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Frankreich
Umstrittene Rentenreform ist in Kraft

In Frankreich ist die umstrittene Rentenreform in Kraft getreten. Präsident Macron unterzeichnete das Gesetz heute früh im Elysée-Palast. Anschließend wurde es im Amtsblatt veröffentlicht.

    Ein Symbolbild mit dem Logo einer Rentenversicherung und davorstehenden Zahlen von 62 bis 65.
    Länger arbeiten: Die französische Rentenreform ist in Kraft. (AFP / LIONEL BONAVENTURE)
    Die Reform umfasst unter anderem die Anhebung des Alters, ab dem man frühestens abschlagsfrei in Rente gehen kann, um zwei Jahre auf 64.
    Gestern hatte der französische Verfassungsrat die Reform grundsätzlich für verfassungsgemäß erklärt. Ein Referendum bezeichnete der Rat als unzulässig. Im Anschluss war es gestern Abend in vielen französischen Städten erneut zu Protesten und teils auch Ausschreitungen gekommen. Auch für heute sind Demonstrationen geplant. Umfragen zufolge lehnt eine große Mehrheit der Bevölkerung die Reform ab. Premierministerin Borne hatte sie mit einem verfassungsrechtlichen Kniff ohne Parlamentsabstimmung durchgebracht und ein Misstrauensvotum nur knapp überstanden.

    Gegner wollen weiter Widerstand leisten

    Der Chef der linkspopulistischen Partei La France Insoumise, Mélenchon, erklärte nach der Entscheidung, der "Kampf" gegen die Rentenreform gehe weiter. Die bei zwei Präsidentschaftswahlen gegen Macron unterlegene Rechtspopulistin Marine Le Pen sagte, das "politische Schicksal" der Reform sei noch "nicht besiegelt". Erste Gewerkschafter riefen bereits zu weiteren Protesten auf und kündigten an, eine Einladung Macrons zu einem Treffen am Dienstag zu dem Thema gar nicht erst anzunehmen.

    Was ist der Verfassungsrat?

    Der Verfassungsrat ist der oberste Hüter der französischen Verfassung. Er besteht aus neun Richterinnen und Richtern (sechs Männer, drei Frauen). Zu dem Rat zählen unter anderem die früheren Premierminister Fabius und Juppé. Dem Sender France Info zufolge hat der Conseil constitutionnel seit seiner Gründung 1958 nur 17 Gesetze komplett kassiert.

    Kernpunkte der Rentenreform

    Bisher liegt das früheste Renteneintrittsalter mit einer vollen Rente in Frankreich bei 62 Jahren. Dafür müssen die Arbeitnehmer aber 42 Jahre lang eingezahlt haben. Erst mit 67 Jahren können Arbeitnehmer unabhängig von der Einzahldauer ohne Abschläge in Rente gehen. Das wird beibehalten, die Einzahldauer für die abschlagsfreie Rente aber auf 43 Jahre und das früheste Renteneintritssalter auf 64 Jahre erhöht.
    Zudem werden die meisten der ursprünglich 42 Rentensysteme der verschiedenen Branchen für alle künftigen Beschäftigten abgeschafft. Als soziale Ausgleichsmaßnahme wird die Mindestrente bei voller Beitragszeit auf 1.200 Euro angehoben.
    Diese Nachricht wurde am 15.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.