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Manifesta in Palermo
Kunst und Stadt verschmelzen

Palazzi, Kirchen und der alte Botanische Garten von Palermo: Die diesjährige Manifesta findet an malerischen Orten statt. Vor der Kunstausstellung gab es ausgiebige Stadtrecherchen - so gelinge ein flüssiger Übergang zwischen Kunstbetrieb und Alltagsleben, sagte Dlf-Kunstkritiker Carsten Probst im Dlf.

Carsten Probst im Gespräch mit Michael Köhler |
    Im Rahmen der europäischen Schau für Zeitgenössische Kunst, der Manifesta 12, ist eine Arbeit des Künstler-Duos Cooking Sections zu sehen.
    Arbeit des Künstler-Duos Cooking Sections auf der Manifesta 12 in Palermo (Lena Klimkeit/dpa )
    Der antike, phönizische Name Palermos lautete Ziz, die Blume - das war dem fruchtbaren sizilianischen Boden geschuldet. Darauf bezieht sich metaphorisch auch der Manifesta-Titel "Der Planetarische Garten. Das Miteinander kultivieren." Die Kunstausstellung Manifesta ist eine europäische Wanderbiennale, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, Orte abseits der großen Kunstzentren zu erschließen.
    Zum Jubiläum der zehnten Manifesta war man in St. Petersburg - wegen des Ukraine-Konflikts eine nicht unumstrittene Entscheidung. Vorher musste sich die Manifesta in Zürich den Vorwurf gefallen lassen, an einem arrivierten Kunstort aufzuschlagen. Jetzt ist Palermo dran: Ausgewählt unter anderem, weil sich dort seit Jahrhunderten ein tolerantes Miteinander islamischer und christlicher, afrikanischer, arabischer und europäischer Kulturen etabliert hat.
    "Pflanzen mit Migrationshintergrund"
    Die Aufführungsorte für die Kunst sind malerisch: Palazzi, Kirchen und der alte Botanische Garten von Palermo. "Gerade dieser Garten ist ein sehr poetischer Ort mit den uralten Mammutbäumen", meint Dlf-Kunstkritiker Carsten Probst. Er habe eine besondere Bedeutung für die Manifesta, weil hier seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine "koloniale Sektion" eingerichtet worden sei, mit Pflanzen, die nicht ursprünglich aus Italien kommen - sozusagen "Pflanzen mit Migrationshintergrund".
    Das haben auch einige Künstler aufgegriffen: Der Italiener Leone Contini zum Beispiel hat in seinem Langzeitprojekt "Foreign Farmers" Bauern und Gärtner in ganz Italien aufgesucht, die eigentlich selbst Migrationshintergrund haben und ihre eigenen pflanzlichen Kulturen in Italien züchten.
    Ausgiebige Stadtrecherchen im Vorfeld
    Eines der Hauptwerke der Manifesta ist im Palazzo Forcella an der Wasserkante Palermos zu sehen. Die Londoner Gruppe "Forensic Oceanography" hat verschieden große Bildschirme in einem Saal installiert, die wie eine "Satellitenüberwachungszentrale" die Bewegungen von Schiffen überwachen. "Ästhetisch interessant", urteilt Probst - und auch historisch durchdacht, denn vom Palazzo aus wurden früher die schützenden Bastionen der Stadt gemanagt.
    Die Manifesta hat im Vorfeld ausgiebige Stadtrecherchen beauftragt, um die gewachsene Struktur der Stadt kennenzulernen. Den Respekt vor dem Veranstaltungsort merke man der Ausstellung an, so Probst - die Übergänge zwischen Kunstbetrieb und Alltagsleben lägen nicht so hoch. "Das Konzept überzeugt mich in seinem Ansatz", so Probst.