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Mahnmal für die Demokratie

Zwischen 1941 und 1945 wurden über 300.000 jüdische Menschen in Rumänien ermordet, 26.000 Roma wurden deportiert. Mit dem Andenken an die getöteten Juden und Roma haben sich die Rumänen bisher schwer getan. Jetzt wird in Bukarest ein Holocaust-Mahnmal errichtet - entworfen vom deutschen Künstlers Peter Jacobi, der in Rumänien geboren wurde. Keno Verseck berichtet.

    Bukarest, das Nationaltheater im Zentrum der rumänischen Hauptstadt. Der 60-jährige Kunsthistoriker Mihai Oroveanu spricht mit Arbeitern, die Gerüste für eine Ausstellung aufbauen. Dann blickt er in eine Ecke des Saales auf ein zwei Quadratmeter großes Modell eines Denkmals, das demnächst in Bukarest errichtet werden soll - das Holocaust-Mahnmal.

    Das Mahnmal wird in einem kleinen Park im Bukarester Stadtzentrum eingerichtet, unmittelbar neben dem einstigen Innenministerium - dort, wo 1941 die Befehle zur Judendeportation des rumänischen Diktators Ion Antonescu erteilt wurden. Der Entwurf für die Gedenkstätte sieht ein Mahnmal in Form eines begehbaren Gebäudes vor. Bei der heutigen Grundsteinlegung werden auch der rumänische Staatspräsident Traian Basescu und die Regierung anwesend sein. Mihai Oroveanu hofft, dass dies eine ernstgemeinte Geste ist.

    "Wir sind einem Teil unserer Geschichte, auf den wir nicht stolz sind, ausgewichen. Man kann kein Demokrat sein und eine demokratische Gesellschaft aufbauen, ohne die Geschichte korrekt zu analysieren. Die kommenden Generationen müssen wissen, dass die Rumänen auch solche Ereignisse in ihrer Geschichte hatten."

    Mihai Oroveanu ist einer der wichtigsten Kunstförderer in Rumänien und Leiter des staatlichen Denkmalsamtes. Als solcher war er auch Mitglied der Jury, die Ende August über die 35 eingereichten Vorschläge für das Holocaust-Mahnmal entschied. Ausgewählt wurde der Entwurf des deutschen Künstlers Peter Jacobi, der 1935 in der südrumänischen Stadt Ploiesti geboren wurde und seit 1971 Design-Professor in Pforzheim ist.

    "Der Entwurf ist nicht so schwülstig wie manch andere Denkmäler, die sich gemeinhin durch einen gewissen Pathetismus versündigen und die nahe am Kitsch sind. Wir hatten zum Beispiel einen Entwurf mit Händen, die aus der Erde ragten. So etwas konnten wir natürlich nicht auswählen. Wir brauchten etwas, was zugleich einfach und würdevoll, schwerwiegend, ausdrucksstark und sehr gegenwärtig ist."

    "Miteinander in Europa" - die deutschsprachige Sendung des rumänischen Staatsfernsehens. Studiogast ist Peter Jacobi; er stellt den Zuschauern seinen Mahnmal-Entwurf vor und spricht über dessen Symbolik - unter anderem über das begehbare Gebäude. Es soll ein Glasdach haben, das von Metallbalken durchbrochen wird.

    "Durch die Spalte dringt das Sonnenlicht in den Innenraum, und im Innenraum entsteht eine Schraffur, eine Lichtschraffur. Diese Schraffur bewegt sich durch den Gang der Sonne. Also, wenn man sich dann in diesem Memorial befindet, läuft diese Schraffur sozusagen über den Körper und man spürt physisch, wie die Zeit sozusagen über den Körper geht. Und so ergibt sich auch die Situation, dass dieser Zeitablauf darauf hinweist, dass der Zeitablauf dieser Leute, dieser Menschen begrenzt war."

    Es gibt in Rumänien nur wenige, kleine Gedenkstätten, die an den Holocaust erinnern. Sie befinden sich allesamt auf jüdischen Friedhöfen oder neben Synagogen und wurden von der jüdischen Gemeinde Rumäniens errichtet. Die Tatsache des rumänischen Holocausts ist in der Öffentlichkeit so gut wie nicht präsent, im Geschichtsunterricht an Schulen spielt er bisher kaum eine Rolle. Kann das erste offizielle Holocaust-Mahnmal diese Bewusstseinslage ändern? Mihai Oroveanu:

    "Die Mentalität ändert sich schwer, und nicht alle Rumänen sind überzeugt von der Schuld des rumänischen Staates. Es reicht nicht, solche Leute nur auf politischer Ebene zu bekämpfen. Es geht auch um einen Akt der Kultur. Dafür, für solche Diskussionen, muss ein didaktischer Platz im Fernsehen sein, in der Presse, in Schulbüchern, im zivilen Leben. Ich hoffe, das Erscheinen dieses Mahnmals wird eine Unterstützung für Demokratie und Europäertum sein."