Seit dem Tod von Mahsa Amini demonstrieren viele Menschen im Iran und verlangen Aufklärung. Videos zeigen, wie Frauen protestieren, ihre Haare abschneiden und Kopftücher ablegen.
Die 22-jährige Amini wurde am 13. September von der Sitten- und Religionspolizei des Landes festgenommen. Sie sei unangemessen gekleidet gewesen. Kurz darauf fiel sie ins Koma und verstarb am Freitag in einem Krankenhaus. Zu den Todesumständen gibt es zwei Versionen:
Laut ihrer Familie haben Polizisten Amini zu Tode geprügelt. Nach der Verhaftung sei ihr Kopf im Polizeiauto gegen die Scheibe geschlagen worden, was zu einer Hirnblutung geführt habe. Die Klinik, in der Mahsa Amini behandelt wurde, hatte auf einem inzwischen gelöschten Post bei Instagram geschrieben, dass sie bereits bei der Aufnahme am Dienstag hirntot gewesen sei.
Das iranische Innenministerium und die Polizei weisen diese Darstellung zurück. Amini sei auf der Polizeiwache wegen Herzversagens in Ohnmacht und später ins Koma gefallen.
Tot wegen Kopftuch - Iranische Führung kennt keine Gnade
Proteste nach dem Tod von 22-jähriger Mahsa Amini
Eines der repressivsten Länder für Medienschaffende
Die Berichterstattung von den Protesten ist nicht möglich, so die ARD-Korrespondentin Karin Senz in Istanbul. Der Iran gehört zu ihrem Berichtsgebiet. Ausländische Medien dürfen nicht über die verbotenen Demonstrationen berichten, so Senz, auch nicht ihre Kollegen vor Ort: "Da müssen sie sehr stark damit rechnen, dass sie festgenommen werden."
Dennoch gebe es Möglichkeiten an Informationen im Land zu kommen. Aus Augenzeugenberichten, Videos im Internet, dem eigenen Netzwerk in der Hauptstadt Teheran und eigenen Erfahrungen von Reisen vor Ort setze sich ein Informations-Mosaik zusammen, erklärt die Korrespondentin. Allerdings: "Schwieriger ist es für uns vor allem, wenn es rausgeht in die Provinzen und Mahsa Amini kommt ja aus der Kurdenregion im Nordwesten des Irans."
Da die Proteste in verschiedenen Städten stattgefunden haben, sei es immens schwierig einzuschätzen, was genau dort passiere und wie viele Menschen teilnehmen. Häufig werde in solchen Situationen auch das Internet gedrosselt, weiß Senz: "Die Menschen haben dann auch keine Möglichkeit, sich zusammenzuschließen und das ist sicherlich auch eins der stärksten Mittel, die das Regime bei solchen Protesten einsetzt."
Mahsa Amini in iranischen Medien auf der Titelseite
Erstaunlich sei, dass der Fall Amini in regierungskritischen Medien im Iran aufgegriffen worden sei, meint Senz. "Wir haben ihr Bild tatsächlich auch auf den Titelseiten gesehen. Entweder das Bild einer jungen Frau mit Kopftuch, mit rotgeschminkten Lippen, makellosem Gesicht - man hat sie schon fast dargestellt wie einen Engel auf manchen Seiten." Andere Medien zeigten das Foto von Amini an Schläuche angeschlossen im Krankenhaus.
"Es gab durchaus auch kritische Schlagzeilen", sagt Senz. Erfahrungsgemäß könnten sich iranische Medien mehr Kritik erlauben als ausländische Medien.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt der Iran einen der letzten Plätze - 178 von 180. Laut der Nichtregierungsorganisaton wurden dort seit der Islamischen Revolution von 1979 hunderte Medienschaffende strafverfolgt, inhaftiert oder hingerichtet.
Ende Dezember 2020 etwa - da wurde der iranische Journalist Ruhollah Zam hingerichtet. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte erwartet, dass auch der deutsch-iranische Journalist und Aktivist Jamshid Sharmahd zum Tod verurteilt wird. Er befinde sich seit Juli 2020 in Einzelhaft, nachdem er auf einer Reise in Dubai vom iranischen Geheimdienst entführt und in den Iran verschleppt worden sei.