In Mukuru kwa Njenga sind die Gassen voller Menschen und voller Leben. Kleine Verkaufsstände säumen die nicht asphaltierte Hauptverkehrsader des Slums, er liegt in der Nähe des Industriegebietes von Nairobi. Die Menschen hier verdienen Schilling um Schilling ihr Geld: indem sie irgendeine Stromleitung anzapfen und sich dann dafür bezahlen lassen, dass sie die Handys ihrer Nachbarn laden. Oder durch den Verkauf von Fettgebackenem namens Mandazi, das Stück kostet umgerechnet keine sieben Cent. In einer der Hütten wohnt Kevin Odhiambo. Der 23-Jährige ist in diesem März schon zum zweiten Mal an Tuberkulose erkrankt, einer Lungenkrankheit, für die HIV-positive Menschen wie er besonders empfänglich sind. Und diesmal, sagt Odhiambo, habe er besonders unter der Krankheit gelitten.
"Ich war sehr, sehr schwach. Ich hatte kaum genug Kraft, morgens aus dem Bett aufzustehen und ins Gesundheitszentrum zu fahren, um meine Tabletten zu holen. Ich habe niemanden, den ich hätte bitten können, es für mich zu tun. Hinzu kam, dass das nächste Gesundheitszentrum wegen Covid geschlossen war. Ein Angestellter war positiv auf Corona getestet worden."
Odhiambo hatte außerdem wegen der Pandemie sein Einkommen verloren. Einen richtigen Job hatte er schon vor Beginn der Pandemie nicht gehabt, stattdessen arbeitete er als ehrenamtlicher Helfer für die Hilfsorganisation CHS, klärte in seiner Nachbarschaft über HIV und Tuberkulose auf.
"Ich habe ehrenamtlich gearbeitet, aber hin und wieder hat mir jemand etwas Geld zugesteckt, davon habe ich gelebt."
"Ich habe ehrenamtlich gearbeitet, aber hin und wieder hat mir jemand etwas Geld zugesteckt, davon habe ich gelebt."
Mangelnde Aufklärung wegen Covid-19
Wegen der Corona-Pandemie durfte diese Aufklärung über viele Monate nicht mehr stattfinden, und Odhiambo konnte sich manchmal noch nicht einmal ein Mandazi leisten. Dass er seine Tuberkulose-Medikamente nun auch noch im übernächsten Gesundheitszentrum abholen musste, wurde wegen seiner körperlichen Schwäche zu einem zusätzlichen Problem.
"Es gab Zeiten, in denen ich meine Tabletten nicht im Gesundheitszentrum holen konnte, weil ich das Geld für die Fahrt dahin nicht hatte."
Kevin Odhiambo musste seine Tuberkulose-Behandlung abbrechen - dabei hatte er schon fünf der für eine Heilung erforderlichen sechs Monate hinter sich gebracht.
Und sein Fall ist keine Ausnahme. Überall auf der Welt habe die Covid-Pandemie den Kampf gegen andere, schwere Krankheiten beeinträchtigt, so Peter Sands. Er ist Direktor des "Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria" – die 2002 ins Leben gerufene, weltweit aktive Stiftung mobilisiert dafür jährlich Milliardenbeträge.
"Es gab Zeiten, in denen ich meine Tabletten nicht im Gesundheitszentrum holen konnte, weil ich das Geld für die Fahrt dahin nicht hatte."
Kevin Odhiambo musste seine Tuberkulose-Behandlung abbrechen - dabei hatte er schon fünf der für eine Heilung erforderlichen sechs Monate hinter sich gebracht.
Und sein Fall ist keine Ausnahme. Überall auf der Welt habe die Covid-Pandemie den Kampf gegen andere, schwere Krankheiten beeinträchtigt, so Peter Sands. Er ist Direktor des "Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria" – die 2002 ins Leben gerufene, weltweit aktive Stiftung mobilisiert dafür jährlich Milliardenbeträge.
"Es gibt Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation und von UNAIDS, denen zufolge werden wegen Covid jährlich einige hunderttausend Menschen mehr an HIV, TB und Malaria sterben. Zusätzlich zu den 2,4 Millionen Opfern, die wir ansonsten schon zu beklagen haben."
Genaue Zahlen gibt es nicht. Das sieht Sands als einen der großen Unterschiede zwischen dem Umgang mit Covid und dem mit den anderen drei Epidemien, die vor allem in den armen Ländern der Welt wüten. Während zumindest für die Industrieländer realitätsnahe Covid-Zahlen tagesaktuell und regional für jedermann verfügbar sind, sterben Menschen, die an Tuberkulose, Aids oder Malaria erkrankt sind – ohne dass sie gezählt werden. Am Ende der Covid-Krise würden es Millionen zusätzliche Tote sein, befürchtet Sands.
Genaue Zahlen gibt es nicht. Das sieht Sands als einen der großen Unterschiede zwischen dem Umgang mit Covid und dem mit den anderen drei Epidemien, die vor allem in den armen Ländern der Welt wüten. Während zumindest für die Industrieländer realitätsnahe Covid-Zahlen tagesaktuell und regional für jedermann verfügbar sind, sterben Menschen, die an Tuberkulose, Aids oder Malaria erkrankt sind – ohne dass sie gezählt werden. Am Ende der Covid-Krise würden es Millionen zusätzliche Tote sein, befürchtet Sands.
"Es ist eine Tatsache, dass die älteren Pandemien, also HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria, nicht verschwunden sind. Sie bringen noch immer Menschen um. Und wegen Covid-19 töten sie noch mehr Menschen. In manchen Ländern, vor allem den ärmsten dieser Welt, werden die Todesfälle, die indirekt durch Covid ausgelöst werden, höher sein als die, die Covid-19 selbst verursacht."
Eine Erhebung, die der "Globale Fonds" im zweiten Halbjahr 2020 in 500 Gesundheitszentren Asiens und Afrikas durchführte, stützen Sands‘ Befürchtungen. So sei die Zahl der HIV-Tests gegenüber dem Vorjahr um 41 Prozent gesunken, Malaria-Diagnosen um ein Drittel und Tuberkulose-Behandlungen um 59 Prozent. Jeder nicht diagnostizierte, nicht behandelte Fall aber habe weitere Ansteckungen zur Folge – ein Teufelskreis. Einer, der durchbrochen werden könnte, denn alle drei Krankheiten seien im Prinzip behandelbar, so Sands.
"In den reichen Ländern der Welt haben wir diese Krankheiten besiegt. Dort sind sie für die Menschen keine Gefahr. In den armen Ländern ist das anders. Doch das hat keine wissenschaftlichen oder biologischen Ursachen, sondern rein politische. Um Abhilfe zu schaffen, brauchen wir Vieles: Zuallererst den politischen Willen, dann die Ressourcen und das Vertrauen in die Wissenschaft. Und schließlich die verlässliche Zusage, Diagnosen, Behandlung und Gesundheitssysteme zu finanzieren, die das bewältigen sollen. Das alles wäre notwendig."
Doch die Realität sieht anders aus. Gerade in den armen Ländern werden die ohnehin knappen Ressourcen heute in die Bekämpfung von Covid-19 gesteckt. Andere verheerende Infektionskrankheiten spielten auf einmal kaum noch eine Rolle, beklagt Carol Nawina. Sie kämpft in ihrer Heimat Sambia seit langem für die effektivere Bekämpfung von Tuberkulose.
"Es ist ungerecht gerade für die unter uns, die von Tuberkulose betroffen sind. Unsere Regierungen spielen die eine Krankheit gegen die andere aus. Das haben wir in der jüngsten Vergangenheit gesehen. Ressourcen, medizinisches Personal, Ausrüstung, Experten sind von den Tuberkulose-Programmen zur Covid-19-Bekämpfung abgezogen worden."
Für Nawina, die eine zivilgesellschaftliche Allianz afrikanischer Organisationen zur Bekämpfung von Tuberkulose gegründet hat, ist der Grund klar: Auf globaler und lokaler Ebene treffe Tuberkulose vor allem Benachteiligte, um die sich schon vor der Covid-Pandemie niemand gekümmert habe.
"Tuberkulose wird als Krankheit der Armen empfunden. Die meisten Länder, in denen TB auftritt, sind die Länder, in denen die Regierungen kein Geld für Forschung und Diagnostik haben. Covid dagegen betrifft die ganze Welt, auch die großen Tiere, die Leute mit dem Geld. Tuberkulose ist jetzt nicht mehr als das arme Stiefkind von Covid, und wir müssen versuchen, irgendwie ein bisschen von den vergleichsweise riesigen Covid-Hilfsgeldern abzubekommen."
"In den reichen Ländern der Welt haben wir diese Krankheiten besiegt. Dort sind sie für die Menschen keine Gefahr. In den armen Ländern ist das anders. Doch das hat keine wissenschaftlichen oder biologischen Ursachen, sondern rein politische. Um Abhilfe zu schaffen, brauchen wir Vieles: Zuallererst den politischen Willen, dann die Ressourcen und das Vertrauen in die Wissenschaft. Und schließlich die verlässliche Zusage, Diagnosen, Behandlung und Gesundheitssysteme zu finanzieren, die das bewältigen sollen. Das alles wäre notwendig."
Doch die Realität sieht anders aus. Gerade in den armen Ländern werden die ohnehin knappen Ressourcen heute in die Bekämpfung von Covid-19 gesteckt. Andere verheerende Infektionskrankheiten spielten auf einmal kaum noch eine Rolle, beklagt Carol Nawina. Sie kämpft in ihrer Heimat Sambia seit langem für die effektivere Bekämpfung von Tuberkulose.
"Es ist ungerecht gerade für die unter uns, die von Tuberkulose betroffen sind. Unsere Regierungen spielen die eine Krankheit gegen die andere aus. Das haben wir in der jüngsten Vergangenheit gesehen. Ressourcen, medizinisches Personal, Ausrüstung, Experten sind von den Tuberkulose-Programmen zur Covid-19-Bekämpfung abgezogen worden."
Für Nawina, die eine zivilgesellschaftliche Allianz afrikanischer Organisationen zur Bekämpfung von Tuberkulose gegründet hat, ist der Grund klar: Auf globaler und lokaler Ebene treffe Tuberkulose vor allem Benachteiligte, um die sich schon vor der Covid-Pandemie niemand gekümmert habe.
"Tuberkulose wird als Krankheit der Armen empfunden. Die meisten Länder, in denen TB auftritt, sind die Länder, in denen die Regierungen kein Geld für Forschung und Diagnostik haben. Covid dagegen betrifft die ganze Welt, auch die großen Tiere, die Leute mit dem Geld. Tuberkulose ist jetzt nicht mehr als das arme Stiefkind von Covid, und wir müssen versuchen, irgendwie ein bisschen von den vergleichsweise riesigen Covid-Hilfsgeldern abzubekommen."
Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger
Dort, wo die "Krankheit der Armen" wütet, werden ihre Opfer immer ärmer. In Mathare, einem der größten Slums von Nairobi, haben wegen der Corona-Krise viele ihre Jobs verloren - und hungern. Die deutsche Hilfsorganisation "German Doctors" versorgt besonders Notleidende mit einer warmen Mahlzeit am Tag. Die Organisation hat auch ein HIV-Programm, das Maureen Githuka leitet.
"Die schwerwiegendste Folge der Corona-Pandemie für unsere Patienten ist: Sie haben im Moment große Mühe, in unser ambulantes Krankenhaus zu kommen."
Hinzu kommt der Hunger: Viele Menschen können sich nicht mehr genug zu essen leisten. Etliche ihrer Patienten hätten mehr als zehn Prozent ihres Gewichts verloren, sagt Githuka. Das macht sie zusätzlich für Krankheiten anfällig.
Weniger HIV-Tests, weniger Behandlungen, davon berichtet auch die Ärztin Cornelia Ochola. Sie arbeitet im HIV/Aids-Programm der Organisation "Centre for Health Solutions Kenya", kurz CHS, die vor allem von der US-amerikanischen Entwicklungsorganisation "US-AID" finanziert wird.
"Die schwerwiegendste Folge der Corona-Pandemie für unsere Patienten ist: Sie haben im Moment große Mühe, in unser ambulantes Krankenhaus zu kommen."
Hinzu kommt der Hunger: Viele Menschen können sich nicht mehr genug zu essen leisten. Etliche ihrer Patienten hätten mehr als zehn Prozent ihres Gewichts verloren, sagt Githuka. Das macht sie zusätzlich für Krankheiten anfällig.
Weniger HIV-Tests, weniger Behandlungen, davon berichtet auch die Ärztin Cornelia Ochola. Sie arbeitet im HIV/Aids-Programm der Organisation "Centre for Health Solutions Kenya", kurz CHS, die vor allem von der US-amerikanischen Entwicklungsorganisation "US-AID" finanziert wird.
"Einige Gesundheitszentren wurden geschlossen, um sie zu desinfizieren. Andere wurden in Corona-Testzentren umgewandelt." Oder sie mussten schließen, weil jemand von den Angestellten Corona-positiv getestet worden war. Und selbst wenn sie offen waren, wurden weniger Patientinnen und Patienten behandelt, um die durch Corona bedingten Abstandsregeln einhalten zu können. In den wenigen Laboren, die es in Kenia gibt, werden heute vor allem Corona-Tests ausgewertet - HIV- oder Tuberkulose-Tests stehen hintan. Auch finanziell litten die HIV/Aids-Programme in Kenia unter der Corona-Pandemie, sagt Ochola:
"Das ist ein wirklich großes Problem. Dass viel Geld für die Bekämpfung der Corona-Pandemie umgeleitet wurde. Die HIV/Aids-Programme und die Medikamente werden vor allem von ausländischen Gebern bezahlt. Was diese Zahlungen angeht, haben wir keine großen Veränderungen bemerkt. Aber die Angebote des Gesundheitsministeriums, also der kenianischen Regierung, wurden deutlich heruntergefahren. Stattdessen fließt viel Geld in die Bekämpfung der Corona-Pandemie."
Wako Erjsa redet das noch nicht einmal schön. Der Mediziner leitet das Programm gegen Tuberkulose, andere Lungenerkrankungen und Lepra des kenianischen Gesundheitsministeriums. Die HIV/Aids-Programme fallen nicht direkt in seine Zuständigkeit. Die Situation aber sei ähnlich, sagt er.
"Es gibt einen überwältigenden Bedarf an allem – wegen der Covid-19-Pandemie: an Ressourcen aller Art, einschließlich des Personals, das sich mit Tuberkulose und anderen Krankheiten befasst. Wir müssen die medizinischen Angestellten jetzt für Tests und die Behandlung von Menschen mit einer vermuteten oder diagnostizierten Covid-19-Infektion einsetzen. Der Vorrat an medizinischen Materialien und Materialien fürs Labor ist ebenfalls begrenzt. Und Geld, das wir für Programme zur Behandlung anderer Krankheiten eingeplant hatten, haben wir umgeleitet, um die Corona-Pandemie unter Kontrolle zu kriegen."
Die Folgen sind drastisch. Nach Hochrechnungen des Ministeriums wurden für das vergangene Jahr alleine 140.000 Tuberkulose-Infektionen erwartet, darunter etwa 2.500 Fälle, die Arzneimittel resistent sind. Tatsächlich wurden nur halb so viele Fälle entdeckt, nämlich 72.900, darunter gut 900 resistente Erreger. Die übrigen blieben unerkannt und breiteten sich vermutlich weiter aus.
Verhindert werden könnte eine solche Ausbreitung mit einem Impfstoff, so wie es die Strategie gegen Covid-19 vorsieht. Doch der einzige Impfstoff gegen Tuberkulose ist 100 Jahre alt. Am 18. Juli 1921 verabreichten die französischen Ärzte Albert Calmette und Camille Guérin die erste Dosis des nach ihnen benannten Impfstoffs BCG. Seither habe sich gezeigt, dass der Impfstoff nur begrenzt wirke, sagt der Mediziner Suvanand Sahu. Er ist stellvertretender Direktor der "Stop TB Partnership", einer weltweiten Allianz aus Hilfsorganisationen.
"Der BCG-Impfstoff schützt vor den schwersten Formen der Tuberkulose, vor allem bei Säuglingen und Kindern. Aber gegen die Infektionen bei Jugendlichen und Erwachsenen hilft er kaum, ebenso gegen andere TB-Varianten. Und schließlich verhütet der Impfstoff auch nicht die Übertragung der Tuberkulose."
In der Folge war Tuberkulose bis zum Auftreten von Covid-19 die tödlichste Infektionskrankheit weltweit. In den vergangenen 200 Jahren hat sie geschätzt mehr als eine Milliarde Menschen das Leben gekostet. Bis heute infizieren sich jedes Jahr 10 Millionen Menschen an der schweren und oftmals tödlich verlaufenden Lungenkrankheit. Wenn Sahu sich ansieht, dass innerhalb weniger Monate ein Covid-19-Impfstoff entwickelt und verabreicht wurde, wird er beinahe wütend.
"Dass die Welt es im vergangenen Jahr geschafft hat, sichere und effektive Impfstoffe gegen Covid-19 zu entwickeln, ist beeindruckend und überraschend, ein Grund zum Feiern. Aber jetzt brauchen wir das gleiche Engagement und die gleichen Ressourcen, um einen Impfstoff gegen eine weitere tödliche, durch die Luft übertragene Infektionskrankheit zu entwickeln! Nämlich Tuberkulose. Sie wütet seit Jahrhunderten und tötet jeden Tag 4.000 Menschen, darunter 700 Kinder."
Häufige Wirkungslosigkeit von Medikamenten bei multiresistenter TBC
Ein neuer, effizienter Impfstoff wäre auch deshalb besonders wichtig, weil die Medikamente gegen die bakterielle Infektion oft nicht mehr wirken. Wer an einer multiresistenten Tuberkulose erkrankt, kann nicht mehr behandelt werden. Ein Impfstoff hingegen würde auch vor den resistenten Stämmen schützen, sagt Sahu. Und er würde dabei helfen, das Ziel zu erreichen, das die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen vor fünf Jahren formuliert haben: Ein Ende der Tuberkulose weltweit bis zum Jahr 2030. Doch die dafür versprochenen Mittel fehlten bis heute.
"Nur 117 Millionen US-Dollar wurden 2019 in die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Tuberkulose investiert. Eigentlich hätten es 550 Millionen im Jahr sein müssen. Es steht also nur rund ein Fünftel des Geldes zur Verfügung, das eigentlich gebraucht wurde, um einen neuen TB-Impfstoff zu finden. Im Vergleich: In die Erforschung von Covid-19 Impfstoffen sind im vergangenen Jahr mehr als 100 Milliarden US-Dollar geflossen."
David Lewinsohn, Medizinprofessor an der Universität von Oregon in den USA, verfolgt die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Tuberkulose seit Jahrzehnten. 2018 habe ein amerikanischer Pharmakonzern einen vielversprechenden Impfstoff getestet, der TB-Infizierten in einem Feldversuch verabreicht wurde.
"Der Versuch zeigte bei den Probanden eine um die Hälfte verringerte Ansteckungsrate mit TB über zwei Jahre hinweg. Das ist extrem aufregend, und das erste Mal, dass ein Impfstoff auch Jugendliche und Erwachsene schützt. Aber schauen wir zurück: Dieser Impfstoff wurde in den späten 90-er Jahren entdeckt. Also hat es 20 Jahre gedauert, bis wir von der Entwicklung zu vielversprechenden Ergebnissen in der Anwendung kamen. Bei Covid dauerte es weniger als einhundert Tage."
Lewinsohn hofft, dass bei der Entwicklung neuer Impfstoffe gegen Tuberkulose und andere Krankheiten aus den Erfahrungen mit dem Covid-Impfstoff gelernt wird. Dazu gehöre die Entwicklung von Impfstoffen in öffentlich-privaten Partnerschaften.
"Ein Beispiel: Biontech, einer der Entwickler des RNA-Impfstoffs gegen Covid-19, entwickelt jetzt mit Unterstützung der Gates-Stiftung einen neuen Impfstoff gegen Tuberkulose. Das ist die Art von Investitionen, die wir brauchen, zusätzlich zu einer viel größeren Kapazität, um Impfstoffe zu prüfen, zu lizensieren und gerecht zu verteilen."
Aktuell gibt es 15 Impfstoffe, die auf ihre Wirksamkeit gegen Tuberkulose geprüft werden. Reif für die Zulassung ist noch keiner. Für Peter Sands, den Direktor des "Globalen Fonds", stellt der schleppende Umgang mit der TB-Bekämpfung eine Gefahr dar, die global ist und längst nicht nur die armen Länder betrifft.
"Wir schaffen ein Risiko für uns selbst, wenn wir uns nicht um die Bekämpfung der Tuberkulose kümmern. Denn schon heute gibt es multiresistente Stämme, die extrem schwer zu behandeln sind. Selbst in den besten Krankenhäusern dieser Welt liegt die Lebenserwartung bei vielleicht fünfzig Prozent, wenn du daran erkrankst."
Kevin Odhiambo aus Mukuru kwa Njenga, der seine Tuberkulose-Behandlung in der Covid-Krise abbrechen musste, hatte dagegen gleich doppeltes Glück: In seinem Fall wurden die Tuberkulose-Erreger durch die Unterbrechung nicht resistent. Und er kann wieder arbeiten. Unter der Einhaltung von Schutzvorkehrungen ist er in seiner Nachbarschaft wieder unterwegs, klärt auf über HIV und Tuberkulose. Was gegen Covid-19 hilft, etwa die Masken, hilft in den Armenvierteln von Nairobi auch gegen die Übertragung von TB. Und Informationsveranstaltungen oder Fortbildungen für die Helfer finden auch hier immer öfter online auf dem Handy statt.
Radiospots flankieren außerdem Odhiambos Arbeit. Helfer wie er dürfen die Bevölkerung aber auch wieder direkt ansprechen, wenn auch in kleineren Gruppen. Odhiambo hat damit wieder ein kleines Einkommen – kann sich etwas zu essen leisten, fühlt sich kräftiger. Und er nimmt wieder Medikamente gegen Tuberkulose. Vier Monate lang muss er noch durchhalten. Dann ist er hoffentlich vollständig genesen.
"Ich bin glücklich, weil ich die Behandlung abschließen werde."
"Nur 117 Millionen US-Dollar wurden 2019 in die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Tuberkulose investiert. Eigentlich hätten es 550 Millionen im Jahr sein müssen. Es steht also nur rund ein Fünftel des Geldes zur Verfügung, das eigentlich gebraucht wurde, um einen neuen TB-Impfstoff zu finden. Im Vergleich: In die Erforschung von Covid-19 Impfstoffen sind im vergangenen Jahr mehr als 100 Milliarden US-Dollar geflossen."
David Lewinsohn, Medizinprofessor an der Universität von Oregon in den USA, verfolgt die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Tuberkulose seit Jahrzehnten. 2018 habe ein amerikanischer Pharmakonzern einen vielversprechenden Impfstoff getestet, der TB-Infizierten in einem Feldversuch verabreicht wurde.
"Der Versuch zeigte bei den Probanden eine um die Hälfte verringerte Ansteckungsrate mit TB über zwei Jahre hinweg. Das ist extrem aufregend, und das erste Mal, dass ein Impfstoff auch Jugendliche und Erwachsene schützt. Aber schauen wir zurück: Dieser Impfstoff wurde in den späten 90-er Jahren entdeckt. Also hat es 20 Jahre gedauert, bis wir von der Entwicklung zu vielversprechenden Ergebnissen in der Anwendung kamen. Bei Covid dauerte es weniger als einhundert Tage."
Lewinsohn hofft, dass bei der Entwicklung neuer Impfstoffe gegen Tuberkulose und andere Krankheiten aus den Erfahrungen mit dem Covid-Impfstoff gelernt wird. Dazu gehöre die Entwicklung von Impfstoffen in öffentlich-privaten Partnerschaften.
"Ein Beispiel: Biontech, einer der Entwickler des RNA-Impfstoffs gegen Covid-19, entwickelt jetzt mit Unterstützung der Gates-Stiftung einen neuen Impfstoff gegen Tuberkulose. Das ist die Art von Investitionen, die wir brauchen, zusätzlich zu einer viel größeren Kapazität, um Impfstoffe zu prüfen, zu lizensieren und gerecht zu verteilen."
Aktuell gibt es 15 Impfstoffe, die auf ihre Wirksamkeit gegen Tuberkulose geprüft werden. Reif für die Zulassung ist noch keiner. Für Peter Sands, den Direktor des "Globalen Fonds", stellt der schleppende Umgang mit der TB-Bekämpfung eine Gefahr dar, die global ist und längst nicht nur die armen Länder betrifft.
"Wir schaffen ein Risiko für uns selbst, wenn wir uns nicht um die Bekämpfung der Tuberkulose kümmern. Denn schon heute gibt es multiresistente Stämme, die extrem schwer zu behandeln sind. Selbst in den besten Krankenhäusern dieser Welt liegt die Lebenserwartung bei vielleicht fünfzig Prozent, wenn du daran erkrankst."
Kevin Odhiambo aus Mukuru kwa Njenga, der seine Tuberkulose-Behandlung in der Covid-Krise abbrechen musste, hatte dagegen gleich doppeltes Glück: In seinem Fall wurden die Tuberkulose-Erreger durch die Unterbrechung nicht resistent. Und er kann wieder arbeiten. Unter der Einhaltung von Schutzvorkehrungen ist er in seiner Nachbarschaft wieder unterwegs, klärt auf über HIV und Tuberkulose. Was gegen Covid-19 hilft, etwa die Masken, hilft in den Armenvierteln von Nairobi auch gegen die Übertragung von TB. Und Informationsveranstaltungen oder Fortbildungen für die Helfer finden auch hier immer öfter online auf dem Handy statt.
Radiospots flankieren außerdem Odhiambos Arbeit. Helfer wie er dürfen die Bevölkerung aber auch wieder direkt ansprechen, wenn auch in kleineren Gruppen. Odhiambo hat damit wieder ein kleines Einkommen – kann sich etwas zu essen leisten, fühlt sich kräftiger. Und er nimmt wieder Medikamente gegen Tuberkulose. Vier Monate lang muss er noch durchhalten. Dann ist er hoffentlich vollständig genesen.
"Ich bin glücklich, weil ich die Behandlung abschließen werde."