Der Wahlkampf hat dem untersetzten, kleinen Mann mit dem roten runden Gesicht sichtlich zugesetzt. In seiner 33-jährigen Amtszeit als Regionalregierungschef der Atlantikinsel Madeira ist Alberto João Jardim selten so ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Im Haushalt der autonomen Region ist ein Finanzloch von 1,3 Milliarden Euro entdeckt worden, weswegen in Lissabon nicht nur die Opposition, sondern auch Jardims regierende konservative Mutterpartei PSD einen Neuanfang auf der Insel fordern. Schließlich gefährden Madeiras neue Schulden auch den Sparkurs von Premierminister Pedro Passos Coelho.
Doch statt Reue zu zeigen und Sparprogramme vorzulegen, bläst der 68-jährige Jardim zum Gegenangriff auf das kontinentale Portugal:
"Diese Leute aus Lissabon sind alle Lügner. Die sollten sich schämen, uns in Madeira ein Demokratie-Defizit vorzuwerfen. In Lissabon gehen sie doch alle in die gleiche Richtung, sprechen die gleiche Sprache und die ganze Medienlandschaft ist ideologisch von den Linken kontrolliert – und dennoch tut niemand etwas dagegen."
Jardims provokante und zugleich einfache Sprache stößt vor allem in den Lissabonner Politiker- und Intellektuellen-Kreisen auf große Ablehnung. Sie ist Teil einer ausgeklügelten Strategie, mithilfe derer sich der ehemalige Journalist schon so lange an der Macht hält. So sieht es der Zeithistoriker und Essayist José Eduardo Franco:
"Alberto João Jardim hat es beherrscht, eine bestimmte Insel-Mentalität heraufzubeschwören: Die Vorstellung, Madeira sei umzingelt von Feinden aus Festland-Portugiesen, die die Insel seit Jahrhunderten kolonisieren wollen. Diese Thematik taucht in seinen Reden seit den 1970er-Jahren immer wieder auf mit der Schlussfolgerung, jetzt sei es an der Zeit, dass Madeira endlich etwas zurückbekomme."
José Franco wurde in den 1960er-Jahren im ländlichen Madeira geboren und erinnert sich, dass bis zum Regierungsantritt von Jardim die Insel eine der ärmsten Regionen Europas war:
"Wir lebten wie im Mittelalter. Ohne Entwicklungsprozess und ohne Investitionen in die Infrastruktur. Es gab keine Straßen, kein Strom, kein fließendes Wasser, keine Schulen, keine Perspektive. Der einzige Ort, an dem sich soziales Leben abspielte, war die Kirche."
Mit dem Ende des Salazar-Regimes und dem Beitritt Portugals zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in den 1980er-Jahren öffnete sich auch für die Insel Madeira der Zugang zu privaten und öffentlichen Investitionen. Jardim wusste die Töpfe in Lissabon und Brüssel an der richtigen Stelle anzubohren. Das Festland überweist jährlich 300 Millionen Euro Ausgleichszahlungen an die Insel mit ihren rund 250.000 Einwohnern. Zudem flossen allein in den vergangenen 15 Jahren über zwei Milliarden Euro an EU-Zuschüssen nach Madeira. Das Geld setzte Jardim oftmals spontan, volksnah und mitunter selbstherrlich ein. Der Essayist Franco erinnert sich:
"Ende der 1970er-Jahre stürzte unsere Ortskirche ein. Mein Opa und ein paar Männer gingen nach Funchal zur Regionalregierung. Sie wurden sofort von Alberto João Jardim empfangen und er versprach ihnen auf der Stelle, dass die Kirche wieder aufgebaut werden würde. Zwei oder drei Jahre später weihte Jardim die neue Kirche dann selbst ein. Jardim nutzt diese direkte Beziehung zwischen Politik und Volk aus. Er trifft finanzielle Entscheidungen aus dem Bauch heraus, sei es für den Bau einer Kirche, einer Straße oder eines großen Infrastrukturprojektes. Und fast wie ein absoluter Herrscher sagt er: Wir bauen die Straße. Und vier Jahre später ist sie dann fertig."
Die einflussreiche Kirche, die einzige Tageszeitung, die drei lokalen Fußballvereine und eine Reihe von Großunternehmern profitieren direkt von den öffentlichen Geldern. So finanzierte sich Jardim den Machterhalt und riss dabei ein gigantisches Loch in die öffentlichen Finanzen. Die Regionalwahlen am Sonntag werden zeigen, ob das System von Alberto João Jardim auch die jüngste Diskussion über die miserable Haushaltslage der Inselregion überstehen wird. Beobachter befürchten, dass ein hartes Sparprogramm auf Madeira schwer durchzusetzen ist, sollte Jardims konservative PSD tatsächlich wieder mit absoluter Mehrheit gewinnen.
Doch statt Reue zu zeigen und Sparprogramme vorzulegen, bläst der 68-jährige Jardim zum Gegenangriff auf das kontinentale Portugal:
"Diese Leute aus Lissabon sind alle Lügner. Die sollten sich schämen, uns in Madeira ein Demokratie-Defizit vorzuwerfen. In Lissabon gehen sie doch alle in die gleiche Richtung, sprechen die gleiche Sprache und die ganze Medienlandschaft ist ideologisch von den Linken kontrolliert – und dennoch tut niemand etwas dagegen."
Jardims provokante und zugleich einfache Sprache stößt vor allem in den Lissabonner Politiker- und Intellektuellen-Kreisen auf große Ablehnung. Sie ist Teil einer ausgeklügelten Strategie, mithilfe derer sich der ehemalige Journalist schon so lange an der Macht hält. So sieht es der Zeithistoriker und Essayist José Eduardo Franco:
"Alberto João Jardim hat es beherrscht, eine bestimmte Insel-Mentalität heraufzubeschwören: Die Vorstellung, Madeira sei umzingelt von Feinden aus Festland-Portugiesen, die die Insel seit Jahrhunderten kolonisieren wollen. Diese Thematik taucht in seinen Reden seit den 1970er-Jahren immer wieder auf mit der Schlussfolgerung, jetzt sei es an der Zeit, dass Madeira endlich etwas zurückbekomme."
José Franco wurde in den 1960er-Jahren im ländlichen Madeira geboren und erinnert sich, dass bis zum Regierungsantritt von Jardim die Insel eine der ärmsten Regionen Europas war:
"Wir lebten wie im Mittelalter. Ohne Entwicklungsprozess und ohne Investitionen in die Infrastruktur. Es gab keine Straßen, kein Strom, kein fließendes Wasser, keine Schulen, keine Perspektive. Der einzige Ort, an dem sich soziales Leben abspielte, war die Kirche."
Mit dem Ende des Salazar-Regimes und dem Beitritt Portugals zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in den 1980er-Jahren öffnete sich auch für die Insel Madeira der Zugang zu privaten und öffentlichen Investitionen. Jardim wusste die Töpfe in Lissabon und Brüssel an der richtigen Stelle anzubohren. Das Festland überweist jährlich 300 Millionen Euro Ausgleichszahlungen an die Insel mit ihren rund 250.000 Einwohnern. Zudem flossen allein in den vergangenen 15 Jahren über zwei Milliarden Euro an EU-Zuschüssen nach Madeira. Das Geld setzte Jardim oftmals spontan, volksnah und mitunter selbstherrlich ein. Der Essayist Franco erinnert sich:
"Ende der 1970er-Jahre stürzte unsere Ortskirche ein. Mein Opa und ein paar Männer gingen nach Funchal zur Regionalregierung. Sie wurden sofort von Alberto João Jardim empfangen und er versprach ihnen auf der Stelle, dass die Kirche wieder aufgebaut werden würde. Zwei oder drei Jahre später weihte Jardim die neue Kirche dann selbst ein. Jardim nutzt diese direkte Beziehung zwischen Politik und Volk aus. Er trifft finanzielle Entscheidungen aus dem Bauch heraus, sei es für den Bau einer Kirche, einer Straße oder eines großen Infrastrukturprojektes. Und fast wie ein absoluter Herrscher sagt er: Wir bauen die Straße. Und vier Jahre später ist sie dann fertig."
Die einflussreiche Kirche, die einzige Tageszeitung, die drei lokalen Fußballvereine und eine Reihe von Großunternehmern profitieren direkt von den öffentlichen Geldern. So finanzierte sich Jardim den Machterhalt und riss dabei ein gigantisches Loch in die öffentlichen Finanzen. Die Regionalwahlen am Sonntag werden zeigen, ob das System von Alberto João Jardim auch die jüngste Diskussion über die miserable Haushaltslage der Inselregion überstehen wird. Beobachter befürchten, dass ein hartes Sparprogramm auf Madeira schwer durchzusetzen ist, sollte Jardims konservative PSD tatsächlich wieder mit absoluter Mehrheit gewinnen.