Große Plakatwerbung in den Straßen Rabats, der Hauptstadt Marokkos. Sie zeigen junge Marokkaner – Frauen und Männer in Uniform. Selbstbewusst, salutierend, lächelnd. Der marokkanische Staat wirbt großflächig für seinen neu eingeführten Wehrdienst – online, in Funk und Fernsehen. Ab September dieses Jahres werden Frauen und Männer, die zwischen 19 und 25 Jahre alt sind, an der Waffe ausgebildet.
13 Jahre nach der Abschaffung der Wehrpflicht durch den aktuellen König Mohammed VI. hat derselbe den Dienst an der Waffe wieder verpflichtend eingeführt. Die offizielle Begründung: Der Patriotismus solle unter den jungen Leuten gestärkt, die Perspektivlosigkeit der Jugend bekämpft werden. Und das sieht so aus: Ein Jahr Ausbildung, Kost und Logis. Dazu ein Gehalt von bis zu umgerechnet etwa 200 Euro.
13 Jahre nach der Abschaffung der Wehrpflicht durch den aktuellen König Mohammed VI. hat derselbe den Dienst an der Waffe wieder verpflichtend eingeführt. Die offizielle Begründung: Der Patriotismus solle unter den jungen Leuten gestärkt, die Perspektivlosigkeit der Jugend bekämpft werden. Und das sieht so aus: Ein Jahr Ausbildung, Kost und Logis. Dazu ein Gehalt von bis zu umgerechnet etwa 200 Euro.
"Der Wehrdienst wird Mädchen helfen, sich frei zu machen"
Ein attraktives Angebot, findet die 19-jährige Asmae Taj. Sie will so unabhängig werden:
"Durch den Wehrdienst kann ich viele meiner Sorgen bekämpfen und mich davon befreien. Der Stress mit dem Studium, die Eltern - und ich kann mich selbst entdecken. Ich glaube, der Wehrdienst wird vielen Mädchen helfen, sich frei zu machen. Von der Unterstützung anderer, dass man von anderen auch mehr respektiert wird. Man kann mehr erreichen. Junge Frauen werden sich nicht mehr selbst verachten und müssen ihre Energie nicht mehr verstecken."
Was die 19-jährige Asmae beschreibt, sind die Sorgen vieler junger Menschen in Marokko. Was soll nach der Schule oder dem Studium werden? Ob ausgebildet oder nicht – viele finden keinen Job.
Die Arbeitslosigkeit in Marokko liegt allgemein bei etwa zehn Prozent. Die Arbeitslosenquote von jungen Marokkanern zweieinhalb Mal so hoch. In einigen Städten übersteigt sie 40 Prozent. Viele träumen deswegen von einem besseren Leben – zum Beispiel in Europa. Vom wirtschaftlichen Wachstum des Landes profitieren die jungen Menschen nicht.
"Durch den Wehrdienst kann ich viele meiner Sorgen bekämpfen und mich davon befreien. Der Stress mit dem Studium, die Eltern - und ich kann mich selbst entdecken. Ich glaube, der Wehrdienst wird vielen Mädchen helfen, sich frei zu machen. Von der Unterstützung anderer, dass man von anderen auch mehr respektiert wird. Man kann mehr erreichen. Junge Frauen werden sich nicht mehr selbst verachten und müssen ihre Energie nicht mehr verstecken."
Was die 19-jährige Asmae beschreibt, sind die Sorgen vieler junger Menschen in Marokko. Was soll nach der Schule oder dem Studium werden? Ob ausgebildet oder nicht – viele finden keinen Job.
Die Arbeitslosigkeit in Marokko liegt allgemein bei etwa zehn Prozent. Die Arbeitslosenquote von jungen Marokkanern zweieinhalb Mal so hoch. In einigen Städten übersteigt sie 40 Prozent. Viele träumen deswegen von einem besseren Leben – zum Beispiel in Europa. Vom wirtschaftlichen Wachstum des Landes profitieren die jungen Menschen nicht.
"Ich empfinde nichts für dieses Land"
Deswegen sorgt die neue Wehrpflicht auch für Unmut. Zum Beispiel in den sozialen Netzwerken. Auf YouTube äußert sich zum Beispiel ein junger Mann aus Marrakesch:
"Ich bin nicht bereit, ein Land zu verteidigen, das mir rein gar nichts gegeben hat. Sie machen sich über uns lustig, sie machen mit uns, was sie wollen. Für mich ist dieses Land ein Reinfall. Wir leben im Elend und ich empfinde nichts für dieses Land."
Der 23-jährige Achraf Ibra liest seinen Einzugsbescheid vor. Innerhalb der nächsten 20 Tage muss er sich für den Wehrdienst online registrieren, so das Schreiben. Verweigern geht nur in Ausnahmefällen. Achraf hat Wirtschaft studiert und eigentlich keine Probleme, Arbeit zu finden.
"Ich war überrascht, auch schockiert und hatte etwas Angst. Es gab keine Debatte, man hat uns junge Leute nicht eingebunden. Gar nichts. Wir haben entschieden und jetzt müsst ihr gehorchen. Punkt! Das kann ich nicht akzeptieren!"
"Ich bin nicht bereit, ein Land zu verteidigen, das mir rein gar nichts gegeben hat. Sie machen sich über uns lustig, sie machen mit uns, was sie wollen. Für mich ist dieses Land ein Reinfall. Wir leben im Elend und ich empfinde nichts für dieses Land."
Der 23-jährige Achraf Ibra liest seinen Einzugsbescheid vor. Innerhalb der nächsten 20 Tage muss er sich für den Wehrdienst online registrieren, so das Schreiben. Verweigern geht nur in Ausnahmefällen. Achraf hat Wirtschaft studiert und eigentlich keine Probleme, Arbeit zu finden.
"Ich war überrascht, auch schockiert und hatte etwas Angst. Es gab keine Debatte, man hat uns junge Leute nicht eingebunden. Gar nichts. Wir haben entschieden und jetzt müsst ihr gehorchen. Punkt! Das kann ich nicht akzeptieren!"
Wehrpflicht, um Proteste zu blockieren?
Achraf ist nicht generell gegen einen Wehrdienst, sagt er. Den Zwang und die Länge lehnt er aber ab. Man kann die Leute nicht dazu zwingen, ihr Vaterland zu lieben, sagt er. Und:
"Es gibt Leute, die sagen: Es ist eine Reaktion auf die Proteste der Jugend. Es gab in der Rif-Region zum Beispiel viele Demonstrationen, überall in Marokko eigentlich. Deswegen sagen manche Leute: Das ist, um die jungen Leute einzuschränken, sie zu blockieren, sie zu bremsen."
Eigentlich hatte der marokkanische König Mohammed VI. die Wehrpflicht im Land zu Beginn seiner Amtszeit 2006 abgesetzt. Sie war Mitte der 1960er-Jahre eingeführt worden, um Protesten den Nährboden zu entziehen, sagen Experten. Und das wolle der Staat heute wieder.
Seit 2016 kommt es landesweit zu Protesten. Die Demonstranten der sogenannten Rif- oder Hirak-Bewegung fordern Arbeitsplätze, Krankenhäuser, ein Ende der Korruption. Obwohl die bekanntesten Gesichter der Bewegung im Gefängnis sitzen und der marokkanische Staat in den Protestregionen mit Sicherheitskräften aufgerüstet hat, ebben die Proteste nicht wirklich ab. Erst in den vergangenen Tagen protestierten tausende Menschen für die Inhaftierten vor dem Parlament in der Hauptstadt Rabat. Für die kommenden Tage haben deren Familien zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen.
"Es gibt Leute, die sagen: Es ist eine Reaktion auf die Proteste der Jugend. Es gab in der Rif-Region zum Beispiel viele Demonstrationen, überall in Marokko eigentlich. Deswegen sagen manche Leute: Das ist, um die jungen Leute einzuschränken, sie zu blockieren, sie zu bremsen."
Eigentlich hatte der marokkanische König Mohammed VI. die Wehrpflicht im Land zu Beginn seiner Amtszeit 2006 abgesetzt. Sie war Mitte der 1960er-Jahre eingeführt worden, um Protesten den Nährboden zu entziehen, sagen Experten. Und das wolle der Staat heute wieder.
Seit 2016 kommt es landesweit zu Protesten. Die Demonstranten der sogenannten Rif- oder Hirak-Bewegung fordern Arbeitsplätze, Krankenhäuser, ein Ende der Korruption. Obwohl die bekanntesten Gesichter der Bewegung im Gefängnis sitzen und der marokkanische Staat in den Protestregionen mit Sicherheitskräften aufgerüstet hat, ebben die Proteste nicht wirklich ab. Erst in den vergangenen Tagen protestierten tausende Menschen für die Inhaftierten vor dem Parlament in der Hauptstadt Rabat. Für die kommenden Tage haben deren Familien zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen.
"Dann fühlst du den Wert der Uniform"
Wie eine Wehrpflicht diesen Zorn eindämmen könnte, zeigt ein Beispiel aus einem Beitrag des staatlichen Senders 2M. Darin erinnert sich Mohamed Maher, Zahnarzt aus Casablanca. Er wurde in den 90er-Jahren vor der Abschaffung des Wehrdienstes eingezogen:
"Wenn du da eintrittst, hast du erst einmal die ersten zwei, drei Wochen Angst. Danach integrierst du dich in diese neue Familie, hast neue Freund und andere Kontakte. Du entfernst dich von deiner eigenen Familie und alten Gewohnheiten. Und bist wie in einem geschlossenen Milieu. Und ab dann fühlst du den Wert der Uniform, die du trägst. Und wenn du morgens und nachmittags die Flagge hisst, dann bist du Stolz darauf, die Nationalhymne zu singen und vor der marokkanischen Flagge zu salutieren. Und du fühlst den wahren Wert für die Soldaten, die unser Heimatland verteidigen."
"Wenn du da eintrittst, hast du erst einmal die ersten zwei, drei Wochen Angst. Danach integrierst du dich in diese neue Familie, hast neue Freund und andere Kontakte. Du entfernst dich von deiner eigenen Familie und alten Gewohnheiten. Und bist wie in einem geschlossenen Milieu. Und ab dann fühlst du den Wert der Uniform, die du trägst. Und wenn du morgens und nachmittags die Flagge hisst, dann bist du Stolz darauf, die Nationalhymne zu singen und vor der marokkanischen Flagge zu salutieren. Und du fühlst den wahren Wert für die Soldaten, die unser Heimatland verteidigen."