

Von Susanne Güsten |
    Cizre, eine Stadt am Tigris im Südosten der Türkei. So ging es in dieser Woche hier zu: Zehntausende Demonstranten marschieren durch die Stadt, Molotowcocktails fliegen, die Polizei feuert in die Luft und über die Menge. Ähnliche Auseinandersetzungen spielten sich in dieser Woche überall im türkischen Kurdengebiet ab, anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes Newroz am 21. März. Bei Straßenschlachten entlud sich die aufgestaute Wut Hunderttausender Kurden in gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei, wie sie hier in dieser Form schon seit einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen wurden: Zwei Tote und Dutzende Verletzte sind zu beklagen.

    Woher kommt diese Wut? Hat sich in den letzten Jahren nicht viel verbessert für die Kurden in der Türkei? Im türkischen Parlament ist eine legale Kurdenpartei vertreten; viele kurdische Städte werden von der Kurdenpartei BDP regiert, darunter auch Cizre. Wogegen also protestieren die Menschen hier?

    Der Sitzungssaal im Rathaus von Cizre: Blanker Zementfußboden, die blassblaue Farbe blättert von den Wänden. Die Sitzreihen mit den kunstlederbezogenen Abgeordnetensesseln sind leer. Lediglich in einer Ecke des Raums sitzen ein paar Männer zusammen. Ihre Stimmen hallen im kahlen Raum. Der Stadtrat tagt oder zumindest das, was noch davon übrig geblieben ist. 25 Mitglieder hat der Stadtrat von Cizre in normalen Zeiten, doch 11 von ihnen sitzen derzeit in Haft, 2 weitere sind auf der Flucht und werden per Haftbefehl gesucht. Bleiben also nur noch 12, und die haben entsprechend viel zu tun:

    "Heute hatten wir Stadtplanung auf der Tagesordnung, also Besprechungen über Bebauungspläne, Baugenehmigungen, Straßenerweiterungen und so. Wir haben vier oder fünf Aktenordner voller Anträge abgearbeitet. Wir lassen uns nicht unterkriegen, wir machen unsere Arbeit weiter."

    Mustafa Gören ist Bürgermeister von Cizre, der Dritte schon seit den letzten Kommunalwahlen vor drei Jahren. Seine Partei, die Kurdenpartei BDP, fuhr damals fast 75 Prozent der Wählerstimmen ein in dieser Stadt am Tigris mit ihren 100.000 Einwohnern. Doch der gewählte Bürgermeister Aydin Budak wurde wenige Monate später verhaftet und eingesperrt; sein Nachfolger Mehmet Saci ist abgetaucht, als vor fünf Monaten auch gegen ihn Haftbefehl erlassen wurde. Hinter Gittern sitzen außer dem halben Stadtrat auch der Chef der Müllabfuhr, der Arzt des städtischen Gesundheitsamtes und der Vizechef der Feuerwehr. Es werden nicht die letzten Verhaftungen gewesen sein, befürchtet Bürgermeister Gören, während die Teegläser von der Stadtratssitzung abgeräumt werden:

    "Wir lassen uns aber nicht einschüchtern. Wenn einer ins Gefängnis kommt, macht der Nächste für ihn weiter. Wir machen hier schließlich nichts Illegales, wir sind gewählte Volksvertreter."

    In fast 100 Rathäusern im kurdischen Südosten der Türkei regiert die Kurdenpartei seit den Kommunalwahlen vom März 2009. Im türkischen Parlament in Ankara ist sie sogar mit einer eigenen Fraktion vertreten. Doch vom türkischen Staat und von der Justiz wird sie argwöhnisch betrachtet und der Zusammenarbeit mit der terroristischen PKK verdächtigt. In mehreren Verhaftungswellen hat die Justiz seit jener Wahl Hunderte kurdische Lokalpolitiker im Südosten des Landes festnehmen lassen. Bereits wenige Tage nach der Wahl, berichtet Serife Alp, die amtierende Bürgermeisterin der Stadt Kiziltepe, setzte die Verhaftungswelle ein:

    "Im März 2009 war die Kommunalwahl. Im April gab es schon die erste Großrazzia gegen unsere Rathäuser. Unser Vize-Bürgermeister Selanik Öner ist damals verhaftet worden, er war gerade drei Tage im Amt gewesen. Ein paar Monate später hat es dann am 24. Dezember die nächste Razzia gegeben. Da ist unser Bürgermeister Ferhan Türk verhaftet worden. Die Polizei hat morgens um fünf, vor Sonnenaufgang, seine Tür aufgebrochen und ihn festgenommen. Seither sitzt er im Gefängnis. Nun kümmere ich mich um die Amtsgeschäfte."

    Fast 80 Prozent der Wählerstimmen hatte die BDP bei der Kommunalwahl in Kiziltepe erhalten, einer Stadt mit 140.000 Einwohnern in der Provinz Mardin; 29 der 31 Sitze im Stadtrat gingen somit an BDP-Abgeordnete. Doch von ihren 29 Stadtratsmitglieder wurden seither 24 verhaftet, vier weitere sind auf der Flucht und werden per Haftbefehl gesucht. Nur ein einziger ist noch übrig. Gegen ihn sind Dutzende Ermittlungsverfahren anhängig. Vize-Bürgermeisterin Leyla Salman ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, aber wohl nicht für lange, vermutet Serife Alp:

    "Meine Stellvertreter wechseln andauernd: Einer wird verhaftet, der Nächste kommt. Der wird auch verhaftet, ein weiterer kommt. Der Stadtrat ist leer gefegt. Alle sind verhaftet. Nun haben wir Nachrücker einbestellt von den hinteren Listenplätzen. Derzeit besteht unser Stadtrat komplett aus Nachrückern. Aber inzwischen sind schon wieder die ersten Nachrücker verhaftet worden. Fünf sitzen bereits im Gefängnis. Es ist Ausnahmezustand."

    Auch sie selbst, die amtierende Bürgermeisterin, ist erst seit drei Wochen wieder auf freiem Fuß. Und das auch nur gegen Kaution. Fünf Tage saß sie im Gefängnis von Mardin:

    "Wir waren 68 Frauen in einer Zelle, die eigentlich für 35 Häftlinge vorgesehen ist. Es waren alles politische Häftlinge. Wir haben zu zweit auf einer Pritsche geschlafen oder auf Decken auf dem Boden. In den Korridoren lagen Häftlinge, selbst in der Gefängnisküche schliefen welche. Das Gefängnis war völlig überfüllt."

    Die Gefängnisse im ganzen Südosten der Türkei sind voll mit kurdischen Kommunalpolitikern. Allein 24 Bürgermeister sitzen dort derzeit hinter Gittern. Zählt man die Vizebürgermeister, Stadträte und andere Funktionäre hinzu, sind es insgesamt 630 Lokalpolitiker, die inhaftiert sind. Die Staatsanwaltschaften werfen ihnen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Im Auftrag der PKK sollen sie versucht haben, im kurdischen Südosten der Türkei eine parallele Verwaltungsstruktur aufzubauen, die sogenannte Konföderation Kurdischer Kommunen, kurz KCK genannt. Nach den kurdischen Initialen, so lautet die Begründung der Justiz für den Vorwurf, den sich auch die Regierung in Ankara zu eigen macht. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verteidigt die Verhaftungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit:

    "Wer diesen Kampf gegen den Aufbau einer parallelen Struktur, diesen Kampf gegen den Terror kritisiert, der sitzt einer Täuschung auf. Als Ministerpräsident unterstütze ich diese Razzien und werde das auch weiter tun. Diese Leute stehen im Dienste der PKK und versuchen in ihrem Auftrag, unsere nationale Einheit zu untergraben. Unser Rechtsstaat kann solche illegalen Strukturen nicht dulden. Und deshalb tut unsere Justiz das Notwendige."

    In einem Massenprozess in der Regionalhauptstadt Diyarbakir stehen inzwischen 152 kurdische Kommunalpolitiker vor Gericht, darunter die Bürgermeister von Cizre und von Kiziltepe. Die Anklageschrift, mehr als 7.500 Seiten stark, legt ihnen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Angriff auf die territoriale Integrität der Türkei zur Last. Die Staatsanwaltschaft fordert langjährige Haftstrafen bis hin zu lebenslänglich. Doch die Beweislage ist mehr als dürftig, meint der Rechtsanwalt Serdar Celebi vom Vorstand des türkischen Menschenrechtsvereins in Diyarbakir:

    "Man muss sich einmal anschauen, wie diese Vorwürfe der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung begründet werden. Wenn jemand eine kritische Pressekonferenz gegeben oder an einer Protestkundgebung teilgenommen hat, wenn er kritische Reden gehalten oder im Organisationskomitee von einem Kurdenfestival gesessen hat, dann reicht das schon, dass er der Mitgliedschaft oder gar der Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung beschuldigt wird."

    Bei vielen kurdischen Kommunalpolitikern reiche es jedenfalls oft schon aus, wenn sie eine Einladung auf Kurdisch verschicken oder kurdische Plakate aufhängen lassen, um sie vor Gericht zu bringen, sagt der Anwalt und Menschenrechtler.

    Ayse Gökkan kann das bestätigen. Die 48-Jährige ist Bürgermeisterin von Nusaybin, einer Stadt an der syrischen Grenze mit knapp 90.000 Einwohnern. Die meisten davon sind Kurden. Im Rathaus von Nusaybin sind alle Ämter zweisprachig ausgeschildert, auf Türkisch und auf Kurdisch. An den Serviceschaltern wird Kurdisch gesprochen. Das geht natürlich nur inoffiziell, wie die Bürgermeisterin erklärt:

    "Viele Menschen hier können nur Kurdisch. Auf Türkisch können sie sich nicht richtig ausdrücken oder erklären. Im ganzen Rathaus wird deshalb Kurdisch gesprochen. Aber wenn man das offiziell machen würde, dann gäbe es Probleme - juristische Probleme."

    Denn das türkische Parteiengesetz schreibt vor, dass die öffentliche politische Kommunikation im Land einzig und allein auf Türkisch erlaubt ist. Der Gebrauch jeder anderen Sprache, sei es bei Kundgebungsreden oder auf Plakaten und Broschüren, stellt eine Straftat dar. Wie viele andere kurdische Kommunen hat deshalb auch die Stadtverwaltung von Nusaybin jede Menge juristische Scherereien, sagt Bürgermeisterin Gökkan:

    "Unsere Stadtratsmitglieder müssen fast täglich vor Gericht erscheinen, um in irgendeinem Ermittlungsverfahren auszusagen. Mindestens zweimal die Woche werden wir vorgeladen, oft bis zu fünfmal in der Woche. Allein gegen mich persönlich laufen mehr als einhundert Verfahren. Und wenn ich nicht zur Aussage erscheine, gibt es einen Haftbefehl. Neulich war ich bei einer Veranstaltung als Rednerin. Ich war gerade mittendrin, als mein Anwalt anrief und sagte, dass ich sofort zum Gericht kommen müsse, um eine Aussage zu machen. Ich renne immer zwischen dem Rathaus und dem Gericht hin und her, denn ich will keinen Haftbefehl riskieren. Wenn ich festgenommen werden würde, gäbe es in dieser Stadt einen Aufstand. Davor fürchte ich mich, denn ich trage die Verantwortung für diese Stadt. Deshalb trete ich immer an zur Aussage, damit so etwas nicht passiert."

    Mit über 82 Prozent der Wählerstimmen hat die BDP in Nusaybin bei den Kommunalwahlen alle Sitze im Stadtrat gewonnen, keine andere Partei hat auch nur einen einzigen Abgeordneten hineingebracht. Umso mehr Opposition bekommt der Stadtrat von der Justiz, berichtet die Bürgermeisterin. Gegen den gesamten Stadtrat laufen Ermittlungen, weil er kurdische Straßennamen eingeführt und mehrsprachige Wegweiser in der Stadt aufgestellt hat – außer Kurdisch und Türkisch auch Arabisch, Aramäisch und Armenisch. Das Innenministerium versucht nun per Verwaltungsverfahren, den Stadtrat auflösen zu lassen, berichtet die Bürgermeisterin Ayse Gökkan. Wenn es um überzogene Strafverfahren geht, können sich die Kommunalpolitiker der Region gegenseitig überbieten, sagt auch Serife Alp in Kiziltepe:

    "Wir gehen hier in Kiziltepe jedes Jahr an das Grab von Mehmet Sincar, einem früheren Parlamentsabgeordneten, der 1993 von Unbekannten ermordet wurde. Wir legen Blumen nieder, halten Ansprachen - eine Gedenkveranstaltung eben. Und jedes Jahr eröffnet die Staatsanwaltschaft deswegen Ermittlungen gegen die Teilnehmer, auch gegen seine Witwe, Cihan Sincar, eine frühere Bürgermeisterin dieser Stadt. Ich stand selbst mit ihr vor Gericht, als der Richter sie fragte: Warum sind Sie an das Grab von Mehmet Sincar gegangen? Warum haben Sie an der Veranstaltung teilgenommen? Sie antwortete: weil das mein Mann ist, der Vater meiner Kinder! Aber das hilft ihr nichts. Sie machen ihr jedes Jahr wieder den Prozess."

    So absurd sich diese Geschichte anhört – der Anwalt der Witwe bestätigte sie auf Nachfrage. Die Strafen sind drakonisch. Aydin Budak, der inhaftierte Bürgermeister von Cizre, wurde kürzlich zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil er bei einer nicht genehmigten Demonstration gegen die Haftbedingungen von PKK-Chef Abdullah Öcalan gesehen wurde. Vergeblich argumentierte Budak vor Gericht, dass er dort war, um die Demonstranten zur Auflösung ihrer Kundgebung zu überreden. Es half nichts. Budak wurde schuldig gesprochen, im Auftrag einer terroristischen Vereinigung eine Straftat begangen zu haben.

    Im Hauptverfahren gegen die kurdischen Kommunalpolitiker steht Budak weiterhin in Diyarbakir vor Gericht, zusammen mit seinem Amtskollegen aus Kiziltepe und 150 weiteren Angeklagten. Der Prozess zieht sich seit mehr als eineinhalb Jahren hin und kommt nicht voran, weil die Angeklagten in einer Art zivilem Ungehorsam darauf bestehen, sich auf Kurdisch zu verteidigen statt auf Türkisch. Wie sich das abspielt, berichtet Serife Alp, die zu jeder Verhandlung nach Diyarbakir fährt, um ihrem Bürgermeister Ferhan Türk zuzuwinken:

    "Er wird dem Richter vorgeführt. Der fragt ihn: Haben Sie diese oder jene Pressekonferenz gegeben? Waren Sie bei dieser oder jener Kundgebung? Er antwortet stets auf Kurdisch. Sofort wird sein Mikrofon abgeschaltet. Sein Anwalt steht dann auf und sagt, er will ja aussagen; er sagt ja, dass er dabei war. Dann soll er das auf Türkisch sagen, entgegnet dann der Richter barsch. Dann wird er wieder abgeführt, und der Prozess wird wieder vertagt."

    Bis vor das Oberste Berufungsgericht ist die Auseinandersetzung gegangen. Und dieses entschied vor zwei Wochen: Vor Gericht in seiner Muttersprache aussagen darf nur, wer nachweislich keinen Zugang zu einer türkischen Schulausbildung hatte. Das ist in der Türkei praktisch kein Mann unter 60 oder 70 Jahren. Das Tauziehen vor Gericht geht also weiter in Diyarbakir, und die Bürgermeister bleiben in Haft.

    Wie aber passt dieses brutale Durchgreifen gegen die Kurdenpartei zusammen mit der Reformpolitik in der Kurdenfrage, mit der Liberalisierung der Kurdenpolitik, die Ankara vor drei Jahren eingeleitet hatte? Immerhin wurden einige Sprachverbote gelockert, private Kurdischkurse erlaubt, und sogar ein kurdischsprachiges Programm im Staatsfernsehen gibt es seit drei Jahren. Die Regierung in Ankara verspricht auch nach wie vor weiterhin Reformen und eine Lösung des Kurdenproblems. Doch was die Regierung unter einer Lösung versteht und was die größte Kurdenpartei des Landes, dazwischen ist ein großer Unterschied, meint Serdar Celebi, der Menschenrechtler:

    "Die Regierung ist durchaus gewillt, den Kurden individuelle Rechte zu gewähren, also das Recht auf kurdische Namen, Kurdisch-Unterricht an den Schulen und so weiter - aber eben keine kollektiven Rechte. Die BDP stellt aber kollektive Forderungen nach kollektiven Rechten, etwa regionale Selbstverwaltung und die Anerkennung als Staatsvolk. Der Staat versucht deshalb, die kollektiv auftretenden, in der BDP organisierten Kurden auszusortieren, also die "bösen" Kurden einzusammeln, um dann den "guten" Kurden bestimmte Rechte zuzugestehen. So glaubt der Staat offenbar, das Kurdenproblem lösen zu können. Das scheint die Logik dahinter zu sein."

    Doch während diese Machtprobe zwischen dem türkischen Staat und der organisierten Kurdenbewegung andauert, geht den kurdischen Kommunen langsam die Luft aus. Seit zweieinviertel Jahren hält Serife Alp in Kiziltepe schon die Stellung für den inhaftierten Bürgermeister. Keine leichte Aufgabe, wie sie sagt:

    "Man weiß nie, wer zur Stadtratssitzung kommen kann, wer noch frei ist oder schon eingesperrt. Die neuen Mitglieder, die Nachrücker, kennen die Arbeit nicht, sie müssen erst auf die Ausschüsse verteilt und eingearbeitet werden. Das braucht natürlich seine Zeit und verlangsamt unsere Arbeit natürlich enorm. Aber trotzdem arbeiten wir, und wir arbeiten gut."

    Serife Alp ist stolz darauf, dass trotz allem noch der Müll abgeholt wird in Kiziltepe, dass das Wasser fließt und dass die Serviceschalter in der Rathaushalle geöffnet sind – und das, obwohl die Polizei das Rathaus schon zweimal in diesem Jahr umstellt und abgeriegelt hat, um es stundenlang zu durchsuchen. Um die Bürger zu beruhigen, hat Sie damals Plakate in der Stadt aufhängen lassen. Trotz der Verhaftungen und Durchsuchungen arbeite die Stadtverwaltung weiter für die Bürger, stand darauf.

    "Da hat der Staatsanwalt mich einbestellt und gefragt, was das soll. Ich sagte, die Leute wissen nicht, was los ist. Ich will die Leute nur informieren, dass alles in Ordnung ist, dass sie ruhig zum Rathaus kommen und ihre Behördengänge erledigen können. Da sagt er zu mir: Macht jemand Druck auf dich? Wer macht denn Druck auf dich? Sag es uns, damit wir etwas dagegen unternehmen können. Ich sagte: Sie machen Druck auf mich. Sie durchsuchen das Rathaus und nehmen die Ratsmitglieder fest. Den Druck machen Sie. Hören Sie doch einfach auf damit. Und dann hat die Staatsanwaltschaft die Plakate einsammeln lassen."

    Den Vorwurf, die kurdischen Kommunalpolitiker würden von der PKK ferngesteuert, um eine parallele Verwaltungsstruktur im Kurdengebiet aufzubauen, weist die BDP-Politikerin zurück:

    "Ich sehe hier keine solche Struktur. Wir sind vom Volk gewählt, um ihm zu dienen, um die Müllabfuhr zu organisieren, die Kanalisation zu bauen, die Wasserversorgung zu sichern. Dazu sind wir hier, und das tun wir. Dazu brauchen wir keine Befehle von der PKK oder von der KCK."
    Der türkische Premierminister Tayyip Erdogan spricht im Parlament in Ankara, Türkei.
    Der türkische Ministerpräsident Erdogan verteidigt die Verhaftungen kurdischer Kommunalpolitiker (AP)