500 bis 600 Malariapatienten pro Jahr – so viele Fälle hat das Robert-Koch-Institut in den letzten Jahren im Schnitt in Deutschland registriert. Die Zahl hat sich in den vergangenen beiden Jahren allerdings verdoppelt, sagt Camilla Rothe, Oberärztin in der Sektion für Tropenmedizin und Infektiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
"Der Großteil dieses Anstiegs ist zu erklären durch Patienten, die aus Eritrea kommen, also konkret Flüchtlinge aus Eritrea. Wir haben noch etwas anderes beobachtet, dass ein Parasit, den wir sonst sehr selten gesehen haben, unter drei Prozent der Fälle, dass der jetzt über 30 Prozent einnimmt: sogenanntes Plasmodium vivax, eine andere Malariaform."
Früher brachten Reisende fast immer einen anderen Erreger mit nach Deutschland: Plasmodium falciparum, den Erreger der schwersten, der lebensgefährlichen Malaria-Form. Plasmodium vivax löst ein etwas anderes Krankheitsbild aus, auf solche Patienten müssen sich Ärzte hierzulande verstärkt einstellen.
"Unsere Flüchtlinge kommen natürlich überall in der Republik an, manchmal auch in kleinen Krankenhäusern, wo man keine Spezialabteilung für Tropenmedizin hat. Es ist ja nun auch exotisch, das heißt, wenn da so ein fieberhafter junger Mann da sitzt, dann kommt man vielleicht nicht gleich auf eine Malaria, wenn man das nicht so auf dem Spektrum hat, weil das sonst dort ja fast nie gesehen wird."
Differenzierte Behandlung erforderlich
Hinzu kommt, dass Patienten, die mit Plasmodium vivax infiziert sind, eine andere Behandlung benötigen. Denn dieser Malaria-Parasit zirkuliert zwar in der akuten Phase im Blut, er setzt sich aber zudem oft in der Leber fest und kann die Krankheit immer wieder aufflammen lassen. Wenn die Ärzte ihn aus dem Blut entfernt haben, muss Teil zwei der Behandlung folgen. Sie erfordert einen zusätzlichen Test und ein besonderes Medikament.
"Das ist nämlich in Deutschland gar nicht auf dem Markt, muss also aus dem Ausland importiert werden. Das sind ja zudem Flüchtlinge, wo also auch noch eine Umverteilung stattfindet von der Erstaufnahme in eine Folgeeinrichtung, das heißt, die ziehen oft um, die Folgetherapie findet oft nicht statt, sodass eritreische Patienten in Deutschland mehrere Schübe haben, bis dann die Krankheit sozusagen endgültig behandelt werden kann. Es ist also ein Versorgungsproblem."
Plasmodium vivax war bis nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Deutschland heimisch. Der Malariaerreger wurde inzwischen ausgerottet, die Überträger gibt es immer noch, sagt Helge Kampen, Fachmann für Insekten und Spinnentiere, die Krankheiten übertragen können. Er arbeitet am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems.
"Wir haben hier Mückenarten, die Malariaerreger übertragen können, also Einzelfälle von Malaria sind möglich, sind auch schon passiert in Deutschland. Die Chance, dass einheimische Anophelesmücken hier in Deutschland sich infizieren und eine Malariainfektion weitertragen, ist vorhanden, sie ist nicht gleich null, aber sie ist gering."
Infoveranstaltungen für Ärzte
Wenn sie Flüchtlinge behandeln, müssen Ärzte also hierzulande künftig an Malaria denken, aber auch an andere Krankheiten, die in Deutschland selten geworden sind – allen voran die Tuberkulose. Um ihre Kollegen zu sensibilisieren, bieten Tropenmediziner wie Camilla Rothe Informationsveranstaltungen an.
"Wir sind momentan sehr aktiv, werden auch viel angefragt für Vorträge, es wurde hier lokal auch ein flüchtlingsmedizinisches Wochenende veranstaltet, wo also die ganzen unterschiedlichen Aspekte bei der Flüchtlingsversorgung beleuchtet worden sind. Da geht es ja nicht nur um ansteckende Krankheiten, da geht es ja auch um kulturelle Barrieren, da geht es um ganz besondere Dinge, wie Beschneidung bei Frauen, muss man also auf gynäkologische Aspekte hinweisen, da geht es um Umgang mit Krankheiten, das ist ein ganz vielfältiges und sehr interessantes Thema. Also da tut sich schon viel in der Ärzteschaft."