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Marina Weisband
Der rechte Sog von Youtube

Bevor er 50 Menschen tötete, zitierte der Attentäter von Christchurch den Youtube-Star Pewdiepie mit "Subscribe to Pewdiepie". Über diesen Satz sei in Medien zu wenig gesprochen worden, findet in ihrer Kolumne Marina Weisband. Er zeige, wie auf der Video-Plattform aus Witz und Ironie rechtsradikales Gedankengut heranwachse.

Von Marina Weisband |
Auf der Stirn eines Demonstranten steht "Sub tp Pewdiepie"
"Subscribe to Pewdiepie", hier in einer kurzen Fassung eines Demonstranten, ist ein Meme, ein geflügeltes Wort und ein Insiderwitz. (Imago / Ipon)
Pewdiepie ist der erfolgreichste Youtuber weltweit. Er ist kein Rechter. Er spricht viel über Spiele und übt sich in Witzen. "Subscribe to Pewdiepie" ist ein Meme, ein geflügeltes Wort und ein Insiderwitz. Es wurde als Graffiti gesprüht und von Hackern auf fremde Seiten geschrieben. Es hatte irgendwann nichts mehr mit Pewdiepie zu tun. Wie jedes Meme hat es ein Eigenleben entwickelt. Dass ein rechtsradikaler Terrorist es benutzt hat, war ein stummes Nicken an die jungen Leute, die sich in der Szene der Memes bewegen.
Eine Szene, über die bemerkenswert wenig geredet wird. Selbst unter politischen Bildnern, die in der Prävention von Rechtsradikalismus arbeiten. Dabei sollten gerade sie hier genau hingucken. Denn es sind genau diese Meme-Plattformen, auf denen Rechte sich zu radikalisieren suchen.
Pewdiepie ist ein unwissender Handlanger
Rechte Terroristen versuchen, ein Klima zu schaffen, das begünstigt, unbewusste Überzeugungen zu stärken, sie in verbalen Ausdruck zu überführen und schließlich in körperliche Gewalt. Die Ermutigung, rassistische Gedanken zu äußern, funktioniert ganz hervorragend über Memes, Witze, Ironie. Es hat sich eine eigene Sprache herausgebildet, die auf fiktive Länder wie Kekistan anspielt, deren Flagge der Hakenkreuzflagge ähnelt, es aber natürlich nicht ist. Ist ja alles nicht ernst gemeint! Und überhaupt interpretieren die paranoiden Linken alles über!
Porträtfoto von Marina Weisband
@mediasres-Kolumnistin Marina Weisband (Lars Borges)
Ich will nicht über jene reden, die diesen Weg mit Absicht gehen. Es sind gefährliche Leute, die gesellschaftlich isoliert werden müssen. Ich will über jene reden, die ihre unwissenden Handlanger sind. Über Menschen wie den Youtuber Pewdiepie. Pewdiepie ist in der Vergangenheit oft aufgefallen mit Komplettausfällen wie dem Versuch, aus dem Satz "Tod allen Juden" einen Witz zu machen. Warum tut er das? Weil es ihm Zuschauer bringt. Jugendliche wollen sich ausprobieren, sie wollen die Grenzen des gesellschaftlichen Konsenses austesten und finden es lustig, wenn genau diese Grenze bewusst überschritten wird.
Auf Youtube sinken Hemmschwellen
Obwohl er sich für die spezielle Aktion entschuldigt hat, fallen er und seine Kollegen sehr oft dadurch auf, dass sie sich nicht klar von rechts abgrenzen. Für sie ist alles humorig, man muss Dinge aushalten können und so weiter. Und solche Youtube-Kanäle werden heute von jungen Menschen am meisten konsumiert. Deren Macher senken die Hemmschwelle, Dinge auszusprechen, durch Witze und Ironie.
Über sie findet man Youtuber, die es ein kleines Stück ernster meinen. Über die kommt man auf die wirklich Rechtsradikalen. Es ist ein Sog, der entsteht, weil sowohl die handelnden Youtuber als auch die Plattform selbst gewinnorientiert operieren und Menschen das bieten wollen, was ihr Gemüt am meisten erhitzt. Was sich am meisten an diesem spannenden "Rand" bewegt.
Wir müssen über diesen Mechanismus reden
Es ist nicht das Internet Schuld. Und schon gar nicht die jungen Leute. Es ist ein bestimmter Mechanismus, gegen den man auch was tun kann.
Es ist für den Mainstream notwendig, über diesen Mechanismus zu reden, ihn zu sehen, ihn aufzuzeigen, wo immer es geht. Und ganz besonders an Schulen. Das Internet an sich zu verteufeln, bringt uns nur in eine Position, in der wir keinen Einfluss darauf haben können, was es ist.
Und ich wünschte, wir könnten es schaffen, lustige, rührende, visionäre und spannende Inhalte von Jugendlichen zu fördern. Ihnen die Mittel an die Hand zu geben, selbst zu produzieren. Und den Pewdiepies dieser Welt offen zu widersprechen.