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Marihuana für Schwerkranke
Staatliche Cannabis-Agentur nimmt Arbeit auf

Schwerkranke sollen ab Mitte März Cannabis auf Rezept erhalten. Der neuen, staatlichen Cannabis-Agentur fällt dabei die Aufgabe zu, den Anbau, die Ernte und die Lagerung zu steuern. Und bis 2019 - mithilfe einer EU-weiten Ausschreibung - Cannabis-Anbauer zu finden, die den medizinischen Großhandel beliefern.

Von Mirjam Kid |
    Cannabis-Pflanze in der Nähe der nordisraelischen Stadt Safed
    Bislang wird Cannabis zu medizinischen Zwecken aus den Niederlanden und Kanada importiert, im vergangenen Jahr insgesamt 170 Kilogramm. (dpa / picture alliance / Abir Sultan)
    Schmerzpatienten oder Menschen mit Multiple-Sklerose Erkrankung sowie weitere schwerkranke Menschen, denen nicht mehr anders geholfen werden kann, sollen Cannabis auf Rezept künftig von der Krankenkasse bezahlt bekommen. Abholen können sie es in der Apotheke. Geregelt wird das über eine Cannabis-Agentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium betont, dabei handle es sich nicht um:
    "Kiffen oder Joint auf Rezept. Sondern es geht darum Patienten, die Schmerzen haben, die chronisch erkrankt sind, die leiden, standardisierte, qualitativ hochwertige, medizinische Cannabissorten zu Verfügung zu stellen."
    Wichtig sei deshalb eine gleichmäßige Qualität: "Der Eigenanbau, der ja oft auch in diesem Bereich im Gespräch war, hilft halt hier überhaupt nicht weiter."
    EU-weite Ausschreibung für Cannabis-Hersteller
    Die Wirkstoffe müssen immer auf gleichbleibendem Niveau sein. Deswegen soll der Anbau in Deutschland nun staatlich kontrolliert erfolgen – unter Aufsicht der neuen Cannabis-Agentur, die am Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte angesiedelt ist. Anbau, Ernte und Lagerung des Mittels sollen aber nicht in der Behörde selbst, sondern extern erfolgen. Karl Broich vom Bundes-Arznei-Mittel-Institut:
    "Die Cannabis-Agentur wird Lizenzen vergeben, für einen geregelten Anbau. Dann die Ernte, die Weiterverarbeitung, die Prüfung, die Lagerung und die Weitergabe in den Großhandel zur Belieferung der Apotheken dann auch sicherzustellen."
    Eine entsprechende EU-weite Ausschreibung für Cannabis-Anbauer, mit denen man dann in Deutschland zusammen arbeiten will, soll in Kürze folgen. Die Cannabisagentur verkauft das gewonnene Produkt dann weiter an Arznei-Mittel-Hersteller, Großhändler und Apotheken und sorgt dafür, dass nur Hanf in pharmazeutischer Qualität zu den Patienten gelangt. Gewinne darf sie dabei nicht machen.
    Bislang wird Cannabis zu medizinischen Zwecken aus den Niederlanden und Kanada importiert, im vergangenen Jahr insgesamt 170 Kilogramm. Aktuell verfügen rund 1.000 Patienten in Deutschland über eine Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabis.
    Begleitende Studie auf fünf Jahre angelegt
    Trotzdem bleiben noch einige Fragen offen, die über eine begleitende Studie geklärt werden sollen. Weil es noch nicht genügend Studien gebe, wie sie sonst vor Einführung von Medikamenten durchgeführt werden müssen.
    Es gebe zwar gebe es deutliche Hinweise auf die Wirksamkeit von Cannabis in den angestrebten Anwendungsbereichen, doch:
    "Gleichwohl bestehen da noch große Lücken. Gerade auch bei Schmerzsyndromen, bei vielen anderen Indikationen, die auch jetzt in den letzten Wochen gerade durch die Presse gegeistert sind, ist dieser Wirksamkeitsnachweis auf sehr tönernen Füßen. Wir haben gar keine Sicherheitsdaten. Von daher ist für uns eben die Begleiterhebung auch so wichtig. Das wir eben im Rahmen dieser Begleiterhebung wissenschaftliche Daten bekommen."
    Bundestag und Bundesrat haben Gesetzesnovelle bestätigt
    So Broich vom Bundes-Arznei-Mittel-Institut. Die Evaluierung sei erst mal auf fünf Jahre angelegt. Bundestag und Bundesrat haben dem Gesetz bereits zugestimmt, im März soll es in Kraft treten. Das Bundes-Arzneimittel-Institut geht davon aus, dass erstmals 2019 in Deutschland angebautes Cannabis zur Verfügung steht. Bis dahin werde die Versorgung über Importe gedeckt.