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Stadion-Abrisspläne gekippt
Was das San Siro in Mailand so besonders macht

Das San-Siro-Stadion in Mailand gilt als eines der legendärsten Fußball-Stadien der Welt. 2026 hätte es abgerissen werden sollen, um Platz für eine moderne Fußball-Arena zu machen. Diesen Plänen hat die Denkmalschutz-Behörde nun eine Absage erteilt.

Von Lukas Thiele |
    Seit 1926 trägt der AC Mailand seine Heimspiele im Giuseppe-Meazza-Stadion, genannt San Siro, aus.
    Seit 1926 trägt der AC Mailand seine Heimspiele im Giuseppe-Meazza-Stadion, genannt San Siro, aus. (IMAGO / Antonio Balasco / IMAGO / Antonio Balasco)
    Offiziell ist das Stadion nach einem der erfolgreichsten italienischen Fußballspieler und -trainer benannt: Dem zweimaligen Weltmeister Giuseppe Meazza. Schon von außen ist das Giuseppe-Meazza-Stadion, das im Volksmund in Anlehnung an den Mailänder Stadtteil einfach nur San Siro genannt wird, beeindruckend. Wie eine Art Raumschiff steht es plötzlich vor einem, wenn man aus der U-Bahn-Station "San Siro Stadio" nach oben geht. Die elf kreisrunden Aufgänge an den Seiten des Stadions und die an den Ecken herausragende Dachkonstruktion sind unverkennbar und machen San Siro schon von außen besonders. Innen sind die Tribünen hoch, steil und nah am Spielfeld. Was das San Siro aber besonders macht, sind die lauten Fans und eine eine besondere, schwer zu beschreibende Atmosphäre.
    Das Stadion trägt deshalb noch den zweiten Spitznamen "La Scala del calcio" - "Die Oper des Fußballs". 1926 wurde es eröffnet. Seit den 1930er tragen sowohl der AC Mailand als auch Inter Mailand hier ihre Heimspiele aus. Das San Siro ist somit das einzige Stadion in Europa, in dem zwei Champions-League-Sieger zu Hause sind. Zur Weltmeisterschaft 1990 wurde das Stadion letztmals ausgebaut, seitdem fasst es rund 75.000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Vor seiner Umbenennung 1980 hieß es auch offiziell "Stadio San Siro".

    Viele legendäre Spiele haben im San Siro stattgefunden

    Viele bedeutende Spiele sind im San Siro bereits ausgetragen worden. Allein aus deutscher Sicht lässt sich eine beeindruckende Liste erstellen. Es war im San Siro, wo Frank Rijkaard im Achtelfinale der WM 1990 Rudi Völler in die Haare spuckte. 1997 gewann der FC Schalke 04 im San Siro den UEFA-Cup - ausgerechnet gegen Inter Mailand. 2001 schlug der FC Bayern München im San Siro den FC Valencia im Elfmeterschießen und holte seinen ersten Champions-League-Titel.
    Dazu kommen natürlich das mehrmals jährlich ausgetragene Mailänder-Stadtderby zwischen Milan und Inter, genannt "Derby della Madonnina". In der vergangenen Saison standen sich beide Teams dort sogar im Halbfinale der Champions League gegenüber.

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    Die Atmosphäre, die Architektur und die Geschichte sind die Gründe, warum San Siro auf den Reiselisten von Groundhoppern und Fußball-Romantikern aus aller Welt steht. Zumal Stadien mit ähnlicher Strahlkraft, wie das Estadio Santiago Bernabeu in Madrid oder das Camp Nuo in Barcelona, aktuell zu hochmodernen Fußball-Arenen umgebaut werden und wohl nur wenig vom alten Charme behalten dürften.

    Denkmalschutz-Behörde kippt Abriss-Pläne

    Vor allem sie dürften sich deshalb am Mittwoch (09.08.2023) über die Nachricht gefreut haben, dass das San Siro erhalten bleibt. Ursprünglich sollte es 2026 abgerissen werden. Die Denkmalschutz-Behörde der Region Lombardei kam aber nun zu dem Urteil, dass das Stadion ein architektonisches Kulturerbe ist und deswegen stehen bleiben muss.
    Die runden Aufgänge an den Seiten sind ein Markenzeichen des San Siro.
    Die runden Aufgänge an den Seiten sind ein Markenzeichen des San Siro. (IMAGO / Sports Press Photo / IMAGO / Daniela Porcelli / SPP)
    Nicht über diese Nachricht gefreut haben dürften sich der AC Mailand und Inter Mailand. Die beiden Clubs wollten auf dem Parkplatz neben den San Siro ein neues, hochmodernes Fußball-Stadion für 60.000 Zuschauerinnen und Zuschauern bauen. Nach dessen Eröffnung sollte dann das alte San Siro dem Erdboden gleichgemacht werden.

    San Siro entspricht nicht mehr den Anforderungen des modernen Fußballs

    Denn so viel Fußball-Romantik und alten Charme das San Siro auch versprüht, zur Wahrheit gehört, dass es den Ansprüchen an den modernen Fußball nicht mehr entspricht. Eine Barrierefreiheit ist nicht gegeben, die Sanitäranlagen und die Catering-Bereiche sind veraltet. Teile des Oberrangs mussten aus Sicherheitsgründen schon gesperrt werden. Und - was den beiden Clubs am meisten aufstößt - es gibt nur wenige Premium-Plätze. Der AC und Inter Mailand sehen ihre Einnahmemöglichkeiten im Vergleich zur internationalen Konkurrenz dadurch beschränkt.

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    "Die Mannschaften, auf die wir in der Champions League treffen, verdienen über 100 Millionen Euro pro Jahr mit ihren Stadien, während Mailand 35 Millionen Euro bekommt. Das ist ein großer Unterschied", sagte Paolo Scaroni, Präsident des AC Mailand, im Oktober 2021 gegenüber "Radio 24". Ein Neubau sollte diese Lücke schließen und Mehr-Einnahmen in Höhe von 80 Millionen Euro generieren.

    AC Mailand und Inter Mailand bauen wohl eigene Stadien

    Dieser Plan ist nun aber hinfällig. Laut der italiensichen "Gazzetta dello Sport" schauen sich die beiden Clubs aber längst nach anderen Lösungen um. Eine Modernisierung des San Siro haben beide Clubs bereits aus Kostengründen abgelehnt. Als wahrscheinlich gelte laut der Zeitung aktuell ein Neubau von zwei Stadien. Demnach könnte Inter sein neues Stadion in der Gemeinde Rozzano im Südwesten Mailands bauen. Nicht weit entfernt, in San Donato im Südosten der Stadt, könnte das neue Stadion des AC Mailand entstehen.
    Was nach dem Auszug der Fußball-Clubs aus dem San Siro wird, ist noch unklar. Das Stadion gehört der Stadt Mailand. Sie müsste deshalb für die Instandhaltungskosten und eventuelle Modernisierungskosten aufkommen.
    Mindestens einen letzten großen Auftritt wird das Stadion aber noch bekommen. 2026, also 100 Jahre nach der Eröffnung, findet die Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele (6. bis 22. Februar 2026) von Mailand und Cortina d'Ampezzo im San Siro statt.