Es ist eher düster in der Gedenkhalle - doch die Silhouetten der Frauen und Männer in Marineuniformen sind deutlich zu erkennen. Sie stehen entsprechend der Raumform in einem Kreis. Die Gedenkhalle hat einen Durchmesser von vielleicht 30 Metern. In der Mitte steht ein schwarzer Stein um den herum an diesem Nachmittag rund anderthalb Dutzend Kränze abgelegt wurden.
Die Bundesverteidigungsministerin, der Schleswig-Holsteinische Ministerpräsident, der Bundesverband, der Kieler Bürgermeister und viele mehr - sie alle wollen (am Volkstrauertag, Anm. d. Red.) mit ein Zeichen setzen und den Toten auf See gedenken. An die Toten auf See zu erinnern - und zwar aus aller Welt - das sei der Zweck des Marine-Ehremals zu Laboe, sagt Jann Markus Witt, Historiker beim Deutschen Marinebund. Doch von einem solchen Gedenken war 1927 bei der Grundsteinlegung keine Spur: "Es geht um Rache, es geht um Revanche für den verlorenen Ersten Weltkrieg, es geht um das Wiedererstarken deutscher Seemacht. Das war hier damals die Botschaft, die man den Besuchern mit auf den Weg geben wollte."
Dieser Geist der Rache sei noch einmal verstärkt worden, als die Nazis das Ehrenmal am 31. Mai 1936 - dem 20. Jahrestag der Skagerrak-Schlacht, einweihten. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Briten zunächst geplant das Ehrenmal mit dem markant geschwungenen 72 Meter hohen Backsteinturm, der Gedenkhalle und dem kreisrunden Platz darüber zu sprengen - doch dazu kam es nicht, das Ehrenmal wurde 1954 wiedereröffnet.
Doch auch wenn ins Gedenken nun auch die Toten auf Seiten von Deutschlands Gegnern eingeschlossen wurden: Die Schrecken des Krieges wurden verharmlost oder gar verherrlicht, so die Kritiker. Die Kriegsgeneration sei in Laboe Gedenkformen gefolgt, die aus heutiger Sicht eher schwer verständlich sei, sagt Witt: "Die das ganze vielleicht auch noch ein bisschen heroischer betrachtet haben. Es ging natürlich dieser Generation vielfach auch um eine nachträgliche Sinnstiftung für das millionenfache Sterben im Zweiten Weltkrieg."
Veränderungen vollzogen - Kritik geblieben
Das ist inzwischen anders, der Deutsche Marinebund und das Ehrenmal haben sich seit den 90er-Jahren verändert, auch wenn es oft nur in kleinen Schritten voranging. Die frühere Weihehalle - der Ort an dem zum Volkstrauertag die Kränze niedergelegt werden - heißt nun Gedenkhalle. Auch wurden dort die Fahnen aus der Kaiserzeit durch die Flaggen von befreundeten Staaten ersetzt. Zudem wurde die Ausstellung 2010 neu konzipiert. Und doch ist die Kritik nicht verstummt.
"Das Marine-Ehrenmal steht heute für einen weitgehend ungebrochenen historischen Ort, der im politischen Totenkult der Weimarer Republik wurzelt. Der heute wieder, wie in früheren Zeiten, politisch funktionalisiert wird, ein Ort, der erkennbar zwar versucht worden ist, zu modernisieren, aber der nach wie vor am Rande der Erinnerungskultur steht", sagt Harald Schmid von der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten. Es sei dem Marinebund immer noch nicht gelungen, ein kritisches Verhältnis zum Ehrenmal und dessen Geschichte zu entwickeln - aber auch zur Rolle des Marinebund selber. Auch komme die neue Ausstellung nur oberflächlich modern daher, kritisiert Schmid. Viele Fragen blieben hier unbeantwortet zum Beispiel im Zusammenhang mit der Marine-Justiz.
Bei der Ausstellung gelte die Devise "work in progress", erwidert Jann Markus Witt auf solche Vorwürfe. Und meint, dass Einrichtungen wie das Marine-Ehrenmal wichtig seien: "Ich sag’s jetzt mal etweas despektierlich: die nicht einfach nur eine kranzabwurfstelle sind."