Für ein freies Venezuela, für Hilfsgüter, für den Wandel – es herrschte Aufbruchsstimmung beim Benefizkonzert an der Tienditas-Grenzbrücke nahe der kolumbianischen Stadt Cúcuta – es sollte Geld für Hilfsgüter einspielen. Denis Parado schwenkt eine Venezuela-Flagge. Der 18-Jährige aus Caracas ist, wie Tausende seiner Landsleute, nach Cúcuta gekommen.
"Wir wollen einen Wandel. Und dass die Hilfsgüter ins Land kommen, das ist das wichtigste, damit die Menschen nicht mehr leiden. Es fehlt an Medikament, es fehlt an Essen und wir wollen, dass unsere Freunde, die ausgewandert sind, zurückkommen. Wir wollen Frieden und Freiheit! Keine Diktatur!"
Die Tienditas-Grenzbrücke ist wie kein zweiter Ort zum Symbol dafür geworden, wie angespannt die Lage und wie verhärtet die Fronten sind im Machtkampf zwischen Venezuelas sozialistischem Staatschef Maduro und dem selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó.
Es geht um 600 Tonnen Hilfsgüter
"Hände weg von Venezuela" heißt das Gegenkonzert, das Maduro auf der anderen Seite der Brücke veranstalten lässt – doch die wahre Musik spielt nicht auf den Bühnen. Es geht um 600 Tonnen vor allem von den USA bereitgestellten Hilfsgüter, die im kolumbianischen Cúcuta lagern – am Samstag sollen freiwillige Helfer sie über die vier Brücken der Stadt nach Venezuela bringen. Maduros Regierung kündigte nun an, diese Grenzübergänge temporär zu schließen. Der sozialistische Staatschef will die Hilfsgüter nicht ins Land lassen. Für ihn und seine Anhänger sind sie Vorwand, um eine US-Invasion vorzubereiten. Das Militär ist in Alarmbereitschaft versetzt worden. Die Oppositionspolitikerin Liliana Mujica, auf kolumbianischer Seite, schreckt das nicht ab.
"Wir werden die Hilfe reinbringen, komme was wolle, es werden Millionen an der Brücke stehen, wir werden Widerstand leisten, wie wir das seit 20 Jahren tun, es gibt heute so viel ausländische Unterstützung wie nie, das gibt uns Kraft."
Dazu tauchte am Freitag überraschend Oppositionsführer Juan Guaidó in Cúcuta auf, trotz seines Ausreiseverbotes:
"Es gibt eine Frage, die sich alle zu Venezuela stellen: Sie betrifft die Rolle des Militärs. Die Frage ist, wie kamen überhaupt wir hierher, wo doch alle Wege blockiert sind, zu Luft, zu Wasser, die Straßen. Aber wir sind hier aus eben dem Grund, dass die Streitkräfte auch an diesem Prozess beteiligt waren. Das ist die Wahrheit."
Die ersten Tote an der Grenze
Guaidó signalisiert damit: Teile des Militärs - Maduros wichtigste Stütze - hätten Befehle verweigert. Käme die Hilfe wirklich ins Land, wäre das der Anfang von Maduros Ende.
Unterdessen haben venezolanische Soldaten aber an der Grenze zu Brasilien zwei Mitglieder der indigenen Gemeinde getötet und 15 weitere verletzt, als sie versucht haben, die Militärs davon abzuhalten, Hilfslieferungen zu blockieren – und auch, was am Samstag in Cúcutageschehe, sei lang nicht abzusehen, äußert besorgt Oscar Calderon vom Migranten-Hilfsnetzwerk der Jesuiten in Cúcuta, wo jeden Tag 5.000 neue Flüchtlinge und Migranten aus Venezuela ankommen, Calderón geht, wie das Rote Kreuz oder Ärzte ohne Grenzen ausdrücklich auf Distanz zu der Verteilung der von den USA bereitgestellten Hilfsgüter.
"Es besteht immer das Risiko, das menschliche Leiden politisch zu instrumentalisieren. Das ist nicht unsere Rolle. Unsere Rolle ist, den Not leidenden Menschen unter jeden Umständen zu helfen und deswegen insistieren wir, dass der Fokus immer darauf liegen muss, die Menschenrechte zu schützen."
Auch die Länder müssten unterstützt werden, die in den letzten Monaten Millionen venezolanische Flüchtlinge und Migranten aufgenommen hätten.