Monika Seynsche: Wenn man ein harmloses Nagetier ist, das irgendwo ind er Wildnis umgeben von Löwen und anderen Raubtieren lebt, man selbst dazu noch gut sichtbar durch die Gegend läuft, dann müsste man eigentlich leichte Beute sein. Die afrikanische Mähnenratte, auf die all das zutrifft, wird trotzdem nicht gefressen. Ein internationales Forscherteam hat jetzt herausgefunden, warum. Einer dieser Forscher ist Fritz Vollrath von der Universität Oxford. Und ihn habe ich kurz vor der Sendung gefragt, wie sie es schafft, sich ihre Fressfeinde vom Leib zu halten.
Fritz Vollrath: Wenn sie einen vermeintlichen Feind trifft, dann läuft sie nicht weg und macht sich kleiner, sondern die bläst sich auf und macht sich größer. Und dabei produziert sie sozusagen eine Seite von sich selbst - die ist schwarz-weiß, also die hat Warnungsfarben - und das präsentiert sie dem Räuber, bläst sich auf und präsentiert dem Räuber diese Seite. Wenn der Räuber das kennt, dann sagt er: "Da beiße ich lieber nicht rein". Wenn der Räuber das nicht kennt, dann sagt er: "Da beiße ich rein". Jetzt wird es gefährlich, weil das Tier diese Haare hat, die mit einem Gift gefüllt sind. Und das kann entweder den Räuber umbringen, oder ihm ziemliche Schmerzen bereiten.
Seynsche: Aber wo bekommt sie denn das Gift her?
Vollrath: Ja, das ist eben das Einmalige würde ich fast sagen. Sie sucht sich einen gewissen Baum und sammelt davon oder nagt da an der Borke rum und kaut dann auf der Borke rum. Und dann schmiert sie oder spuckt, würde ich fast sagen, den Speichel mit diesem Borkenextrakt auf die Flanke, die ja schwarz-weiß gefärbt ist, und in der Flanke sitzen ja ganz spezifische Haare, die den Speichel aufsaugen und auch behalten. Die Borke, verrückterweise, kommt aus dem Baum, der von den Eingeborenen benutzt wird, um ihre Pfeile zu vergiften, mit denen sie auf Elefantenjagd gehen. Also ein ganz gefährliches Zeug, das dann, wenn es in den Haaren sitzt und der Räuber da rein beißt, dass dann in seinem Mund endet.
Seynsche: Aber wenn diese Mähnenratte diese Pflanze frisst, warum stirbt sie denn nicht selber an diesem Gift.
Vollrath: Gute Frage! Das ist so nicht. Ich glaube nicht, dass sie das frisst. Ich glaube, die kaut das nur und ist relativ vorsichtig. Und ich nehme auch an, aber das muss jetzt weiter untersucht werden, dass sie immun ist gegen dieses Gift. Das ist ein Ouabain. Das ist sehr ähnlich dem Curare, was sie vielleicht alle besser kennen, was die südamerikanischen Indianer benutzen, um ihre Pfeile zu vergiften. Also es ist ein gefährliches Nerven- und Muskelgift und der Ratte scheint es nichts auszumachen. Also da kann man vielleicht ein bisschen nachhaken und ein bisschen mehr herausfinden, warum es der Ratte nichts ausmacht.
Seynsche: Aber wenn die Ratte jetzt mit ihrem giftigen Speichel auf dem Rücken herumläuft und dann von einem Tier gebissen wird, das tötet dann vielleicht das andere Tier, aber es tötet doch wahrscheinlich auch die Ratte, wenn die einmal gebissen worden ist, oder?
Vollrath: Idealerweise tötet es die Ratte nicht. Idealerweise ist der erste Biss eher ein Testbiss, weil wenn das Tier keine Erfahrung hat...
Sagen wir mal so: Räuber machen oft erst einen Testbiss, bis sie das Tier wirklich kennen, das sie beißen. Also es wird nicht so voll zuschnappen, sondern vielleicht ein bisschen: "beißen wir mal rein und gucken, was es ist". Und da hat die Ratte wieder spezifische Überlebensstrategien entwickelt: Die hat einen sehr sehr dicken Kopf, also sagen wir mal dicken Schädel, der nicht leicht durchbissen ist, einen sehr dicken Hals und spezifisch angepasst auch eine sehr dicke, solide Wirbelsäule. Dazu kommt noch, dass sie auch eine sehr dicke Haut hat. Das heißt, sie hat Anpassungen, einen ersten Biss zu widerstehen und auch zu überleben.
Seynsche: Ist das ungewöhnlich für Säugetiere, eine solche Verteidigungsstrategie?
Vollrath: Neu, würde ich sagen. Also gut: Verteidigungsstrategien, dass man nicht gerade etwas Angenehmes ist, wo man reinbeißen soll, hat ja der Skunk, das Stinktier entwickelt. Gleiche Farbe. Also wie auch die Ratte schwarz-weiß. Sehr leicht zu sehen, auch im Düsteren. Und der stellt sich dann auf die Vorderbeine, spreizt sich aus und dann wenn der Räuber zu nah kommt, dann spritzt er ihm den Gestank ins Gesicht, dann lernt er das auch. Aber dass ein Tier wirklich geht, also bei Säugetieren, dass ein Tier wirklich hingeht und sich ein Gift sucht und das Gift dann aufspeichert um es dann weiterzugeben, dass würde ich sagen, das ist neu. Also wir haben kein Beispiel. Bei Insekten kennt man das natürlich, wenn die irgendetwas fressen, also ein Blatt, das hochgiftig ist, dann speichern die oft die giftigen Substanzen, in der Haut oder im Darm und wenn sie dann gebissen werden, dann werden die weitergegeben und dann lernt das Tier, diese Struktur zu vermeiden. Obwohl dabei stirbt dann in der Regel auch das Insekt. Hier ist es etwas anders.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Fritz Vollrath: Wenn sie einen vermeintlichen Feind trifft, dann läuft sie nicht weg und macht sich kleiner, sondern die bläst sich auf und macht sich größer. Und dabei produziert sie sozusagen eine Seite von sich selbst - die ist schwarz-weiß, also die hat Warnungsfarben - und das präsentiert sie dem Räuber, bläst sich auf und präsentiert dem Räuber diese Seite. Wenn der Räuber das kennt, dann sagt er: "Da beiße ich lieber nicht rein". Wenn der Räuber das nicht kennt, dann sagt er: "Da beiße ich rein". Jetzt wird es gefährlich, weil das Tier diese Haare hat, die mit einem Gift gefüllt sind. Und das kann entweder den Räuber umbringen, oder ihm ziemliche Schmerzen bereiten.
Seynsche: Aber wo bekommt sie denn das Gift her?
Vollrath: Ja, das ist eben das Einmalige würde ich fast sagen. Sie sucht sich einen gewissen Baum und sammelt davon oder nagt da an der Borke rum und kaut dann auf der Borke rum. Und dann schmiert sie oder spuckt, würde ich fast sagen, den Speichel mit diesem Borkenextrakt auf die Flanke, die ja schwarz-weiß gefärbt ist, und in der Flanke sitzen ja ganz spezifische Haare, die den Speichel aufsaugen und auch behalten. Die Borke, verrückterweise, kommt aus dem Baum, der von den Eingeborenen benutzt wird, um ihre Pfeile zu vergiften, mit denen sie auf Elefantenjagd gehen. Also ein ganz gefährliches Zeug, das dann, wenn es in den Haaren sitzt und der Räuber da rein beißt, dass dann in seinem Mund endet.
Seynsche: Aber wenn diese Mähnenratte diese Pflanze frisst, warum stirbt sie denn nicht selber an diesem Gift.
Vollrath: Gute Frage! Das ist so nicht. Ich glaube nicht, dass sie das frisst. Ich glaube, die kaut das nur und ist relativ vorsichtig. Und ich nehme auch an, aber das muss jetzt weiter untersucht werden, dass sie immun ist gegen dieses Gift. Das ist ein Ouabain. Das ist sehr ähnlich dem Curare, was sie vielleicht alle besser kennen, was die südamerikanischen Indianer benutzen, um ihre Pfeile zu vergiften. Also es ist ein gefährliches Nerven- und Muskelgift und der Ratte scheint es nichts auszumachen. Also da kann man vielleicht ein bisschen nachhaken und ein bisschen mehr herausfinden, warum es der Ratte nichts ausmacht.
Seynsche: Aber wenn die Ratte jetzt mit ihrem giftigen Speichel auf dem Rücken herumläuft und dann von einem Tier gebissen wird, das tötet dann vielleicht das andere Tier, aber es tötet doch wahrscheinlich auch die Ratte, wenn die einmal gebissen worden ist, oder?
Vollrath: Idealerweise tötet es die Ratte nicht. Idealerweise ist der erste Biss eher ein Testbiss, weil wenn das Tier keine Erfahrung hat...
Sagen wir mal so: Räuber machen oft erst einen Testbiss, bis sie das Tier wirklich kennen, das sie beißen. Also es wird nicht so voll zuschnappen, sondern vielleicht ein bisschen: "beißen wir mal rein und gucken, was es ist". Und da hat die Ratte wieder spezifische Überlebensstrategien entwickelt: Die hat einen sehr sehr dicken Kopf, also sagen wir mal dicken Schädel, der nicht leicht durchbissen ist, einen sehr dicken Hals und spezifisch angepasst auch eine sehr dicke, solide Wirbelsäule. Dazu kommt noch, dass sie auch eine sehr dicke Haut hat. Das heißt, sie hat Anpassungen, einen ersten Biss zu widerstehen und auch zu überleben.
Seynsche: Ist das ungewöhnlich für Säugetiere, eine solche Verteidigungsstrategie?
Vollrath: Neu, würde ich sagen. Also gut: Verteidigungsstrategien, dass man nicht gerade etwas Angenehmes ist, wo man reinbeißen soll, hat ja der Skunk, das Stinktier entwickelt. Gleiche Farbe. Also wie auch die Ratte schwarz-weiß. Sehr leicht zu sehen, auch im Düsteren. Und der stellt sich dann auf die Vorderbeine, spreizt sich aus und dann wenn der Räuber zu nah kommt, dann spritzt er ihm den Gestank ins Gesicht, dann lernt er das auch. Aber dass ein Tier wirklich geht, also bei Säugetieren, dass ein Tier wirklich hingeht und sich ein Gift sucht und das Gift dann aufspeichert um es dann weiterzugeben, dass würde ich sagen, das ist neu. Also wir haben kein Beispiel. Bei Insekten kennt man das natürlich, wenn die irgendetwas fressen, also ein Blatt, das hochgiftig ist, dann speichern die oft die giftigen Substanzen, in der Haut oder im Darm und wenn sie dann gebissen werden, dann werden die weitergegeben und dann lernt das Tier, diese Struktur zu vermeiden. Obwohl dabei stirbt dann in der Regel auch das Insekt. Hier ist es etwas anders.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.