2013 stürzte in Bangladesch die Textilfabrik Rana Plaza ein. Das Model Marie Nasemann saß vor dem Fernseher und war entsetzt. "Da sind viele Menschen ums Leben gekommen und ich habe mich entschieden, so in der Modebranche nicht weiterzumachen", erzählt sagte sie im Deutschlandfunk.
Sie begann, sich mit dem Thema nachhaltige Mode zu beschäftigen, recherchierte zu fair produzierter Kleidung und merkte schnell: "Es ist wahnsinnig kompliziert." Seit mehreren Jahren schreibt Marie Nasemann einen Blog, auf dem sie sich mit dem Thema beschäftigt, jetzt hat sie ein Buch veröffentlicht. "Fairknallt - mein grüner Kompromiss." "Ich glaube, so ziemlich alles ist ein Kompromiss, weil perfekt nachhaltig leben, können wir nicht. Wir haben keine andere Wahl, als Kompromisse einzugehen."
Greenwashing und Intransparenz
Alleine war es kaum möglich, an alle Informationen zu kommen. "Die ganze Branche ist sehr intransparent und auf den Webseiten der Marken gibt es kaum Infos." Zusammen mit einem Nachhaltigkeitswissenschaftler, den sie "Dr No" nennt, sucht sie nach Labeln, die Ökostandards entsprechen und nachhaltig wirtschaften. "Ich lasse mich immer noch gerne blenden von Marken, aber er ist dann der Buhmann, der sagt: Nein, diese Brand geht leider nicht. Es ist doch nur Greenwashing und sieht nachhaltiger aus, als es ist. Er ist sehr strikt, deshalb Dr. No."
Hundert Prozent nachhaltig sind die wenigsten Label, viele sind aber auf einem guten Weg, so Nasemann. "Aber es reicht nicht zu sagen: Wir machen mal eine kleine nachhaltige Sommerkollektion und der Rest, die anderen neunzig Prozent, sind Schmu."
Shopping als Hobby
Sie kann sich aber auch noch gut an die Zeiten vor ihrem Schlüsselerlebnis vor dem Einsturz der Fabrik in Bangladesch erinnern, als sie als drittplatzierte von Germanys Next Topmodel durch die Welt flog. "Ich habe wahnsinnig viel Mode geschenkt bekommen und ich bin noch zusätzlich einkaufen gegangen. Als Hobby oder aus Langeweile. Ich war zweimal die Woche in einem Fast Fashion Store und hatte fünf prall gefüllte Kleiderschränke."
Vintage Mode statt Neukauf
Sie will nicht missionieren, macht niemandem einen Vorwurf, der weiterhin billig produzierte Mode kauft, weil er oder sie zu erschwinglichen Preisen stylishe Kleidung haben möchte. Aber, so Nasemann:
"Wir kaufen alle viel zu viel. Ein Partytop wird nur 1,6 Mal getragen, hat eine Studie von Greenpeace ergeben." Sie hofft auf eine Bewusstseinsänderung, dass die Menschen lieber weniger kaufen und am Ende mehr als acht Euro für ein Shirt ausgeben. "Mode ist immer noch Handarbeit. Echte Menschen nähen die Kleidungsstücke zusammen."
Am besten wäre es ohnehin mehr Second Hand und Vintage Mode zu kaufen. "Es ist genug Mode vorhanden, sodass wir uns alle immer neu einkleiden könnten, indem wir alle gebrauchte Sachen tragen."
Erkennen, ob ein Kleidungsstück nachhaltig ist
Obwohl sich Marie Nasemann seit vielen Jahren dem Thema widmet und nun ein Buch geschrieben hat, erkennt auch sie nicht sofort, ob ein Kleidungsstück fair produziert ist. Das angegebene Produktionsland entspricht nicht immer Tatsachen, teilweise ist nur der letzte Knopf noch in Italien angenäht und das Kleidungsstück vorher schon um die halbe Welt gereist, so Nasemann. Andererseits gibt es auch in China fair produzierende Firmen und Sweatshops in Italien. Je größer die Marke, desto eher könnten Verbraucherinnen sich an unabhängig zertifizierten Siegeln orientieren.
Marie Nasemann: "Fairknallt – Mein Grüner Kompromiss"
Ullstein Verlag, 250 Seiten, 15 Euro 99
Ullstein Verlag, 250 Seiten, 15 Euro 99