Am 24. Februar 2022 war die Fechterin Mariia Rodicheva zufällig in Berlin, um ihren 16. Geburtstag zu feiern. Es war der Tag, an dem Russland Rodichevas Heimat, die Ukraine, angriff. Nach Hause ist Rodicheva nicht zurückgekehrt. Stattdessen lebt sie nun in einem Sportinternat in Dormagen. Und dort wird sie auch noch mindestens ein Jahr bleiben. "Wenn der Krieg beendet ist, wird es leider noch etwas Zeit brauchen, bis alles in Ordnung ist", sagte Rodicheva im Deutschlandfunk.
Dem Internatspersonal besonders dankbar
Am Anfang sei sie noch traurig gewesen, weil sie nicht richtig trainieren konnte. "Training ist nach der Familie das Wichtigste in meinem Leben", sagte sie. Jetzt aber freue sie sich, "dass ich diese Möglichkeit habe, hier zu leben, zu essen, mit Freunden zu kommunizieren und auch zu trainieren." Besonders dankbar, sei sie dem Personal im Internat. "Meine Leiter sind die besten. Sie sind die Hauptpersonen im Internat und sie haben mir geholfen, dass ich hier bleiben kann."
Ein Großteil der ukrainischen Fecht-Mannschaft sei derzeit in Italien, erzählt Rodicheva. "Sie haben dieses Jahr auch an den Weltmeisterschaften teilgenommen", sagte sie. Doch nicht alle hätten dieses Glück: "Ich habe einen Freund, der ein sehr guter Fechter ist. Er war auch in Italien, aber nur drei Wochen. Dann musste er zurück, weil er 20 Jahre alt ist. Er ist jetzt in Kiew, kann aber leider nicht normal trainieren, weil es fast keine Leute gibt. Er trainiert jetzt selbst."
Einige Fechterinnen und Fechter hätten die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, sagt Rodicheva. Dort könnten sie auch an Wettbewerben teilnehmen. "Viele meiner Freundinnen sind in der Schweiz oder in Spanien und gewinnen auch erste Plätze. Das finde ich cool."
Keine finanzielle Unterstützung
Rodicheva selbst sei mit ihrer Situation in Dormagen zufrieden. Bis auf eine Sache: "Es gibt Probleme mit der Regierung, weil ich kein Geld bekomme. Ich habe kein Geld zum Einkaufen, Kleidung zu kaufen. Jetzt wird es Sommer, aber ich habe nur Sportkleidung von anderen Leuten oder Winterkleidung." Die Situation sei schwierig, so Rodicheva. Auch, weil andere ukrainische Geflüchtete Geld bekommen würden. "Das Problem ist, dass ich im Internat ohne Eltern wohne und 16 Jahre alt bin. Sie sagen, ich könnte schon selbst Geld verdienen."