Zwar sind bereits über 58 Prozent der deutschen Bevölkerung mindestens einmal geimpft, aber eine Herdenimmunität ist nach wie vor in weiter Ferne. Das liegt inzwischen auch daran, dass sich zu wenige Menschen impfen lassen. Der bayrische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder sprach sich im Deutschlandfunk für dezentrale Impfungen für Schulabschlussklassen, an Hochschulen, für Saisonarbeiter oder in Supermärkten und der Gastronomie aus. "Wir wollen breitflächige Vor-Ort-Angebote machen, damit dieser vermeintlich schwierige Weg zum Arzt oder ins Impfzentrum verkürzt wird und sozusagen Impfen to go oder auch Drive-in-Impfen möglich gemacht wird", sagte Söder.
Söder gegen ökonomische Impfanreize
Eine Impfpflicht für ganze Berufsgruppen, beispielsweise von Lehrern oder Beschäftigten in der Pflege, lehnt er hingegen ab. Auch ökonomische Anreize wie eine Geldprämie halte er nicht für hilfreich, sagte Söder im Dlf. Der größte Gewinn der Impfung seien nicht 100 Euro, sondern die Wiedererlangung von mehr Freiheitsrechten.
Den Verzicht auf eine Impfpflicht sieht Deutschlandfunk-Korrespondent Frank Capellan kritisch. Es sei fahrlässig von der Bundesregierung gewesen, eine zumindest teilweise Impfpflicht kategorisch auszuschließen. Wer im medizinischen Bereich arbeitet, wer als Lehrer täglich mit Dutzenden von Schülern zusammentrifft, sollte verpflichtet sein, sich und andere zu schützen, kommentiert Capellan.
Kommentar (13.07.21): Impfpflicht-Debatte: Bundesregierung hat Chance vertan (03:15)
Söder: "Keine Panik" vor vierter Welle
Die Tatsache, dass die Infektionszahlen derzeit wieder steigen, lässt Söder mit einer vierten Infektionswelle rechnen. "Man muss jetzt keine Panik haben, aber erkennbar ist, dass es kommt", sagte Söder. Einen Lockdown wie es ihn bei der dritten Welle gegeben habe, sehe er aber nicht. Man müsse sich allerdings jetzt gezielter, klüger und strategisch sinnvoller als bislang auf den Herbst vorbereiten.
Das Interview im Wortlaut:
Moritz Küpper: Herr Söder, bleibt es beim Ziel, durch das Impfen eine Herdenimmunität in Deutschland zu erreichen, wofür rund 85 Prozent geimpft sein müssten?
Markus Söder: Ja, dann wären wir auf der sicheren Seite. Ich meine, das Grundproblem ist, dass sich durch die Mutation Delta noch mal dieser Herdenimmunitätsaspekt – ein fürchterliches Wort nebenbei bemerkt – nach oben erhöht hat und durch die aggressivere Variante, wie wir sie in Großbritannien und Portugal sehen, einfach die Verbreitung schneller ist. Wir haben in Deutschland jetzt auch einen R-Wert wieder über 1, also die Zahlen steigen – noch langsam –, aber das ist ja immer dieser Trugschluss: Man glaubt, wenn es so langsam steigt linear, ginge es weiter, wir hätten noch lange Zeit.
Irgendwann kann es einen Kipppunkt geben und es geht wieder exponentiell los. Um das zu verhindern, muss man eine höhere Herdenimmunität haben. Deswegen müsste dieses Ziel, das auch der Bund ausgegeben hat – das ist tatsächlich notwendig.
Küpper: Momentan sind es knapp 43 Prozent der Bevölkerung, die vollständig geimpft sind, knapp 59 Prozent haben mindestens eine Dosis erhalten, der Weg ist also noch weit. Zu weit?
Söder: Na ja, zuerst ist es vor allem für die Jüngeren jetzt wichtig. Wir haben ja bei den Älteren, also bei den Zielgruppen, bei denen wirklich akute Lebensgefahr durch Corona droht, diese Impfung gut geschafft.
Das kann man auch sehen, das war auch schon bei der dritten Welle erkennbar, die Morbidität ging dann stark zurück. Das ist gut. Dann müssen wir uns bald übrigens überlegen, wann eine Auffrischungsimpfung notwendig ist, denn mit einer Auffrischungsimpfung wollen wir dann auch über den Winter komplett safe sein, was wieder Altenpflegeheime und die Älteren betrifft.
Da sind übrigens auch noch nicht alle geimpft, auch da muss man noch mal nacharbeiten, damit auch da möglichst maximale Impfquotierung erfolgt, sowohl bei den Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern als auch bei den Bewohnern solcher Einrichtungen, um da maximalen Schutz zu haben.
Wir hatten letztens einen Fall in Bayern gehabt, da kam Corona, noch die britische Mutation, in ein Altenheim – kompletter Schutz bei den vollständig Geimpften und leider die gleiche Wirkung bei den – sehr wenigen allerdings – nicht Geimpften. Die Hauptsorge machen mir die Jüngeren.
"Drive-in-Impfen"
Küpper: Wer sind denn die Jüngeren, also Kinder und Jugendliche fallen ja Stand jetzt noch raus.
Söder: Ja, Kinder und Jugendliche, aber 12 bis 30Jahre. Denn dort verbreitet es sich schneller – in einem Fall deswegen wichtig, weil wir Schule unbedingt erhalten wollen. Wir wollen nicht wieder einen Corona-Schuljahr haben, also würde uns da mehr impfen helfen. Die Barriere ist bislang die Empfehlungen der STIKO. Wir impfen bei uns jetzt Abschlussklassen, wir machen Angebote an Hochschulen, wir wollen auch breitflächige Vor-Ort-Angebote machen, damit dieser vermeintlich schwierige Weg zum Arzt oder ins Impfzentrum verkürzt wird und sozusagen Impfen to go oder auch Drive-in-Impfen möglich gemacht wird.
Küpper: Vor dem Hintergrund, wir diskutieren gerade, ob es ein Ende der Fixierung auf die Inzidenzzahlen geben soll, und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, der warnt zugleich vor Alarmismus bei einem Wiederanstieg der Corona-Infektionen, und er sieht vor allem den Begriff "vierte Welle" kritisch.
Das alles ist ja eigentlich eine gute Entwicklung, aber diese Normalisierung, gerade auch im Hinblick auf die Impfkampagne, ist das nicht da eher zweischneidig, trügerisch, weil es eben irgendwie anscheinend den Druck nimmt?
Söder: Sagen wir mal so: Gelernt habe ich in drei Wellen, dass man gar nichts unterschätzen darf bei Corona, aber auch gar nichts. Wir müssen jetzt keine Panik haben, aber erkennbar ist, dass es kommt und dass es ansteigt. Man kann wirklich sagen, das, was Großbritannien macht, ist aus meiner Sicht völlig verantwortungslos, das ist ein Experiment auch mit jungen Leuten.
Das wird natürlich auf Dauer, wenn zu viele noch nicht zweitgeimpft sind … Und das ist übrigens der Unterschied zur britischen Mutation jetzt bei der Delta-Variante: Bei der britischen hat man gemerkt, dass die Erstimpfung schon einen sehr hohen Schutz hatte, das ist bei Delta jetzt nicht der Fall, also ist die Zweitimpfung ganz entscheidend.
Wenn wir da so wenig Zweitimpfungen haben, dann wird natürlich die Verbreitung stärker sein, und mit der Verbreitung entstehen bei einer solchen großen Zahl von jungen Leuten auch wieder mehr schwere Fälle. Ich plädiere für eine kluge Überlegung, wie wir die Dinge kombinieren. Ohne Inzidenz wird es nicht gehen, weil die Inzidenz ist ein juristisch, auch medizinisch nachvollziehbarer Begriff.
Die Inzidenz kann vielleicht höher sein als bei den bisherigen Maßnahmen, und man sagt, mit einer höheren Inzidenz bildet sich auch dieses unterschiedliche Geschehen ab, sowohl was das Impfen betrifft als auch was die Krankenhauszahlen betrifft. Die müssen darein integriert werden, vielleicht können wir auch die Vorwarnsysteme noch stärker etablieren.
Das sind die sogenannten Messungen, die wir aus Abwasserentwicklungen haben – da hat man in Bayern mit einigen Pilotprojekten sehr gute Erfahrungen gemacht. Das muss man jetzt alles kombinieren, muss aber bis zum Herbst ein Konzept vorlegen, wie dies aufeinander abgestimmt ist. Ich glaube, es funktioniert weder zu sagen nur Krankenhauszahlen noch nur Inzidenz, das ist jetzt die Schwierigkeit.
Küpper: Aber die Aussagekraft der Inzidenzen sinkt ja anscheinend, so sagen es zumindest Experten.
Söder: Ich weiß nicht, ob sie sinkt, die ist natürlich nach wie vor der Beleg der Infektion, also es sinkt überhaupt nicht. Die Frage ist, welche Maßnahmen ich bei welcher Inzidenz treffen muss, dass ist die entscheidende Frage, und die muss man dann klären, ob zum Beispiel durch die Anzahl der Geimpften oder auch durch die Zahl der Krankenhäuser Inzidenz erst greifen bei höheren Werten.
So haben wir nicht eine Notbremse bei 100, sondern zu einem deutlich höheren Wert. Das, glaube ich, ist angemessen sinnvoll. Die Inzidenz abzuschaffen, wird deswegen schwieriger, weil Jens Spahn kämpft ja fast ein bisschen verzweifelt darum, dass die Krankenhauszahlen in alle Belege gehen.
Da spielt dann auch die Frage, hat jemand beispielsweise ein Intensivbett, ist es Long-Covid, ist das schon alles erfasst. Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht in dem Wunsch, eine Zahl abzulösen und uns da zu befreien sozusagen von der Angst, wir müssen wieder Geschäfte und Gastronomie schließen – was ich nicht sehe.
Ich sehe keinen Lockdown, so wie wir ihn bei der dritten Welle gebraucht haben, aber wir müssen deswegen gezielt und klüger und strategisch sinnvoller uns da vorbereiten, und da ist eben noch eine Menge Arbeit bis zum Herbst. Man darf ja nicht vergessen, bald fangen in einigen Ländern dann auch schon wieder Schulen an. Wir haben im Süden etwas immer den Vorteil, dass wir sehr spät starten, erst Mitte September, und können uns da länger vorbereiten, aber das wird noch eine echt sportliche Herausforderung, darf man nicht unterschätzen.
"Keine Impfpflicht für Lehrer"
Küpper: Sie haben die Schulen angesprochen und kommen wir noch mal zum Thema Impfanreize: Mittlerweile gibt es Forderungen, dass hierzulande eben, dass Lehrerinnen und Lehrer, dass es dort eine Art Impfpflicht geben soll, um eben diese Gruppe Schülerinnen und Schüler zu schützen, da diese noch nicht geimpft werden sollen. Wäre das nicht ein Weg?
Söder: Also Impfpflicht – ich hab ja mal Anfang des Jahres das in Alten- und Pflegeheimen diskutiert, dort übrigens auch am stärksten hätte es eine Wirkung gehabt, muss ich sagen, weil dort ist natürlich gerade die Gefahr für das Leben mit Abstand am stärksten, das haben wir ja gemerkt. Das ist eine der großen Belastungen auch gewesen, auch persönlich für uns alle schwere Belastungen, dass es in den Alten- und Pflegeheimen eine so lange und schwierige Situation war. In der Schule sehe ich das nicht.
Küpper: Warum nicht?
Söder: Keine Impfpflicht für Lehrer, auch keine Impfpflicht für Schüler logischerweise. Ich glaube, da müssen wir es anders machen. Die Lehrer, Lehrkräfte verhalten sich übrigens nach meiner Überzeugung außerordentlich, also wirklich außerordentlich sensibel und mit Rücksicht, da gäbe es keine Beschwer, da ist die Impfbereitschaft auch hoch. Das muss man was tun, um noch zu steigern. Wir müssen schauen, dass wir die Schule insgesamt, auch gerade zum Schulbeginn nach den Ferien stärken.
Da werden wir in Bayern massive Testpflicht machen, bis zu dreimal die Woche, wir werden am Anfang auch noch mal die ersten drei Wochen die Maske komplett haben in der Schule, um einfach nach dem Urlaub diese Anfangsrisikosituation zu minimieren.
Und wir versuchen, Stück für Stück auch neben den stationären Lüftern, die der Bund angeboten hat – aber in der Kürze der Zeit, die Verordnung kam jetzt sehr spät, kaum umsetzbar für die meisten Schulen – parallel dazu mobile Lüfter zu machen. Wir bieten das sehr großzügig den Kommunen an. Und mit der Zeit, das ist nicht was, was etwa zu dem ersten Tag des Schulstarts, da wird es gar nicht ganz reichen, aber das wird dann im Laufe des Herbst, wenn Lüften immer schwieriger wird, auch ganz (unverständliches Wort, Anm. d. Red.). Wir müssen alles dafür tun, die Schulen so sicher wie möglich zu machen.
Mehr zum Thema Coronavirus und Corona-Impfung
- Nebenwirkungen Die Impfrisiken im Überblick
- Astrazeneca Was über Wirksamkeit und Nebenwirkungen bekannt ist
- Impfungen in der Praxis Die Rolle der Hausärzte in der Impfstrategie
- Corona-Impfpass für Reisen und Öffnungen Mehr Freiheiten für Geimpfte und Genesene
- Impfstoff-Kombinationen Was über Wirksamkeit und Nebenwirkungen einer Kreuzimpfung bekannt ist
- Coronavirus Ob und wann Kinder gegen Covid-19 geimpft werden könnten
- Kampf gegen Corona-Mutationen Impfstoffe und ihre Wirksamkeit
- Varianten von Alpha bis Delta Wie gefährlich sind die Coronavirus-Mutationen?
- Covax-Initiative Erfolge und Probleme der weltweiten Impfstoffverteilung
- "Long Covid" Was wir über Langzeitfolgen von Covid-19 wissen
Küpper: Aber warum rücken Sie sozusagen so von der Impfpflicht ab, die Sie ja, Sie haben es gesagt, Anfang des Jahres mal angeregt haben? Andere Länder, Frankreich beispielsweise, aber auch Griechenland und Italien, haben das nun eingeführt oder führen es ein – für Pflegerinnen und Pfleger, nicht für Lehrer, um das klar zu sagen. Warum ist das hierzulande kein Mittel?
Söder: Wir haben hier eine breite Diskussion schon einmal geführt, und da gibt es auch keine Mehrheit dafür, und das gilt es auch einfach zu respektieren. Es ist auch ein starker Grundrechtseingriff.
Grundrechte sind nicht mehr eingeschränkt
Küpper: Die machen wir gerade ja auch, starke Grundrechtseingriffe.
Söder: Natürlich, Sie haben völlig recht, aber nicht mehr so stark jetzt. Seien wir mal bitte ehrlich, alle diejenigen, die aus dem sehr heftigen Bekämpfungslager kommen und immer noch argumentieren, Grundrechte sind eingeschränkt, das ist ja nicht mehr der Fall.
Ich finde eher manch andere Dinge spannend. Wenn ich Ihnen sagen darf, Sie haben recht, wir konnten Grundrechte einschränken, es konnten Grenzen geschlossen werden, es gab Ausgangsbeschränkungen. Aber so heilig die Kühe wie das deutsche Vergaberecht, das konnte in keinster Weise verkürzt werden, was übrigens bei all diesen Anschaffungsmaßnahmen für die Kommunen das Verfahren immer verzögert – das aber nur by the way als kleines Momentum und Randnotiz. Ich bin gegen eine Impfpflicht jetzt gerade in den Schulen, das bringt nichts.
Küpper: Dann gehen wir noch mal die anderen Ansätze, die anderen Instrumente durch: Aus der Wissenschaft gibt es Studien, die anregen, eine Prämie, eine Geldzahlung vorzuschlagen, anzubieten. Ist das eine Option?
Söder: Ich glaube nicht. Ich glaube nicht, dass wir mit Geldzahlungen jetzt weiterkommen. Ich glaube, der bessere Weg ist, dezentral, regional anzubieten, das heißt bei landwirtschaftlichen Betrieben, bei Saisonarbeiten, in den Schulen Abschlussklassen zu machen, in den Universitäten das anzubieten vor Ort, Bereiche in Supermärkten, bei der Gastronomie, mit Sportvereinen zusammen das auf den Weg zu bringen, also gezielte Aktionen, wo gleichzeitig auch Aufklärung verbunden ist.
Ganz wichtig im Migrationsbereich, in Moscheen mit den Kulturvereinen das zusammen zu machen. Wir hatten in Nürnberg so einen Modelltag gehabt, machen viele andere Kommunen auch, und da haben sich an einem Tag – auch mit Unterstützung übrigens der türkischen Community – wahnsinnig viele Leute angemeldet. Also mit so Vorbildfunktionen, das hilft schon viel mehr. Ich glaube, mit so einer reinen Prämie, da kommt man auch nicht weiter, denn eine große Anzahl derer übrigens, die müde sind oder das nicht ernst nehmen, die lassen sich auch nicht mit 100 Euro dafür kaufen – das glaube ich, wird nicht funktionieren.
Und wissen Sie, ich würde auch noch mal dafür werben, dass wir auch noch mal den Versuch unternehmen zu erklären, der größte Gewinn ist nicht ein 100-Euro-Schein, sondern der größte Gewinn ist die Freiheit, die man dann bekommt – also mehr Freiheitsrechte zu definieren, dann auch eine Perspektive für die Nachtgastronomie zu eröffnen, dann eben für vollständig Geimpfte.
Das ist doch mehr und, sorry, auch das noch mal ein bisschen appelliert an die Vernunft: Ich finde auch, es ist doch ein unheimlich hohes Gut, wenn man nicht nur sich, sondern auch andere schützen kann.
"Die einzige echte Bekämpfung ist dieser Minipieks"
Küpper: Sie haben gestern bei einem Besuch des Münchner Impfzentrums gesagt: ohne Impfen keine Freiheit. Auf diesen Nenner haben Sie es gebracht. In manchen Ohren klingt das allerdings eher bedrohlich als nach einem Appell.
Söder: Ich denke, es klingt ganz vernünftig und klug, weil das ist ja die Realität. Jens Spahn hat vor einige Wochen gesagt, Impfen oder Infektion ist die Alternative, ich befürchte, er hat recht, weil anders wird’s ja nicht gehen.
Man kann ja ganz nüchtern sehen: Man kann im Leben einen Weg gehen, der sagt, wird schon nicht kommen. Ich hab während dieser eineinhalb Jahre das immer wieder erlebt, ob von Opposition oder auch selbst zum Teil in meiner Regierung, da hieß es dann immer: Ja, wird schon nicht so schlimm werden, bisschen mehr optimistisch – immer das Gleiche.
Die Wissenschaftler haben uns vorhergesagt, zum Teil bei der dritten Welle, relativ sogar auf den Tag genau, das und das passiert oder das und das wirkt und das und das wirkt nicht, das war weitgehend so. Heute sagen die Wissenschaftler, die vierte Welle wird kommen, also kann ich sie nicht ignorieren, und die einzige echte Bekämpfung ist dieser Minipieks, zweimal ein Pieks.
Und ich meine, fast jeder, der es gemacht hat, kann sagen, der Pieks war nicht das Problem – einige hatten Nebenwirkungen, das muss man ernst nehmen, aber diese Nebenwirkungen mal einen Tag oder zwei Tage, da wirklich auch nicht so gut fühlen, hat am Ende aber doch eine lange, lange Form von Freiheit. Und die Wahrheit ist auch, wir brauchen Auffrischungsimpfungen schon im Herbst für die besonders sensiblen Gruppen, und wir werden auch auf Dauer impfen müssen. Schauen Sie, wir beide in unserer Generation, wir kennen das Problem Pocken nicht. Wir haben die Kinderlähmung besiegt, wir haben Probleme wie den Keuchhusten besiegt, das waren Bereiche, die haben ganze Generationen von Menschen extrem belastet oder im anderen Fall auch Schulschließungen haben dazu geführt, immer wieder. Das ist uns gelungen durch massives Impfen. Nichts anderes am Ende außer Impfen hilft, und deswegen ist es auch das zentrale Ziel, das zu machen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.