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Mafia: Profiteure der Krise

Mit öffentlichen Investitionen will Italien sich gegen die Wirtschaftskrise stemmen. Doch im strukturschwachen Süden des Landes könnten vor allem Camorra, 'Ndrangheta und Cosa Nostra von den Geldern aus Rom und Brüssel profitieren.

Von Karl Hoffmann |
    Unermüdlich pflügen die Fährboote über die Straße von Messina. Wenn es nach dem Willen von Regierungschef Silvio Berlusconi geht, dann soll in ein paar Jahren eine Brücke ihre Aufgabe übernehmen, die größte Hängebrücke der Welt. Ein ehrgeiziges Projekt, das zwischen 8 und 15 Milliarden Euro kosten wird. Genau die richtige Investition, um der Krise in Süditalien wirksam zu begegnen, behauptet die Regierung. Eine Maßnahme, von der vor allem jene profitieren werden, die es eigentlich nicht sollten, meint der Meeresbiologe Antonio di Natale aus Messina:

    "Das ist eines der Projekte, für die sich die Mafia und die ’Ndrangheta besonders interessieren. Diese gigantischen Bauarbeiten lassen sich schwer kontrollieren. Das sind alles arbeitsintensive Tätigkeiten, Erdbewegungen, viele Laster die da eingesetzt werden. Ein Riesengeschäft für die Mafia."

    Wirtschaftsfachleute und Kenner der Mafia schlagen Alarm: Während die gesetzestreuen und Steuer zahlenden Italiener immer mehr unter der massiven Wirtschaftskrise leiden, reiben sich die Bosse die Hände. Die Mafia wird erheblich bei den staatlichen Interventionen gegen die Krise absahnen können. In einer Zeit, in der es um schnelle Investitionen, um kaum kontrollierbare Hilfen für Banken und Unternehmen geht, um Notmaßnahmen, mit denen die brachliegende Wirtschaft im strukturschwachen Süden gefördert werden soll, mischen korrupte Beamte, kriminelle Unternehmer und Bankiers genauso mit wie die Clanchefs, die ihnen zuarbeiten. In schwierigen Zeiten entfaltet sich das marode System zu voller Blüte, das der Unternehmervertreter Ettore Artioli so beschreibt:

    "Es ist üblich, dass man sich unerlaubte Vorteile verschaffen will, mit Schlauheit und indem man mal hier, mal dort einen Gefallen tut, der schließlich in ein wenig Schmiergeld übergeht. In diesen Zeiten breitet sich das derart aus, dass am Ende auch die Mafia als was völlig Normales betrachtet wird. Darunter leidet dann der legale Teil der Wirtschaft, der alleine für die Entwicklung sorgen kann."
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    Im Süden beißt sich die Katze in den Schwanz. Der Staat ist schwach, er kann seine Bürger nicht unterstützen, wenn sie in Not geraten, die Mafia kümmert sich um die Familien, die wiederum zu Handlangern der organisierten Kriminalität werden. Die allermeisten Unternehmen müssen Schutzgelder bezahlen. Geraten sie, wie in diesen Zeiten, in Geldnot, dann wenden sie sich wiederum an die Mafia. Während die Banken derzeit dringend benötigte Kredite verweigern, geben die Bosse bereitwillig Darlehen zu überhöhten Zinsen. Oder übernehmen einst gesunde und unverdächtige Unternehmen gleich ganz: Geldwäsche vom Feinsten. Wie nach der Rezession 1929 in den USA, da kauften die sizilianischen Clans sich günstig in amerikanische Unternehmen ein. Ivan Lo Bello, der Chef der sizilianischen Industrie- und Handelskammer schlägt Alarm: Wenn jetzt auch noch viele öffentliche Gelder fließen, gerät die Vetternwirtschaft erst recht außer Kontrolle.

    "Überall, wo öffentliche Gelder fließen, mischt die Mafia mit. Die einzige Hoffung ist, dass die Ermittlungsbehörden genauer aufpassen. Das Problem wird sich dadurch aber allerhöchstens verringern, lösen lässt es sich nicht."

    Alleine aus dem Topf der EU fließen bis zum 2013 mehr als 20 Milliarden Euro Strukturhilfen nach Italien. Die Statistiken der letzten Jahre lassen keinen Zweifel: Die Zahl der aufgedeckten Betrügereien bei der Vergabe von europäischen Finanzhilfen ist in Süditalien dreimal so hoch wie im restlichen Italien. Denn hier sind Camorra, 'Ndrangheta und Cosa Nostra, besonders aktiv.