"Vor ein paar Jahren, als ich an dieser Stelle war, als es nur um eine Fünftliga-Mannschaft ging, war das schon ein Riesen-Brimborium", erklärt Imke Wübbenhorst, die 2020 Trainerin der Sportfreunde Lotte wurde und seit 2022 Cheftrainerin der Young Boys Bern Frauen ist. Die Verkündung, dass Marie-Luise Eta als erste weibliche Co-Trainerin ein männliches Fußballteam in der Bundesliga übernimmt, schlug zuletzt ungeahnte Wellen.
"Da geht es um ihr Geschlecht und nicht darum, dass sie sehr viel Expertise hat", kritisiert Wübbenhorst im Deutschlandfunk. Dabei stellte schon Union-Berlin-Präsident Dirk Zingler fest: Die Entscheidung war "nicht für eine Frau, sondern eine Fußballlehrerin".
Fokus auf das Geschlecht "bitter für Deutschland"
Dass sich der mediale Rummel trotz dieser Worte um das Geschlecht dreht, sei traurig und schlichtweg falsch, erklärt Wübbenhorst: "Dass es dann so ein mediales Echo gibt, dass da eine Frau ist, ist wirklich bitter für Deutschland."
Dass es überhaupt so lange dauerte, dass eine Frau das Traineramt in der Bundesliga bekleidet, liegt laut der Ex-Profispielerin an männlich dominierten Strukturen im Sport - und am wirtschaftlichen Druck: "Es ist ganz normal, wenn wir Fußball nicht rein als Sport betrachten können, sondern als kommerzielle Unternehmung."
Es gehe um "viel Geld", das auch die Entscheidungsprozesse in den Führungsetagen beeinflusse: "Wenn man sieht, dass man als sportlicher Leiter eine Entscheidung trifft für einen Trainer, dann hängt auch der Job des sportlichen Leiters daran." Die Rechtfertigung vor Sponsoren und Fans erschwere den Schritt weiter.
"Du hast natürlich auch Fans, die eine Frau dann diskretieren würden, weil sie einfach noch nicht so weit sind." Auch die Sozialisation des Fußballs sei ein Faktor: "Es wird immernoch mit männlichen Attributen assoziiert: Du musst stark sein, du musst hart sein, du musst dich durchsetzen. Das sind alles Dinge, die man einer Frau eher weniger zuschreibt."
Rollenbild muss sich verändern
Insgesamt müsse sich noch viel bewegen, erklärt Wübbenhorst: "Das Rollenbild der Frau ist bereits im Wandel. Das muss weiter fortschreiten." Besonders international sei noch ein weiter Weg zu gehen: "Da hängen andere Länder Deutschland weit hinterher." Die vielen unterschiedlichen Kulturen innerhalb von professionellen Teams erschwere diesen Wandel.
"Es wird schwer sein, in einer multikulturellen Mannschaft eine Frau als Trainerin zu implementieren, die dann auch sagt, wo es langgeht".
Doch auch von der Angebotsseite stehe man erst am Anfang: "Wir müssen realistisch sein: Bisweilen gab es noch nicht viele gut ausgebildete Trainerinnen, weil viel weniger Frauen den Weg den Weg eingeschlagen haben, als Trainerin zu arbeiten." Mit der zunehmenden Professionalisierung im Fraunefußball werde sich das aber in den nächsten Jahren ändern. Dann werde es mehr Frauen wie Eta geben, die Männerteams trainieren - vielleicht sogar einmal die Männer-Nationalmannschaft.