Ein Innenhof in der nordmalischen Stadt Gao. In den einstöckigen Lehmhäusern rund um den kleinen Platz leben mehrere Familien, die draußen zusammenkommen, sobald die Hitze am Nachmittag etwas nachlässt. Gao ist eine staubige 90.000-Einwohner-Stadt am Rande der Sahara. Tagsüber herrschen hier Temperaturen von über 40 Grad.
Gerade sind die Frauen dabei, die rußgeschwärzten Töpfe zu spülen, die sie für die Zubereitung des Mittagessens gebraucht haben. In einem der Häuser lebt der Lehrer, Journalist und Musiker Oumar Maiga, der von allen "Tchico" genannt wird. Er zeigt seinem Cousin Idrissa Maiga einen Film, den er mit seiner Handykamera aufgenommen hat.
"Bevor sie jemanden hinrichten, zählen sie alle seine vermeintlichen Sünden auf."
Die verpixelte Aufnahme zeigt die öffentliche Enthauptung eines Mannes. Es handelt sich um eins von vielen Scharia-Urteilen, die im vergangenen Jahr in Gao vollzogen wurden. Kämpfer der islamistischen Miliz MUJAO, auf Deutsch "Bewegung für Einheit und Heiligen Krieg in Westafrika" hielten Gao rund neun Monate lang besetzt.
Der ganze Norden des Landes wurde von islamistischen Milizen kontrolliert: neben der MUJAO auch von der "Al Qaida im Islamischen Maghreb" und der "Ansar Dine", auf Deutsch "Verteidiger des Glaubens". Ende Januar intervenierte die französische Armee; binnen weniger Wochen wurden Gao und der Rest des Landes befreit. Allerdings sind die Islamisten immer noch stark genug, um regelmäßig Selbstmordattentate zu verüben.
"Das da ist der Prediger der MUJAO. Er liest gerade auf Arabisch aus dem Koran vor."
Außer dem Prediger stehen zwei weitere Milizionäre hinter dem Opfer, sie tragen Armee-Uniformen und haben ihr Gesicht vermummt. Der Beschuldigte kniet auf dem Boden, die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Er hat die Augen verbunden, hält den Kopf gesenkt und rührt sich nicht. Nach dem Ende der Tirade von Beschuldigungen setzen sie an und säbeln dem Mann seinen Kopf ab.
Fassungslos fragt Idrissa, ob die Hinrichtung öffentlich war.
"Ja, das war öffentlich. Die halbe Stadt war da."
Vollstreckt wurden die Urteile auf dem "Platz der Unabhängigkeit" im Zentrum der Stadt, den die Bevölkerung nur noch "Platz der Scharia" nannte. Jetzt hat er seinen alten Namen zurück, und allabendlich treibt die Bevölkerung dort wie eh und je Sport.
Gerade sind die Frauen dabei, die rußgeschwärzten Töpfe zu spülen, die sie für die Zubereitung des Mittagessens gebraucht haben. In einem der Häuser lebt der Lehrer, Journalist und Musiker Oumar Maiga, der von allen "Tchico" genannt wird. Er zeigt seinem Cousin Idrissa Maiga einen Film, den er mit seiner Handykamera aufgenommen hat.
"Bevor sie jemanden hinrichten, zählen sie alle seine vermeintlichen Sünden auf."
Die verpixelte Aufnahme zeigt die öffentliche Enthauptung eines Mannes. Es handelt sich um eins von vielen Scharia-Urteilen, die im vergangenen Jahr in Gao vollzogen wurden. Kämpfer der islamistischen Miliz MUJAO, auf Deutsch "Bewegung für Einheit und Heiligen Krieg in Westafrika" hielten Gao rund neun Monate lang besetzt.
Der ganze Norden des Landes wurde von islamistischen Milizen kontrolliert: neben der MUJAO auch von der "Al Qaida im Islamischen Maghreb" und der "Ansar Dine", auf Deutsch "Verteidiger des Glaubens". Ende Januar intervenierte die französische Armee; binnen weniger Wochen wurden Gao und der Rest des Landes befreit. Allerdings sind die Islamisten immer noch stark genug, um regelmäßig Selbstmordattentate zu verüben.
"Das da ist der Prediger der MUJAO. Er liest gerade auf Arabisch aus dem Koran vor."
Außer dem Prediger stehen zwei weitere Milizionäre hinter dem Opfer, sie tragen Armee-Uniformen und haben ihr Gesicht vermummt. Der Beschuldigte kniet auf dem Boden, die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Er hat die Augen verbunden, hält den Kopf gesenkt und rührt sich nicht. Nach dem Ende der Tirade von Beschuldigungen setzen sie an und säbeln dem Mann seinen Kopf ab.
Fassungslos fragt Idrissa, ob die Hinrichtung öffentlich war.
"Ja, das war öffentlich. Die halbe Stadt war da."
Vollstreckt wurden die Urteile auf dem "Platz der Unabhängigkeit" im Zentrum der Stadt, den die Bevölkerung nur noch "Platz der Scharia" nannte. Jetzt hat er seinen alten Namen zurück, und allabendlich treibt die Bevölkerung dort wie eh und je Sport.
Noch immer Gefahr durch islamistische Selbstmordanschläge
Auf einem asphaltierten Basketballfeld trainieren Mädchen und Jungen gemeinsam. Läufer ziehen entlang des Zauns ihre Runden durch den sandigen Boden. Daneben wird Fußball gespielt. Die 18-jährige Mariam Maiga spielt Basketball.
"Ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt wieder zusammen mit meinen Freunden und Kameraden trainieren kann."
Mariam trägt ein gelbes, ärmelloses T-Shirt und eine knielange Sporthose. Bis vor wenigen Monaten wäre sie ausgepeitscht worden, hätte sie so viel nackte Haut gezeigt. Während der islamistischen Besatzung Gaos wagte sie sich nur verschleiert auf die Straße.
In Gao ist es wegen der Selbstmordanschläge, die jederzeit verübt werden können, weiterhin gefährlich. Dasselbe gilt für die beiden anderen größeren Städte im Norden des Landes, Kidal und Timbuktu.
Trotzdem hat die französische Armee im April mit dem Abzug ihrer zuletzt 4000 Soldaten begonnen. Im Dezember sollen nur noch 1000 im Land stationiert sein. Vor ein paar Tagen verließ ein Konvoi mit Dutzenden von Lkw eine Militärbasis in der Nähe von Bamako und fuhr nach Süden, Richtung Küste. Nachdem sich der Rückzug seit Wochen tröpfchenweise hinzieht, war das die erste große Bewegung französischer Truppen mit dem Ziel, das Land zu verlassen. Tchico bedauert dies.
"Wir haben Angst. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Nur die französischen Soldaten nehmen die Gefahr wirklich ernst, die von den verbliebenen Islamisten ausgeht. Das sind Selbstmordattentäter. Die können sich nachts immer irgendwie in die Stadt schleichen und sich eine Weile lang irgendwo verstecken. Dann gehen sie auf einen belebten Platz und sprengen sich in die Luft, wobei sie möglichst viele Menschen töten. Von den Franzosen wissen wir, dass sie mögliche Attentäter so früh wie möglich entdecken und geplante Massaker vielleicht verhindern können."
Noch ist die französische Armee in Gao sehr präsent; regelmäßig fahren die Konvois Patrouille. Die französischen Soldaten genießen hohe Wertschätzung bei der Bevölkerung, denn nur sie garantieren den Menschen ein hohes Maß an Sicherheit, wozu die unzureichend bewaffnete und schlecht ausgebildete malische Armee nicht in der Lage ist, sagt Tchico.
"Ich will die malische Armee nicht schlecht machen, schließlich sind das meine Landsleute. Sie setzen ihr Leben aufs Spiel, um uns zu retten. Ich weiß, dass sie ja alles versuchen würden, um Tote in der Bevölkerung zu verhindern. Aber bei der Stabilisierung Malis brauchen wir meiner Meinung nach Kontinuität. Die malische Regierung sollte den französischen Präsidenten François Hollande darum bitten, seine Soldaten hier zu lassen. Zumindest einen Großteil von ihnen. Sonst bin ich in Bezug auf unsere künftige Sicherheit wirklich skeptisch."
Viele Malier denken ähnlich wie Tchico. Cyrille Zimmer denkt jedoch anders. Er ist Presseoffizier der französischen Militäroperation "Serval" in Mali.
"Die Situation im Norden von Mali ist ruhig genug, um mit unserem Rückzug beginnen zu können. Diesen Eindruck gewinnen wir jedenfalls während unserer Patrouillen. Selbstverständlich stimmen wir uns mit den anderen Einheiten ab, um kein Vakuum entstehen zu lassen. Wir koordinieren uns mit den Truppen aus dem Tschad, die mit uns gemeinsam in Kidal stationiert sind. Wir stimmen uns auch mit der westafrikanischen Eingreiftruppe MISMA ab, die nach und nach die Zahl der nigerianischen Soldaten in der Stadt Meneka erhöht, und mehr burkinische Soldaten nach Timbuktu verlegt."
Bei ihren Patrouillen stießen die Franzosen auf keinerlei Widerstand mehr, sagt Zimmer. Stattdessen fänden sie immer wieder verlassene Waffen- und Munitionslager. Die Zahl der getöteten Islamisten schätzt Zimmer auf etwa 500. Hinzu kommen nach Angaben der malischen Armee gut 250 Gefangene.
"Ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt wieder zusammen mit meinen Freunden und Kameraden trainieren kann."
Mariam trägt ein gelbes, ärmelloses T-Shirt und eine knielange Sporthose. Bis vor wenigen Monaten wäre sie ausgepeitscht worden, hätte sie so viel nackte Haut gezeigt. Während der islamistischen Besatzung Gaos wagte sie sich nur verschleiert auf die Straße.
In Gao ist es wegen der Selbstmordanschläge, die jederzeit verübt werden können, weiterhin gefährlich. Dasselbe gilt für die beiden anderen größeren Städte im Norden des Landes, Kidal und Timbuktu.
Trotzdem hat die französische Armee im April mit dem Abzug ihrer zuletzt 4000 Soldaten begonnen. Im Dezember sollen nur noch 1000 im Land stationiert sein. Vor ein paar Tagen verließ ein Konvoi mit Dutzenden von Lkw eine Militärbasis in der Nähe von Bamako und fuhr nach Süden, Richtung Küste. Nachdem sich der Rückzug seit Wochen tröpfchenweise hinzieht, war das die erste große Bewegung französischer Truppen mit dem Ziel, das Land zu verlassen. Tchico bedauert dies.
"Wir haben Angst. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Nur die französischen Soldaten nehmen die Gefahr wirklich ernst, die von den verbliebenen Islamisten ausgeht. Das sind Selbstmordattentäter. Die können sich nachts immer irgendwie in die Stadt schleichen und sich eine Weile lang irgendwo verstecken. Dann gehen sie auf einen belebten Platz und sprengen sich in die Luft, wobei sie möglichst viele Menschen töten. Von den Franzosen wissen wir, dass sie mögliche Attentäter so früh wie möglich entdecken und geplante Massaker vielleicht verhindern können."
Noch ist die französische Armee in Gao sehr präsent; regelmäßig fahren die Konvois Patrouille. Die französischen Soldaten genießen hohe Wertschätzung bei der Bevölkerung, denn nur sie garantieren den Menschen ein hohes Maß an Sicherheit, wozu die unzureichend bewaffnete und schlecht ausgebildete malische Armee nicht in der Lage ist, sagt Tchico.
"Ich will die malische Armee nicht schlecht machen, schließlich sind das meine Landsleute. Sie setzen ihr Leben aufs Spiel, um uns zu retten. Ich weiß, dass sie ja alles versuchen würden, um Tote in der Bevölkerung zu verhindern. Aber bei der Stabilisierung Malis brauchen wir meiner Meinung nach Kontinuität. Die malische Regierung sollte den französischen Präsidenten François Hollande darum bitten, seine Soldaten hier zu lassen. Zumindest einen Großteil von ihnen. Sonst bin ich in Bezug auf unsere künftige Sicherheit wirklich skeptisch."
Viele Malier denken ähnlich wie Tchico. Cyrille Zimmer denkt jedoch anders. Er ist Presseoffizier der französischen Militäroperation "Serval" in Mali.
"Die Situation im Norden von Mali ist ruhig genug, um mit unserem Rückzug beginnen zu können. Diesen Eindruck gewinnen wir jedenfalls während unserer Patrouillen. Selbstverständlich stimmen wir uns mit den anderen Einheiten ab, um kein Vakuum entstehen zu lassen. Wir koordinieren uns mit den Truppen aus dem Tschad, die mit uns gemeinsam in Kidal stationiert sind. Wir stimmen uns auch mit der westafrikanischen Eingreiftruppe MISMA ab, die nach und nach die Zahl der nigerianischen Soldaten in der Stadt Meneka erhöht, und mehr burkinische Soldaten nach Timbuktu verlegt."
Bei ihren Patrouillen stießen die Franzosen auf keinerlei Widerstand mehr, sagt Zimmer. Stattdessen fänden sie immer wieder verlassene Waffen- und Munitionslager. Die Zahl der getöteten Islamisten schätzt Zimmer auf etwa 500. Hinzu kommen nach Angaben der malischen Armee gut 250 Gefangene.
Wo verstecken sich die Islamisten?
Vor dem Krieg wurde die Stärke der islamistischen Milizen auf 2000 bis 4000 Mann geschätzt. Unklar ist, wo sich der Großteil dieser Kämpfer heute aufhält. Beobachter vermuten, dass sich eine größere Anzahl der Islamisten in den zerklüfteten und unzugänglichen Bergen im Grenzgebiet zwischen Mali und Algerien verstecken. Zimmer hält das für eher unwahrscheinlich.
"Wir können da nicht jeden Stein umdrehen. Mali ist riesig, die Bergregion weiträumig und außerdem sehr zerklüftet. Es stimmt, dass man sich da gut verbergen kann. Gleichzeitig ist es aber sehr schwer, dort zu überleben. Unser Ziel war es, alle Zonen zu durchkämmen, die bewohnbar sind, oder in denen es zumindest möglich ist, für längere Zeit zu überleben."
Sollten die Islamisten nicht in den Bergen sein – wo sind sie dann? Viele Mitglieder der Al Qaida im Islamischen Maghreb und der MUJAO kamen aus dem Ausland: aus Algerien, Mauretanien, Niger, Nigeria und Libyen. Die Vermutung liegt nahe, dass sie zumindest teilweise in diese Länder zurückgekehrt sind – und den Krieg im schlimmsten Fall dorthin exportieren.
Zwei spektakuläre Anschläge der vergangenen Monate weisen in diese Richtung: im Januar der Überfall auf die Gasfelder im algerischen Aïn Amenas, bei dem mehr als 30 Geiseln getötet wurden und über 20 der islamistischen Angreifer. Verantwortlich war eine relativ junge Terrorgruppe unter dem Kommando des Algeriers Mokhtar Belmokhtar, der bis dahin in Mali gekämpft hatte.
Belmokhtar, der zwischendurch als tot gemeldet worden war, soll auch die Doppelanschläge im Niger befohlen haben. Vor wenigen Tagen sprengten sich dort Selbstmordattentäter zeitgleich vor einer französisch geführten Uranmine in Arlit und einem Militärcamp in Agadez in die Luft. Nach Angaben des nigrischen Präsidenten Mahamadou Issoufou starben 24 Soldaten, ein Zivilist und elf Angreifer. Issoufou ist sich sicher, dass die Angreifer aus Libyen gekommen sind.
Ob der Krieg in Mali in den nächsten Wochen und Monaten auf weitere nordafrikanische Regionen überspringen wird, ist die erste große Frage, die sich stellt, jetzt, wo sich die französische "Opération Serval" in der bisherigen Form ihrem Ende nähert. Und zwei weitere Fragen stellen sich bezogen auf die Zukunft Malis selbst: Wird es gelingen, die relative Ruhe zu halten? Und: Wird es möglich sein, die allem zugrunde liegende politische Krise zu lösen?
"Wir können da nicht jeden Stein umdrehen. Mali ist riesig, die Bergregion weiträumig und außerdem sehr zerklüftet. Es stimmt, dass man sich da gut verbergen kann. Gleichzeitig ist es aber sehr schwer, dort zu überleben. Unser Ziel war es, alle Zonen zu durchkämmen, die bewohnbar sind, oder in denen es zumindest möglich ist, für längere Zeit zu überleben."
Sollten die Islamisten nicht in den Bergen sein – wo sind sie dann? Viele Mitglieder der Al Qaida im Islamischen Maghreb und der MUJAO kamen aus dem Ausland: aus Algerien, Mauretanien, Niger, Nigeria und Libyen. Die Vermutung liegt nahe, dass sie zumindest teilweise in diese Länder zurückgekehrt sind – und den Krieg im schlimmsten Fall dorthin exportieren.
Zwei spektakuläre Anschläge der vergangenen Monate weisen in diese Richtung: im Januar der Überfall auf die Gasfelder im algerischen Aïn Amenas, bei dem mehr als 30 Geiseln getötet wurden und über 20 der islamistischen Angreifer. Verantwortlich war eine relativ junge Terrorgruppe unter dem Kommando des Algeriers Mokhtar Belmokhtar, der bis dahin in Mali gekämpft hatte.
Belmokhtar, der zwischendurch als tot gemeldet worden war, soll auch die Doppelanschläge im Niger befohlen haben. Vor wenigen Tagen sprengten sich dort Selbstmordattentäter zeitgleich vor einer französisch geführten Uranmine in Arlit und einem Militärcamp in Agadez in die Luft. Nach Angaben des nigrischen Präsidenten Mahamadou Issoufou starben 24 Soldaten, ein Zivilist und elf Angreifer. Issoufou ist sich sicher, dass die Angreifer aus Libyen gekommen sind.
Ob der Krieg in Mali in den nächsten Wochen und Monaten auf weitere nordafrikanische Regionen überspringen wird, ist die erste große Frage, die sich stellt, jetzt, wo sich die französische "Opération Serval" in der bisherigen Form ihrem Ende nähert. Und zwei weitere Fragen stellen sich bezogen auf die Zukunft Malis selbst: Wird es gelingen, die relative Ruhe zu halten? Und: Wird es möglich sein, die allem zugrunde liegende politische Krise zu lösen?
Deutsche Beteiligung an europäischer Ausbildungsmission
Ortswechsel. Eine Übung malischer Soldaten in einer Militärschule in Koulikoro 60 Kilometer von der Hauptstadt Bamako entfernt. Das Training ist Teil der europäischen Ausbildungsmission für die malische Armee, kurz EUTM. Deutschland beteiligt sich mit einem Zug Pioniere und garantiert die medizinische Versorgung. Die Ausbildungsmission läuft seit Anfang April und ist der europäische Beitrag bei dem Versuch, die Stabilität in Mali dauerhaft zu garantieren.
Denn die malische Armee ist in einem desolaten Zustand: schlecht trainiert, kaum ausgerüstet, demoralisiert. Durch das Training soll die Truppe so fit gemacht werden, dass sie den Kampf gegen die Islamisten selbst führen kann. Presseoffizier Philippe de Cussac:
"Die malische Armee hat seit drei Jahren keinen einzigen Soldaten mehr ausgebildet. Das lag vor allem daran, dass ihr Material und Geld dazu fehlten. Weil sie schon so lange keine Möglichkeit mehr hatten, etwas zu lernen, sind die malischen Soldaten jetzt mit Begeisterung bei der Sache. Wir bieten ihnen eine Möglichkeit, die sie lange vermisst haben. Die malische Armee hat in den letzten Jahren nur noch von der Substanz gelebt und sich nicht mehr weiterentwickelt. Letztlich ist das wie beim Fahrradfahren: Wenn man aufhört zu treten, fällt man irgendwann um. Und das ist in etwa das, was der malischen Armee passiert ist."
Anfang Juli soll eine UN-Blauhelmmission mit für Sicherheit sorgen. Das Mandat der sogenannten MINUSMA umfasst 12.600 Mann. Die sollen die westafrikanische Eingreiftruppe AFISMA und die Soldaten aus dem Tschad ablösen, die bislang an der Seite Frankreichs kämpften.
Ist die MINUSMA wie geplant ab Anfang Juli vor Ort, fällt ihr sofort eine entscheidende Aufgabe zu: Die UN-Soldaten müssen die Präsidentschaftswahl absichern, die im Juli stattfinden soll. Aber noch immer kontrolliert die Regierung nicht das ganze Land.
Denn die malische Armee ist in einem desolaten Zustand: schlecht trainiert, kaum ausgerüstet, demoralisiert. Durch das Training soll die Truppe so fit gemacht werden, dass sie den Kampf gegen die Islamisten selbst führen kann. Presseoffizier Philippe de Cussac:
"Die malische Armee hat seit drei Jahren keinen einzigen Soldaten mehr ausgebildet. Das lag vor allem daran, dass ihr Material und Geld dazu fehlten. Weil sie schon so lange keine Möglichkeit mehr hatten, etwas zu lernen, sind die malischen Soldaten jetzt mit Begeisterung bei der Sache. Wir bieten ihnen eine Möglichkeit, die sie lange vermisst haben. Die malische Armee hat in den letzten Jahren nur noch von der Substanz gelebt und sich nicht mehr weiterentwickelt. Letztlich ist das wie beim Fahrradfahren: Wenn man aufhört zu treten, fällt man irgendwann um. Und das ist in etwa das, was der malischen Armee passiert ist."
Anfang Juli soll eine UN-Blauhelmmission mit für Sicherheit sorgen. Das Mandat der sogenannten MINUSMA umfasst 12.600 Mann. Die sollen die westafrikanische Eingreiftruppe AFISMA und die Soldaten aus dem Tschad ablösen, die bislang an der Seite Frankreichs kämpften.
Ist die MINUSMA wie geplant ab Anfang Juli vor Ort, fällt ihr sofort eine entscheidende Aufgabe zu: Die UN-Soldaten müssen die Präsidentschaftswahl absichern, die im Juli stattfinden soll. Aber noch immer kontrolliert die Regierung nicht das ganze Land.
Tuareg-Herrschaft über Kidal
Die Stadt Kidal, rund 300 Kilometer nördlich von Gao. Auf dem zentralen Marktplatz werden die Kleinigkeiten des täglichen Bedarfs wie eh und je gehandelt. Dabei ist die Situation hier weiterhin alles andere als normal: Die Stadt ist eine Hochburg der Tuareg-Miliz MNLA. Die begann im Januar 2012 einen Aufstand gegen die Regierung in Bamako und forderte die Unabhängigkeit des Nordens. Davon ist nichts geblieben als die Herrschaft über Kidal – und die will die MNLA um jeden Preis verteidigen.
"Wenn die malische Armee da bleibt, wo sie ist, würde das den Dialog sehr erleichtern."
Ignam ist einer der Kämpfer der MNLA. Obwohl er erst 25 Jahre alt ist, führt er bereits etwa 50 Soldaten. Seine Warnung an die malische Armee ist eindeutig.
"Wenn sie auf Kidal vorrückt, ist alles, was wir zuletzt an Annäherung erreicht haben, zunichte. Einschließlich der Plattform, die wir für einen Dialog miteinander eingerichtet haben. Mit all dem wäre sofort Schluss. Denn die Malier haben uns den Krieg erklärt, einen Krieg, bei dem sie von Frankreich unterstützt werden. Wenn sie also wirklich versuchen sollten, nach Kidal zu kommen, wird die nächste Rebellion beginnen."
Während des Vormarsches von französischen und malischen Truppen nach Norden sollen malische Soldaten mehrfach Racheakte an Tuareg verübt und Menschen exekutiert haben. Das ist es, was Ignam mit seinem Vorwurf meint, die malische Armee habe den Tuareg den Krieg erklärt.
Die Vereinten Nationen äußerten sich angesichts dieser Berichte besorgt. Dank französischer Unterstützung konnte die MNLA schließlich durchsetzen, dass kein malischer Soldat Kidal betreten darf. Stattdessen kämpfen dort Truppen aus dem Tschad an der Seite Frankreichs. Kämpfer der MNLA präsentieren sich als politische und administrative Oberhäupter in der Stadt.
Aber was ist, wenn Frankreich abzieht? Und wie will die malische Regierung durchsetzen, dass auch die Bürger von Kidal an der geplanten Präsidentschaftswahl teilnehmen können?
"Wenn die malische Armee da bleibt, wo sie ist, würde das den Dialog sehr erleichtern."
Ignam ist einer der Kämpfer der MNLA. Obwohl er erst 25 Jahre alt ist, führt er bereits etwa 50 Soldaten. Seine Warnung an die malische Armee ist eindeutig.
"Wenn sie auf Kidal vorrückt, ist alles, was wir zuletzt an Annäherung erreicht haben, zunichte. Einschließlich der Plattform, die wir für einen Dialog miteinander eingerichtet haben. Mit all dem wäre sofort Schluss. Denn die Malier haben uns den Krieg erklärt, einen Krieg, bei dem sie von Frankreich unterstützt werden. Wenn sie also wirklich versuchen sollten, nach Kidal zu kommen, wird die nächste Rebellion beginnen."
Während des Vormarsches von französischen und malischen Truppen nach Norden sollen malische Soldaten mehrfach Racheakte an Tuareg verübt und Menschen exekutiert haben. Das ist es, was Ignam mit seinem Vorwurf meint, die malische Armee habe den Tuareg den Krieg erklärt.
Die Vereinten Nationen äußerten sich angesichts dieser Berichte besorgt. Dank französischer Unterstützung konnte die MNLA schließlich durchsetzen, dass kein malischer Soldat Kidal betreten darf. Stattdessen kämpfen dort Truppen aus dem Tschad an der Seite Frankreichs. Kämpfer der MNLA präsentieren sich als politische und administrative Oberhäupter in der Stadt.
Aber was ist, wenn Frankreich abzieht? Und wie will die malische Regierung durchsetzen, dass auch die Bürger von Kidal an der geplanten Präsidentschaftswahl teilnehmen können?
Präsidentschaftswahlen im Juli
Zurück nach Gao. Regierungschef Diango Cissoko hat sein Kommen angekündigt. Dann ist er endlich da. Er setzt sich vor die wenigen handverlesenen Gästen und spricht:
"Ich bin hier, um euch Menschen in Gao und in den anderen Regionen im Norden zu versichern, dass wir euch nicht vergessen haben. Wir haben euch nicht aufgegeben! Auch nicht in dieser schwierigen Zeit, die hinter uns liegt."
Präfekt und Gouverneur sind auch gekommen, wegen des hohen Besuches sind sie tatsächlich einmal in Gao. Ansonsten macht die Verwaltung sich nach wie vor rar. Jetzt lauschen sie den Worten ihres Regierungschefs.
"Die Präsidentschaftswahl wird im Juli stattfinden. Alle betroffenen Abteilungen des Staates arbeiten mit Hochdruck daran, dass diese Wahl ein Erfolg wird und es in Bezug auf den Termin keine Verzögerungen gibt."
Viele Malier bezweifeln, dass das machbar ist. Cissoko dagegen verspricht nicht nur erfolgreiche Wahlen, sondern noch einiges mehr: Gao werde bald wieder aufgebaut, die Justiz werde sich mit den Verbrechen der Kriegszeit befassen, und die Sicherheit in Mali bleibe auch ohne die Franzosen garantiert.
"Ich war auch in dem Saal, in dem der Premierminister geredet hat. Ehrlich gesagt, mich als Journalisten hat er nicht überzeugt."
Malick Aliou Maiga arbeitet bei dem Radiosender AADAR in Gao.
Der hagere 34-Jährige ist einer der beliebtesten Journalisten in der Stadt, bekannt vor allem für seinen Mut und seine Unbeugsamkeit. Obwohl er die Befreiung von den Islamisten aus tiefstem Herzen begrüßt hat, spart er jetzt nicht mit Kritik an der malischen Übergangsregierung.
"Ich erwarte viel von unserem Regierungschef, er hätte zu vielen Themen Stellung nehmen müssen. Aber er ist nur gekommen, um sich hier einmal zu zeigen."
Dabei hätten die Menschen hier viele Fragen, sagt Malick Aliou Maiga. Zum Beispiel, was der Staat zu tun gedenkt, um die Rückkehr der Flüchtlinge zu erleichtern und um das Land wieder aufzubauen, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Und was er unternehmen werde, um die Verbrechen des Krieges aufzuarbeiten.
"Der Staat hat nichts für uns getan, seit der Norden befreit wurde, das kann ich als Journalist bezeugen. Er hat weder Diesel noch Benzin geschickt, nicht einen Sack Reis. Von welchem Geld will er hier Wahlen abhalten? Und wie will er hier die Entwicklung in Gang bringen, die Menschen wieder miteinander versöhnen? Während hier alle noch gezwungen sind, die Hand bei Hilfsorganisationen aufzuhalten und um Spenden zu betteln, während Strom und Wasser nur zwei oder drei Stunden täglich zur Verfügung stehen. Die Leute haben außerdem Hunger, und es heißt: Ein leerer Magen hat keine Ohren. Die Menschen hier im Norden sind bis heute nicht wirklich befreit."
Für Annette Lohmann von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako ist die Sache etwas komplizierter. Denn Präsident Dioncounda Traoré hat nur ein Übergangsmandat, das von den ECOWAS–Staaten ein Mal verlängert wurde, jetzt aber ausgelaufen ist. Ohnehin wurde Traoré nicht demokratisch gewählt. Er übernahm dieses Amt vorübergehend gemäß der Verfassung, als das Land nach einem Militärputsch ohne legitime Führung dastand.
"Es gibt gute Gründe, bald zu wählen, aber die Gefahr besteht unmittelbar, dass dies in einer weiteren innenpolitischen Krise endet. Und von einem Neuaufbau des Staates allein durch die Wahlen zu sprechen, halte ich für unrealistisch. Wahlen sind auch nur ein Baustein in diesem Prozess und meistens sind sie eher ein … sie können ein Konflikt verschärfender Baustein sein. Um wirklich die Demokratie zu etablieren, zu verankern, einen neuen Staat, gar eine neue Gesellschaft aufzubauen, wird man sehr viel andere Instrumente benötigen und natürlich einen sehr viel längeren Atem haben müssen."
Bei einem frühen Wahltermin kann sich eine wirkliche Alternative zum politischen Establishment nicht in Position bringen. Das Volk wird also, sofern es überhaupt wirklich flächendeckend teilnehmen kann, zwischen Kandidaten wählen können, die allesamt schon lange Teil des politischen Systems sind und damit die gegenwärtige schwere Krise mit zu verantworten haben. Die Wahl werde also nur das gescheiterte System restaurieren, fürchten Beobachter, und damit womöglich den Keim für weitere Unruhen legen.
"Ich bin hier, um euch Menschen in Gao und in den anderen Regionen im Norden zu versichern, dass wir euch nicht vergessen haben. Wir haben euch nicht aufgegeben! Auch nicht in dieser schwierigen Zeit, die hinter uns liegt."
Präfekt und Gouverneur sind auch gekommen, wegen des hohen Besuches sind sie tatsächlich einmal in Gao. Ansonsten macht die Verwaltung sich nach wie vor rar. Jetzt lauschen sie den Worten ihres Regierungschefs.
"Die Präsidentschaftswahl wird im Juli stattfinden. Alle betroffenen Abteilungen des Staates arbeiten mit Hochdruck daran, dass diese Wahl ein Erfolg wird und es in Bezug auf den Termin keine Verzögerungen gibt."
Viele Malier bezweifeln, dass das machbar ist. Cissoko dagegen verspricht nicht nur erfolgreiche Wahlen, sondern noch einiges mehr: Gao werde bald wieder aufgebaut, die Justiz werde sich mit den Verbrechen der Kriegszeit befassen, und die Sicherheit in Mali bleibe auch ohne die Franzosen garantiert.
"Ich war auch in dem Saal, in dem der Premierminister geredet hat. Ehrlich gesagt, mich als Journalisten hat er nicht überzeugt."
Malick Aliou Maiga arbeitet bei dem Radiosender AADAR in Gao.
Der hagere 34-Jährige ist einer der beliebtesten Journalisten in der Stadt, bekannt vor allem für seinen Mut und seine Unbeugsamkeit. Obwohl er die Befreiung von den Islamisten aus tiefstem Herzen begrüßt hat, spart er jetzt nicht mit Kritik an der malischen Übergangsregierung.
"Ich erwarte viel von unserem Regierungschef, er hätte zu vielen Themen Stellung nehmen müssen. Aber er ist nur gekommen, um sich hier einmal zu zeigen."
Dabei hätten die Menschen hier viele Fragen, sagt Malick Aliou Maiga. Zum Beispiel, was der Staat zu tun gedenkt, um die Rückkehr der Flüchtlinge zu erleichtern und um das Land wieder aufzubauen, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Und was er unternehmen werde, um die Verbrechen des Krieges aufzuarbeiten.
"Der Staat hat nichts für uns getan, seit der Norden befreit wurde, das kann ich als Journalist bezeugen. Er hat weder Diesel noch Benzin geschickt, nicht einen Sack Reis. Von welchem Geld will er hier Wahlen abhalten? Und wie will er hier die Entwicklung in Gang bringen, die Menschen wieder miteinander versöhnen? Während hier alle noch gezwungen sind, die Hand bei Hilfsorganisationen aufzuhalten und um Spenden zu betteln, während Strom und Wasser nur zwei oder drei Stunden täglich zur Verfügung stehen. Die Leute haben außerdem Hunger, und es heißt: Ein leerer Magen hat keine Ohren. Die Menschen hier im Norden sind bis heute nicht wirklich befreit."
Für Annette Lohmann von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako ist die Sache etwas komplizierter. Denn Präsident Dioncounda Traoré hat nur ein Übergangsmandat, das von den ECOWAS–Staaten ein Mal verlängert wurde, jetzt aber ausgelaufen ist. Ohnehin wurde Traoré nicht demokratisch gewählt. Er übernahm dieses Amt vorübergehend gemäß der Verfassung, als das Land nach einem Militärputsch ohne legitime Führung dastand.
"Es gibt gute Gründe, bald zu wählen, aber die Gefahr besteht unmittelbar, dass dies in einer weiteren innenpolitischen Krise endet. Und von einem Neuaufbau des Staates allein durch die Wahlen zu sprechen, halte ich für unrealistisch. Wahlen sind auch nur ein Baustein in diesem Prozess und meistens sind sie eher ein … sie können ein Konflikt verschärfender Baustein sein. Um wirklich die Demokratie zu etablieren, zu verankern, einen neuen Staat, gar eine neue Gesellschaft aufzubauen, wird man sehr viel andere Instrumente benötigen und natürlich einen sehr viel längeren Atem haben müssen."
Bei einem frühen Wahltermin kann sich eine wirkliche Alternative zum politischen Establishment nicht in Position bringen. Das Volk wird also, sofern es überhaupt wirklich flächendeckend teilnehmen kann, zwischen Kandidaten wählen können, die allesamt schon lange Teil des politischen Systems sind und damit die gegenwärtige schwere Krise mit zu verantworten haben. Die Wahl werde also nur das gescheiterte System restaurieren, fürchten Beobachter, und damit womöglich den Keim für weitere Unruhen legen.