Die Führung der islamisch-konservativen AKP hatte am Morgen beschlossen, am 22. Mai einen Sonderparteitag abzuhalten. Bis dahin wird Davutoglu noch im Amt bleiben. Auf dem Parteitag wird dann ein neuer Parteichef gewählt, der dann auch neuer Ministerpräsident der Türkei werden soll. Nach dem Parteistatut ist es nicht möglich, dass Davutoglu noch Ministerpräsident bleibt, wenn er nicht auch Parteichef ist.
Dass ein Machtkampf zwischen ihm und Erdogan für den Schritt verantwortlich ist, wies Davutoglu zurück. Er habe sich niemals negativ über den Staatschef geäußert und werde auch in Zukunft kein schlechtes Wort über ihn verlieren, sagte der Regierungschef. Dennoch sei sein Rücktritt nicht "seine Wahl, aber eine Notwendigkeit", zitiert ihn die Zeitung "Hürriyet Daily News". Erdogan betonte dagegen, er habe mit der Entscheidung nichts zu tun. Er wünsche Davutoglu alles Gute.
Schritt war erwartet worden
Bereits Mitte der Woche hatte es ein Gespräch zwischen Davutoglu und Erdogan gegeben, weswegen bereits über einen Rücktritt des Ministerpräsidenten spekuliert worden war. Davutoglu galt zuletzt als Bremser bei Erdogans Plänen, die Türkei durch eine Verfassungsänderung in Richtung Präsidialsystem umzubauen. Damit will sich Erdogan mehr Macht sichern. Doch die AKP hat im derzeitigen Parlament nicht genügend Sitze, um ein Verfassungsreferendum abhalten zu lassen.
Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hatte sich schon vor Davutoglus Ankündigung besorgt gezeigt. Dessen Rücktritt würde zu einer "Bekräftigung der Diktatur in der Türkei" führen, sagte Kilicdaroglu. "Erdogan möchte einen Ministerpräsidenten, der ihm zu hundert Prozent gehorcht."
Davutoglu hatte das Amt des Parteivorsitzenden vor zwei Jahren von dem jetzigen Staatspräsidenten übernommen. Letzterer hat aber nach wie vor großen Einfluss auf die Regierungs- und Parteigeschäfte.
(pr/stfr)