Lokführer-Gewerkschaft
Mario Reiß folgt auf Claus Weselsky - Was das für die GdL und die Bahn bedeutet

Viele Jahre lang hat Claus Weselsky als Vorsitzender die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) geprägt. Jetzt ist er im Ruhestand und Mario Reiß hat übernommen. Das bisherige Vorstandsmitglied wurde gestern bei der Generalversammlung in Dresden zum neuen Vorsitzenden gewählt. Was bedeutet das für die kleine, aber mächtige Gewerkschaft?

    Claus Weselsky (l), ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), und sein Nachfolger Mario Reiß im Jahr 2023
    Claus Weselsky (l), ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), und sein Nachfolger Mario Reiß im Jahr 2023 (picture alliance / dpa / Christoph Soeder)
    Weselsky stand der GDL seit 2008 vor und machte sich mit Streiks und harten Verhandlungen einen Namen. Allerdings gab es auch Kritik an seinem Auftreten.
    Als letztes großes Projekt setzte Weselsky in diesem Jahr die schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche für die Lokführer durch.
    Mario Reiß ist wie Weselsky gebürtiger Sachse. Der gelernte Schienenfahrzeugschlosser und Lokführer ist seit 1990 Mitglied der GDL und war seit rund zwei Jahren stellvertretender Bundesvorsitzender. Der 58-Jährige ist langjähriger Wegbegleiter Weselskys, beide haben sich zuletzt ein Büro geteilt. So sagte Weselsky der "Zeit": "Ich habe ihm gezeigt, was ich weiß. Aber ich verspreche Ihnen: Von dem Tag im September an, an dem ich aufhöre, werde ich ihm nicht mehr reinreden."

    Anderer Ton, gleiche Entschlossenheit

    Dennoch spricht viel dafür, dass es mit Reiß an der Spitze ähnlich weitergeht, auch ohne Unterstützung des ehemaligen Vorsitzenden: Reiß selbst lobte seinen Vorgänger im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" und sagte, er müsse dessen eingeschlagenen Weg "nur weitergehen". In einer Mitteilung der GDL hieß es, die Gewerkschaft werde sich "nicht auf Erfolgen ausruhen, sondern unsere Ziele auch künftig konsequent und gewissenhaft umsetzen."
    Weselsky fiel durch eine teilweise rüde Wortwahl auf - er sprach von "Nieten" und "Dummschwätzern" im Bahntower, von einem "bösen Spiel", einer "Schmierenkomödie". Bahn-Manager "hauen sich die Taschen voll" - auf Kosten der hart arbeitenden Belegschaft. Reiß ist nicht für so polterndes Auftreten bekannt. Er sagte der "Süddeutschen Zeitung", er und Weselsky hätten genau die gleichen Ziele, seien aber unterschiedlich: "Ich bin eher der Typ, der nicht in der Öffentlichkeit über alles reden muss, der die Prozesse lieber im Stillen vorantreibt." Das heißt nicht, dass er Streiks ablehnt: Wenn es nötig sei, werde man das wieder tun.
    Diese Nachricht wurde am 04.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.