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Markennennung bei Instagram
Schleichwerbung oder Dienstleistung?

Die Bloggerin Vreni Frost muss ab sofort viele ihrer Posts als Werbung kennzeichnen. Grund ist eine Abmahnung vom Verband Sozialer Wettbewerb. Aber ist jedes Foto mit Produktlink automatisch Schleichwerbung? Die Influencerin wehrt sich vor Gericht und auf Instagram.

Von Gesine Kühne |
    Die Bloggerin Vreni Frost
    Das Landgericht Berlin hat gegen Vreni Frost eine einstweilige Verfügung verhängt. Die Influencerin fühlt sich ungerecht behandelt. (www.neverever.me)
    Vreni Frost, 36, medienaffin, ehemalige PR-Frau, Bloggerin, Katzenmama, mit über 55.000 Followern auf Instagram auch so genannte Influencerin - und Schleichwerberin?
    "Der kommerzielle Zweck der streitgegenständlichen Handlungen ist nicht bzw. nicht ausreichend kenntlich gemacht. Vorliegend ist der kommerzielle Zweck der Werbung nicht einmal ansatzweise gekennzeichnet, und zwar weder im Rahmen der streitgegenständlichen Posts noch auf der Eingangsseite des Instagram-Blogs der Antragsgegnerin."
    Das ist ein kleiner Auszug aus der Urteilssprechung vom 24.05.2018. Laut Landgericht Berlin hat Vreni Frost Schleichwerbung gemacht. Aber der Reihe nach.
    "Ich sollte eine Unterlassungserklärung unterschreiben"
    "Ich habe im März eine Abmahnung bekommen vom Verband Sozialer Wettbewerb wegen angeblicher Schleichwerbung, darin beanstanden die Bilder von mir, für die ich in keiner Art und Weise vergütet wurde. Ich sollte eine Unterlassungserklärung unterschreiben und 178,50 Euro Abmahngebühren bezahlen. Das habe ich nicht gemacht, sondern hab mir einen Anwalt gesucht und wir sind dann vors Landgericht Berlin, weil der Verband gegen mich eine einstweilige Verfügung erreichen wollte."
    Und diese hat er auch erwirkt. Das heißt, Frost muss jedes Bild, in dem sie Marken verlinkt, als Werbung markieren. Das gilt auch dann, wenn sie sich alles, was auf dem Bild zu sehen ist, selbst gekauft hat. Genau solche geposteten Bilder haben zu der Abmahnung geführt.
    Auch bei Personen, die auf Instagram verlinkt werden, gibt es ebenfalls eine Anzeigemarkierungspflicht.
    Jennifer Weist: "Ich habe heute übrigens eine Mail von meiner Managerin erhalten, dass ich ab jetzt alles kennzeichnen muss, auch wenn ich befreundete Musiker verlinke, Freunde verlinke, usw., weil ansonsten ist man nicht sicher."
    "Wir empfehlen, vorsorglich alles zu kennzeichnen"
    Jennifer Weist, Frontfrau der Band Jennifer Rostock, über 225.000 Instagram-Follower. Eine Frau des öffentlichen Lebens mit vielen Fans, die sich gern ihre Musiktipps anhören, aber wirklich gleich auch das Eis probieren, das Weist während der Hitze täglich schlotzt und währenddessen in ihre Kamera für eine 15-sekündige Instagram-Story hält?
    Das ist egal, lieber kennzeichnen, sagt Cornelia Holsten, Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt in der ZDF-Sendung "Volle Kanne": "Auch wenn medienrechtlich nur das als Werbung gekennzeichnet werden muss, wo eine Werbeabsicht dahinter steckt, empfehlen wir im Moment tatsächlich rein vorsorglich, alles zu kennzeichnen, wenn man als Influencer unterwegs ist, zum Beispiel mit #Werbung, aber unbezahlt oder #Werbung, aber selbst gekauft, einfach um ein Rechtsrisiko zu vermeiden."
    Und so hält es Vreni Frost jetzt. Jedes Bild ist eine Anzeige, auch das mit ihren zwei Katzen, denn die haben einen eigenen Instagram-Account, auf den Vreni verlinkt: "Ich markiere jetzt alles mit Werbung, einfach wirklich um aufzuzeigen, wie absurd es ist, was die da tun. Wir finden jetzt keine größere Transparenz vor, sondern im Gegenteil, jetzt blickst du überhaupt nicht mehr durch, was ein bezahlter Post ist und was nicht. Ich markiere auch alles als Werbung, weil ich mir das Taggen nicht nehmen lasse. Das Taggen ist für mich ein elementarer Bestandteil von Social Media."
    Schleichwerbung oder "Service für die Follower"?
    Vreni Frost nennt die Verlinkung der Marke ihres selbstgekauften Pullis Service für die Follower. Der Verband Sozialer Wettbewerb nennt es Schleichwerbung. Die Landesmedienanstalt sieht das anders, weil es keine Form der Vergütung gegeben hat. Die Landesmedienanstalt vertritt in der Medienlandschaft aber auch andere Interessen als der Verband Sozialer Wettbewerb, wie Cornelia Holsten bei "Volle Kanne" erzählt:
    "Das ist ein Verein, der sich aus privaten Mitgliedern zusammensetzt. Die Aufsicht, das sind wir, die Medienanstalten. Und dieser Verein beruft sich auf das Wettbewerbsrecht, auch dort ist so ein Kennzeichnungsgrundsatz von Werbung verankert, genau wie bei uns, aber die Argumentation ist eine andere. Während bei uns das Ziel ist Transparenz zu schaffen, damit der Nutzer eben weiß, wo er gerade draufschaut, ist es für die die These: Wenn wir alles kennzeichnen als Influencer-Marketing, dann ist Influencer-Marketing doof und möglicherweise gehen dann die Budgets, die jetzt in die Influencer investiert werden, wieder zurück in Verlage."
    Verband vertritt auch Interessen der Verlage
    Holsten beschreibt letztlich Lobby-Arbeit. Denn der Verband Sozialer Wettbewerb hat unter anderem Mitglieder aus verschiedenen Verlagen. Die sehen sich durch Influencer-Marketing benachteiligt.
    Die Verlinkung von Marken auf Bildern mit selbstgekauften Sachen ist eigentlich kein Vergehen, keine Schleichwerbung. Bei Frosts Urteil werden aber solche Fakten wie ihr frei angemieteter Arbeitsplatz, der in den Räumen einer Werbeagentur ist, gegen sie verwendet. Außerdem verdiene Vreni Frost mit Bloggen ihr Geld und deshalb sei sie zur jeder Tageszeit und mit jedem Post eine Geschäftsperson. So hat es das Gericht erstmal beschlossen. Ein Gewinn für die Abmahner.
    Influencer als Wirtschaftsfaktor
    Das wird aber die Influencer nicht am Influencen hindern. Denn Fakt ist: Vreni Frost und ihre Kolleginnen sind für die Wirtschaft ein wichtiger Faktor, weil sie schnell sind. Schließlich ist jede Modenschau, jeder Trend sofort abbildbar. Das schafft keine Tageszeitung geschweige denn ein Magazin.
    Im Fall Frost ist übrigens noch nicht das letzte Wort gesprochen. Denn Vreni ist in Berufung gegangen. In der Hoffnung in der nächsten Instanz auf eine Juristin wie Cornelia Holsten zu treffen: "Die Cornelia Holsten hat auf der Republica dazu einen ganz süßen Satz gesagt. Sie hat gemeint, das nächste Mal würde sie die Leute gern einladen, die hinter diesen ganzen Verfahren stecken und ihnen das Internet erklären."