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Macrons Rede in Versailles
"Allüren eines Sonnenkönigs"

Der französische Präsident Emmanuel Macron will vor den beiden Kammern des Parlaments eine Art Rede der Nation halten. Dazu hat er ins Schloss von Versailles geladen. Die Opposition ist empört.

Von Jürgen König |
    Emmanuel Macron ist neuer französischer Präsident - er steht am Tag seiner Vereidigung vor dem Elysée-Palast.
    Emmanuel Macron will vor den Abgeordneten beider französischer Kammern in Versailles sprechen. (AFP PHOTO/YOAN VALAT)
    Wenn ein französischer Staatspräsident beide Kammern des Parlaments zur gemeinsamen Sitzung ins Schloss von Versailles einberuft, dann ist die Botschaft eindeutig: Es wird um sehr wichtige Dinge gehen.
    Denn der Kongress tritt außerordentlich selten zusammen. In der Zweiten Französischen Republik hatte es Louis-Napoléon Bonaparte zwischen 1848 und 1852 noch als seine Präsidentenpflicht angesehen, regelmäßig vor allen Abgeordneten und Senatoren über die Angelegenheiten der Republik zu sprechen.
    Später vor allem gedacht als Instrument, um gemeinsam über Verfassungsänderungen abzustimmen, tagte der Kongress nach 1873 nur noch zweimal. Angesichts der dramatischen Weltfinanzkrise lud Präsident Nicolas Sarkozy 2009 nach Versailles für eine Regierungserklärung.
    "Ich werde keine Sparpolitik betreiben. Die Sparpolitik ist immer gescheitert."
    Und auch Präsident Francois Hollande hielt den außergewöhnlichen Rahmen für notwendig: nach den Terroranschlägen vom November 2015.
    "Frankreich ist im Krieg. Was am Freitag in Paris und Saint Denis passiert ist, das sind Kriegshandlungen. Gegen unser Land, gegen seine Werte, gegen seine Jugend, gegen seine Art zu leben."
    So erscheint der Kongress heute vor allem als ein Ort großer Worte in schweren Zeiten, der historische Rahmen, das Gold der französischen Könige, verbindet die Gegenwart mit der glanzvollen Vergangenheit – auch das mag mancher als tröstlich empfinden.
    "In diesen wahrlich schweren Tagen habe ich Wert darauf gelegt, vor dem Kongress zu sprechen. Um angesichts des Grauens, das wir erlebt haben, auf besondere Weise die nationale Einheit zu betonen."
    Künftig einmal im Jahr eine Rede
    In diesem Rahmen feierlicher Bedeutsamkeit will Präsident Emmanuel Macron künftig jedes Jahr so etwas wie eine Rede zur Lage der Nation halten - ganz nach dem Vorbild amerikanischer Präsidenten. Überraschend kommt diese Ankündigung nicht: Noch am Abend seines Wahlsiegs hatte Emmanuel Macron im eleganten Mantel, gemessen-feierlichen Schrittes zu den Klängen der Europahymne den Innenhof des Louvre betreten, des alten Königsschlosses, wo eine jubelnde Menge ihn sehnsüchtig erwartete; auf allen Fernsehkanälen live übertragen, dauerte dieser Gang vier lange Minuten – ein monarchisches Bild durch und durch.
    In den Augen vieler Franzosen war Präsident Francois Hollande, der ausdrücklich ein normaler Präsident sein wollte, zuletzt nur noch ein geschwätziger Präsident: Das will Emmanuel Macron entschieden nicht sein. Frankreich brauche eine "présidence jupitérienne", eine "jupitergleiche Präsidentschaft", hatte Macron schon im Oktober in einem Interview gesagt. Dem Präsidentenamt seine herausgehobene Rolle und seine Würde zurückzugeben, das ist ihm wichtig – und vor diesem Hintergrund ist das Einberufen des Kongresses nach Versailles nur folgerichtig.
    Viel Kritik von der Opposition
    An Kritik mangelt es nicht. Über die "Allüren eines Sonnenkönigs" schimpfte der republikanische Fraktionschef Christian Jacob. Vor allem beklagen die Abgeordneten, der Staatspräsident würde mit seinem heutigen Auftritt die für morgen vorgesehene Antrittsrede seines Premierministers vorwegnehmen und damit ihn und das Parlament schwächen. Damien Abad, Vizepräsident der Gruppe der Republikaner in der Nationalversammlung:
    "Welches Interesse kann es geben, eine Grundsatzrede des Präsidenten der Republik zu organisieren – einen Tag vor der Grundsatzrede des Premierministers? Doch nur eines: Es geht darum, zu zeigen, dass Emmanuel Macron alles dominiert, auch seine eigene Mehrheit im Parlament. Dass ein Präsident sich erklärt, ist normal. Indem er aber einen Tag vor seinem Premierminister spricht, damit dreht er ihm einfach eine lange Nase – mit Kosten von 500.000 Euro."
    Premierminister Edouard Philippe zeigte sich demonstrativ gelassen:
    "Es wird zwei Reden geben zum Stand der Dinge und zu den Plänen der Regierung. Und sie werden sich ergänzen – ganz einfach."
    Der Präsidentenrede wird keine Aussprache folgen. Auch das erregt die Gemüter – so sehr, dass etliche Abgeordnete nicht nach Versailles fahren werden, darunter die gesamte Fraktion der Linkspartei "La France insoumise".