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Malerei von Otto Waalkes
Pinseln wie die alten Meister

Otto Waalkes gehört zu den populärsten Deutschen - und ist ein Multitalent. Die Beschäftigung mit bildender Kunst und das Selber-Malen sei ein wichtiger Strang seiner über 50-jährigen Karriere, sagte der bald 70-jährige Komiker bei der Vorstellung seiner gesammelten Werke in der Frankfurter Caricatura.

Von Peter Backof |
    Ein Besucher betrachtet das Gemälde "Der Schrei" im Caricatura Museum Frankfurt. Anlässlich des 70. Geburtstags des Komikers und Zeichners Otto Waalkes am 22. Juli präsentiert das Caricatura Museum zum Teil unbekannte Werke seiner komischen Zeichnerei.
    Edvard Munchs "Der Schrei", der rote Hund von Jeff Koons, Hokusais Welle vor dem Fuji - Otto Waalkes hat in seiner Ausstellung im Caricatura Museum Frankfurt viele bedeutende Werke aus der Kunstgeschichte zitiert (Fabian Sommer/dpa)
    Die ostfriesische Nationalflagge "Weißer Adler auf weißem Grund" gibt es tatsächlich gemalt. Gekonnt geblödelt, mit einem Seitenblick die Wirkung im Publikum überprüfend und sofort zwei, drei Anschlussgags nachlegend, bleibt sich Otto Waalkes treu. Sprechchöre und roten Teppich für ihn gibt es indes nicht bei der Vorstellung seiner gesammelten Werke und Zeichnungen in der Frankfurter "Caricatura". Man ist hier zwar nicht in der benachbarten Schirn - das Museum mit dem ungleich seriöseren Kunst-Anspruch -, aber die Journalisten wollen schon wissen, da Otto gerade in den jüngsten Jahren Hunderte von Tafelbildern ins Werk gesetzt hat: Warum macht er das und was ist daran Kunst?
    "Das Malgefühl ist das Vergessen der Zeit"
    "Es ist Meditation für mich. Das Malgefühl ist eben das Vergessen der Zeit um dich herum. Du malst und hast dein Ziel vor Augen - und trotzdem ist es nie fertig", sagt Otto Waalkes. "Immer wieder versuchst du, Schicht für Schicht was zu korrigieren, und du vergisst plötzlich die Zeit: 'Oh, vor drei Stunden wollte ich doch, hatte ich doch eine Verabredung.' Jetzt sehe ich es so geballt hier hängen und könnte vor jedem Bild verharren und mich freuen darüber."
    Das Malen als Kanal für den Menschen Otto Waalkes, der dann ganz bei sich selber sein kann und mal nicht den Blödel-Star geben muss. Zwar sagt er, man solle da bloß nicht zu viel herumpsychologisieren und hineininterpretieren - und 99 Prozent der rund 200 Exponate in der Caricatura sind Persiflagen, gemalte Gags mit dem Motto "Der Ottifant erobert die Kunstgeschichte" -, aber: Wenn man seinen fragenden Blick so sieht, in einem Bild, dann meint man fast, ein Seelen-Fensterchen bei ihm aufgetan zu haben. Also was ist für ihn daran Kunst?
    Das Handwerkliche als Herausforderung
    "Das ist ein Selfie, aber es ist ja eine Cézanne-Vorlage. Er versucht jetzt, den Ottifanten herzustellen. Das gelingt ihm nicht so richtig; daher der Gesichtsausdruck: 'Verdammt, ich konnte das doch schon mal!' Scheint eine Alterserscheinung zu sein. Aber irgendwann ist es ihm doch dann wieder gelungen, da sieht es schon wieder gut aus."
    Das Bild von Otto Waalkes "Sitting in the morning sun" hängt in der "Otto"-Ausstellung im Caricatura Museum in Frankfurt/M.
    Das Bild von Otto Waalkes "Sitting in the morning sun" hängt in der "Otto"-Ausstellung im Caricatura Museum in Frankfurt/M. (Otto Waalkes)
    Das Handwerkliche als Herausforderung: Kann ich eigentlich malen? Oder noch malen? Otto Waalkes hatte - großer Zeitsprung! - vor und am Anfang seiner Komiker-Karriere acht Semester Kunstpädagogik studiert. Die ersten Auftritte sollten eigentlich nur das Studium finanzieren. Und dann ist das gekippt, und die Bühnenfigur "Otto" hat sich verselbstständigt, erfährt man in der Ausstellung, die auch eine Würdigung zum kommenden 70. Geburtstag im Sommer ist. Ein rund 40 Jahre altes Porträt sticht da heraus. Kein Ottifant, keine Parodie eines Meisters, ganz ernste Geste:
    "Das Mädchen ist meine erste Freundin in Hamburg, von der Seite gemalt. Das war schon die Technik, die ich da gelernt hatte, die sogenannte Misch-Maltechnik: Tempera-Untermalung und dann mit Öl lasierend darüber, um gewisse stoffliche Unterschiede zu erreichen, Texturunterschiede wie Wolle, Seide, Pelz, ja. Das geht damit, mit dieser Technik. Das haben die alten Meister gut drauf gehabt."
    Ein Meister des Merchandisings
    So sieht das Mädchen mit der Mütze, Hamburg um 1970, fast aus wie das aus Florenz um 1570. Otto malt und parodiert geschickt. Die berühmte Welle von Hokusai, diese Holzschnittszene vor dem Fujiyama, hat er - mal abgesehen von dem Postkarten-Gag, dass dort ein Ottifant surft - gut erwischt. Freilich ist und war Otto immer schon auch ein Meister des Merchandisings. Wie Plüsch-Ottifanten ließe sich das meiste in der Frankfurter Schau wunderbar verwerten, mit dem Ottifanten als unverkennbarem Logo des Produkte-Ottiversums darauf. Aber bereits Albrecht Dürer, in der von Otto am liebsten zitierten Alte-Meister-Zeit, agierte genauso: Reproduzieren, Logo drauf - und ab auf den Markt! Otto will sich und anderen eine Freude machen und hat - in einem bemerkenswerten Werk - den roten Hund von Pop-Art-Star Jeff Koons kopiert, diesen Hund, der aus aufgeblasenen Ballons besteht und für manche der Inbegriff aufgeblasener Kunst ist.
    Das Bild von Otto Waalkes "Her Desire II" hängt in der "Otto"-Ausstellung im Caricatura Museum in Frankfurt/M.
    Das Bild von Otto Waalkes "Her Desire II" hängt in der "Otto"-Ausstellung im Caricatura Museum in Frankfurt/M. (Otto Waalkes)
    "Er wird verspottet vom Feuilleton. Ich finde seine Arbeiten interessant. Das hat mir gut gefallen von der Perspektive her, von den Reflexionen her. So habe ich es gesehen und ich habe versucht, den Ottifanten mit einzubringen: Gewicht bekommen! Künstlerisch wertvoll!"
    Eine Figur, die selber Kunst ist
    Selbstironisch und am Ende nicht allzu unbefangen gegenüber der eigenen kunsthistorischen Bedeutung; man erfährt einiges in zwei Etagen, zum Beispiel, dass der Ottifant als missglücktes Selbstporträt des Schuljungen entstand. Oder man kann nostalgisch werden, bei den vielen gezeichneten Kalauern aus "Otto, das Buch", als Otto noch - wie es in einem Spiegel-Titel in den 80ern hieß - "Lachmann der Nation" war. Insgesamt ist es eine Verneigung vor diesem Gesamtkunstwerk Otto, der den deutschen Humor sehr verändert und geprägt hat. Mensch oder Rolle - ist das nicht eins bei Otto?
    "Ja, die Mütze tief ins Gesicht gezogen, Sonnenbrille auf, na, es geht schon: Im Museum lassen sie einen schon ziemlich in Ruhe. Neulich war ich in München, wo war das? Pinakothek! Und da stand eine Menschenmenge, da rief plötzlich jemand: Da ist Otto! Und alle drehten sich um und schauten mich an. Ich wurde ganz verlegen. Vielleicht hätte ich doch nicht so laut rufen sollen."