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"Man sollte mit kleinen Brötchen anfangen"

Zehn Prozent der Gelder der Studienstiftung des Deutschen Volkes kommen aus privater Quelle. Das sagt Stiftungsgeneralsekretär Gerhard Teufel - und betont, wie schwierig es ist, Unternehmen für die Vergabe von Stipendien zu gewinnen.

Gerhard Teufel im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 29.07.2010
    Ulrike Burgwinkel: Das mit großem, allerdings von Anfang an ambivalentem Echo aufgenommene nationale Stipendienprogramm von Annette Schavan ist ins Gerede gekommen: weniger Geld, weniger Geförderte und Kürzungen bei den übrigen Begabtenförderprogrammen und Stiftungen von 60 Millionen Euro, so hieß es, und wir haben darüber berichtet. Dr. Gerhard Teufel ist der Generalsekretär der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Guten Tag nach Bonn!

    Gerhard Teufel: Ja, guten Tag!

    Burgwinkel: Ja, Herr Teufel, so der Stand der Dinge. Wie kann denn so was überhaupt funktionieren mit 60 Millionen Euro weniger, also bis 2014 rund 15, ja, weniger pro Jahr?

    Teufel: Die gute Nachricht ist, dass wir seit gestern wissen, dass die Begabtenförderwerke nicht 60 Millionen weniger bekommen, sondern einige Millionen mehr im nächsten Jahr. Wir haben einen Brief von Frau Schavan bekommen, sie wird im Haushalt die Mittel umschichten und künftig mehr Stipendien bereitstellen.

    Burgwinkel: Sie hat also das zurückgenommen mit den 60 Millionen und tut jetzt sogar noch was drauf. Wieso, woher der plötzliche Gesinnungswandel?

    Teufel: Ehrlich gesagt wissen wir nicht ganz genau, welche Motive für die bisherigen Haushaltsverhandlungen maßgebend waren, und tatsächlich waren 60 Millionen mal plötzlich verschwunden, gleichzeitig wurde aber in der Öffentlichkeit auch bekannt, dass das Budget des BMBF insgesamt aufgestockt werde, und das war nie kompatibel miteinander.

    Burgwinkel: Und, Herr Teufel, das gilt auch jetzt nicht nur für die größte Stiftung, also Ihre, die Studienstiftung des Deutschen Volkes, sondern generell für alle?

    Teufel: Ich glaube schon, dass alle Begabtenförderwerke mit gutem Mut in die Zukunft gehen können. Wir haben zwei Zusagen: Zum einen dürfen wir im nächsten Jahr mehr Stipendiaten fördern, und zum anderen soll das Büchergeld, das bisher bei 80 Euro liegt, auch dem nationalen Stipendienprogramm angepasst werden, also auf 300 Euro erhöht werden.

    Burgwinkel: Und was ist jetzt mit den 60 Millionen Euro, diese angebliche Sparsumme? Da müsste jetzt ein neues Loch sein, und Frau Schavan meint, sie könnte das verschieben, irgendwo anders hernehmen?

    Teufel: Also, wenn Sie von Loch sprechen, dann würde ich von dem berühmten Sommerloch hier sprechen, das ist offensichtlich in dem Sommerloch irgendwie aufgekommen und wieder untergegangen. Vielleicht ist es auch Loch Ness, irgendeine Vision oder eine Fata Morgana. Jedenfalls vertrauen wir sehr auf den Brief, der gestern bei uns eingetroffen ist. Frau Schavan hält also Wort.

    Burgwinkel: Ihr, soll man jetzt sagen, Konkurrent oder, ja, vielleicht besser Ihre Ergänzung, das nationale Stipendienprogramm, kämpft ja mit sehr vielen Schwierigkeiten, ist irgendwo ein ungeliebtes Kind bei vielen Leuten. Großes Problem ist das Engagement der Wirtschaft, was ja irgendwie noch nicht so, sagen wir mal, noch nicht so stark ist, wie man sich das vielleicht wünschen würde. Wie ist da Ihre Einstellung dazu?

    Teufel: Ja, wir haben ja auch als Studienstiftung immer schon den Bund und die Länder als Finanziers gehabt, aber zehn Prozent kommen bei uns auch aus privater Quelle, und wir wissen also, dass es tatsächlich sehr schwer ist, private Unternehmen zu gewinnen für die Vergabe von Stipendien. Etwas leichter ist es bei den großen Stiftungen, den Unternehmensstiftungen. Also wir haben eine Kooperation mit der Bosch Stiftung, mit der Hertie Stiftung, mit der Krupp Stiftung, Mercator Stiftung und so weiter. Also es ist schon möglich, aber private Unternehmen, die gewinnorientiert sind, zu gewinnen, ist sehr, sehr schwer.

    Burgwinkel: Haben Sie da einen Tipp für die Leute an den Hochschulen, die jetzt verzweifelt sind? Die Meldungen kommen jetzt nach und nach an, in welchen Ländern, vor allen Dingen im Osten, die Kollegen besonders große Schwierigkeiten sehen?

    Teufel: Ich glaube schon, dass es schwer ist und dass es auch nicht einfach ist, jetzt einfach Tipps zu geben. Fundraising ist ein Geschäft, das in Deutschland keine Tradition und keine Kultur hat. Wir haben 30 Jahre Erfahrung damit, es geht schon, aber man sollte glaube ich mit kleinen Brötchen anfangen. Insofern ist es vielleicht nur realistisch, wenn die Bundesregierung jetzt zunächst mal mit einer kleineren Version beginnt und dann in den kommenden Jahren das nationale Stipendienprogramm hochfahren will.

    Burgwinkel: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch! Dr. Gerhard Teufel von der Studienstiftung des Deutschen Volkes.