
63,50 Euro hatte die Telekom beim dritten Börsengang im Juli 2000 für jede ausgegebene Aktie von Privatanlegern verlangt. Grundlage war der Emissionsprospekt, ein dickes Stück Papier, in dem die Telekom - wie jedes andere Unternehmen, das Aktien über die Börse verkaufen will - ihre wirtschaftliche Lage darzustellen hatte. Das hat sie nicht richtig gemacht, geht aus einem heute veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vor. Der Anwalt der Kläger, Andreas Tilp, jubiliert:
"Damit haben wir faktisch diesen Prozess gewonnen. Denn wenn ein Fehler festgestellt wurde, der wesentlich ist, dann ist dagegen eigentlich argumentativ kein Kraut mehr für die Telekom gewachsen."
Anleger fühlen sich veräppelt
Die Telekom hatte zugleich mit dem Börsengang eine Beteiligung am amerikanischen Mobilfunkkonzern Sprint konzernintern verkauft, dabei Buchgewinne sichtbar gemacht, also stille Reserven gehoben. Später hatte sie die wieder abschreiben müssen. Eine Täuschung? Zumindest eine falsche Darstellung der Risikolage? Darum ging der jahrelange Streit. Er hatte viele Anleger erregt. Ron Sommer, der damalige Telekom-Chef, war meist die Zielscheibe des Ärgers:
"Auf jeden Fall fühlt man sich von dem Ron Sommer veräppelt. Das sage ich mal so ganz deutlich."
"Es geht mir ums Prinzip. Die Anlegerrechte in Deutschland sind eben einfach nicht gut. In angelsächsischen Ländern, sagt man mir, ist alles viel besser. Da wird zwar auch geschummelt. Aber die Leute kommen dann hinter Schloss und Riegel. Und die unsern, die machen alle weiter."
Rund 17.000 Anleger hatten anfangs darauf geklagt, die Telekom solle ihnen die 63,50 Euro je Aktie zurückzahlen - angesichts des dramatisch gesunkenen Aktienkurses eine Forderung von rund 90 Millionen Euro. Anwalt Tilp rechnet die aufgelaufenen Zinsen hinzu:
"Nach unseren Berechnungen insgesamt ein Schadensersatzbetrag von 170 Millionen Euro."
Konkret müssten darüber das Oberlandesgericht Frankfurt und die jeweiligen Landgerichte entscheiden. Anwalt Tilp gibt sich gewiss:
"Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass es hier zu Schadensersatzzahlungen kommen wird."
Anders die Telekom: Sie bedauere, dass der BGH einen Prospektfehler festgestellt habe, teilte sie mit. Doch sei sie zuversichtlich, dass eine Schadenersatzpflicht nicht bestehe.