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Martin Huber zu Energiekrise
CSU-Generalsekretär empfiehlt Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke

In der Diskussion um Alternativen zu russischem Gas empfiehlt CSU-Generalsekretär Martin Huber, die verbliebenen Atommeiler drei bis fünf Jahre länger als geplant am Netz zu lassen. Ein hohes Energieangebot sei nicht zuletzt eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sagte er im Dlf.

Martin Huber im Gespräch mit Katharina Hamberger | 31.07.2022
Der CSU-Generalsekretär Martin Huber
Der CSU-Generalsekretär Martin Huber (picture alliance/dpa | Peter Kneffel)
Angesichts der Energiekrise wollen einige Parteien in Deutschland verstärkt auf Atomkraft setzen. Eine kleine Lösung dafür wäre laut Bundesumwelt- und Wirtschaftsministerium ein sogenannter Streckbetrieb: Demnach könnten die letzten drei noch verbliebenen Kernkraftwerke mit ihren vorhandenen Brennstäben auch über das vereinbarte Laufzeitende 31. Dezember 2022 hinaus noch Strom erzeugen – vorausgesetzt, sie würden jetzt im Sommer weniger produzieren.
CSU-Generalsekretär Martin Huber setzt sich dagegen für eine weitergehende Laufzeitverlängerung ein. „Ein Streckbetrieb ist nicht das, was uns über das Jahr 2023 hinaus helfen wird“, sagte er im Interview der Woche des Deutschlandfunks. Beim Szenario einer Laufzeitverlängerung würden neue Brennstäbe gekauft, mit denen die Atommeiler auch nach 2022 in regulärem Ausmaß Strom erzeugen könnten. Die CSU wolle den beschlossenen Atomausstieg nicht grundsätzlich infrage stellen, betonte Huber. Es gehe darum, „dass wir jetzt – in der Stunde der Not – das verwenden, was wir haben.“

Brennstäbe aus Kanada sollen Laufzeitverlängerung ermöglichen

Momentan liegt der Anteil der Atomenergie in der deutschen Stromversorgung bei nur 6,4 Prozent. Als irrelevant dürften die noch aktiven Meiler deswegen aber keinesfalls angesehen werden, so Huber. Schließlich werde auch Gas (10,1 Prozent) zur Stromerzeugung verwendet. „Und wenn wir zum Jahresende bei der Verstromung auch noch auf drei laufende Kernkraftwerke verzichten würden, würde natürlich die Stromlücke auch entsprechend größer.“
Die CSU fordert eine Laufzeitverlängerung von drei bis fünf Jahren – schließlich sei nicht davon auszugehen, dass im nächsten Frühjahr die Energieknappheit überwunden sei, erläuterte Huber. Das Angebot im Energiemarkt hochzuhalten, sei nicht zuletzt auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sagte der CSU-Generalsekretär. „Denn wenn das Angebot sinkt und die Preise steigen, zahlen es vor allem auch wieder Familien und die Rentnerinnen und Rentner.“
Die benötigten neuen Brennstäbe sollten im Falle einer Laufzeitverlängerung natürlich nicht aus Russland gekauft werden – „wie es fälschlicherweise immer heißt“, so Huber, „sondern aus Kanada.“
Mit Blick auf die Möglichkeiten der Bevölkerung sollten die Bürgerinnen und Bürger durchaus ihre Energieeinsparpotenziale nutzen. Dennoch betonte Huber: „Auf der anderen Seite muss aber auch klar sein, dass wir einen Standort wie Deutschland nicht mit Maßnahmen wie ein bisschen kürzer duschen und im Winter keine Pools beheizen durch die Krise bringen.“ Das seien Vorschläge, die fast absurd klängen.

Lieber Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel senken

Stattdessen befürwortet der CSU-Generalsekretär eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. „Dass Menschen an der Kasse beim Einkaufen wieder Produkte zurücklegen, weil sie merken, sie können sich das doch nicht leisten, muss uns alle mit Sorge erfüllen“. Europarechtlich wäre es ja möglich, so Huber, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel komplett zu streichen. „Das ist ein Ansatz, der sehr zielgerichtet wirken würde.“

Das Interview im Wortlaut:
Katharina Hamberger: Ihr Stimmkreis ist das oberbayerische Altötting am südöstlichen Rand der Republik. Diese Region ist zum einen bekannt, weil dort ein bekannter Wallfahrtsort liegt, Altötting, zum anderen aber auch ist es ein Standort einiger energieintensiver Unternehmen, wie zum Beispiel Wacker Burghausen oder OMV. Wie sehr zittern diese Unternehmen denn angesichts der drohenden Gasknappheit?
Martin Huber: Ja, die Unternehmen sind in großer Sorge, denn Gas ist gerade für das bayerische Chemiedreieck von ganz elementarer Bedeutung. Gas wird bei uns gebraucht im Chemiedreieck für die Wärmeerzeugung, auch für die Stromerzeugung, und vor allem auch für die Produktionsprozesse in der chemischen Industrie, und deswegen ist die Gasversorgung für uns elementar. Deswegen fordern wir ja auch als Freistaat Bayern, dass die Gasversorgung gesichert sein muss. In Zukunft wird auch grüner Wasserstoff von besonderer Bedeutung sein. Deswegen ist es ja auch wichtig, dass wir in dem Zusammenhang an eine sichere Versorgung denken mit grünem Wasserstoff, und deswegen fordern wir ja auch als Freistaat Bayern den Bau einer weiteren Pipeline Richtung Süden, weil wir eben auch von Süden her die entsprechende Versorgungssicherheit brauchen.
Hamberger: Bevor wir auf die Frage kommen, wie das mit der Gasversorgung klappen könnte, schauen wir mal auf die Frage, die vor allem den Strom betrifft, nämlich der in Bayern viel über Atomkraft auch kommt. Die Union setzt auf eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Müssten Sie da, wenn man ehrlich ist, in der Debatte nicht auch dazu sagen, dass das erst mal nur wirklich einen minimalen Teil des Problems abpuffern könnte, weil Atomstrom im Moment nur 6 Prozent der Stromversorgung in Deutschland insgesamt ausmacht? Das heißt, wenn der wegfällt, dann haben wir zwar eine Stromlücke, die man im Fall der Fälle mit Gas ersetzen müsste, aber es kann nicht das Problem insgesamt lösen.
Huber: Zum einen ist es ja so, wie Sie gerade gesagt haben, dass auch Gas für die Verstromung verwendet wird, und wenn wir jetzt zum Jahresende dann bei der Verstromung auch noch auf drei laufende Kernkraftwerke verzichten würden, dann würde natürlich die Stromlücke auch entsprechend größer werden, und deswegen fordern wir als CSU ja auch klipp und klar, dass die drei Atomkraftwerke, die noch am Netz sind, auch länger laufen, weil wir dadurch natürlich auch weniger Gas für die Verstromung brauchen würden. Also das ist schon ein Punkt, der sehr, sehr wichtig ist, und deswegen fordern wir nach wie vor, dass diese drei Atomkraftwerke länger laufen, und darüber hinaus ist es ja auch in Bayern so, dass wir den Anteil der erneuerbaren Energien ganz massiv ausgebaut haben und noch weiter ausbauen werden.

"Die drei Kraftwerke sollen länger laufen, drei bis fünf Jahre"

Hamberger: Warum setzen Sie so sehr auf eine Laufzeitverlängerung? Man könnte ja auch sagen, es reicht uns erst mal, dass wir die Laufzeit der Atomkraftwerke strecken, also dass man mit den bisherigen Brennstäben weitermacht.
Huber: Ein Streckbetrieb ist nicht das, was uns über 2023 hinaushelfen wird. Wir haben klipp und klar gesagt, die drei Kraftwerke sollen länger laufen, drei bis fünf Jahre, weil es ja auch nicht so ist, dass davon auszugehen ist, dass nächstes Jahr im Frühjahr die Energieknappheit überwunden ist, und deswegen setzen wir darauf, dass die drei Kraftwerke länger laufen, und immerhin, das darf man ja auch nicht vergessen, versorgen diese drei Kraftwerke knapp zehn Millionen Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland, und jeder, der von den Gesetzen des Marktes etwas versteht, weiß natürlich auch, wenn das Angebot an Energie zurückgeht, aber die Nachfrage gleich bleibt, führt das zu einer Preissteigerung. Also, insofern wäre es auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, das Angebot im Energiemarkt hochzuhalten, weil wenn das Angebot sinkt und die Preise steigen, zahlen es ja vor allem auch wieder Familie und die Rentnerinnen und Rentner.

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Hamberger: Es ist ja aber auch eine Frage von tatsächlich Ertrag und Aufwand, denn wenn man die Atomkraftwerke wirklich verlängert, die Laufzeit verlängert, eben, wie Sie sagen, um drei bis fünf Jahre, dann hieße das, man müsse sich um die Brennstäbe kümmern, aber das hieße in dem Fall ja auch, dass die Sicherheitsfrage noch mal eine Rolle spielt.
Huber: Schauen Sie, das sind genau die Punkte, die ja die Grünen immer ins Feld führen und die einfach nicht stimmen. Die Grünen sagen immer, es wäre technisch mit möglich und es wäre ja auch juristisch von der Sicherheitsüberprüfung nicht möglich, und das ist schlicht und ergreifend falsch.
Hamberger: Aber Sie können doch nicht die Sicherheitsüberprüfungen weglassen, die letzte war 2019.
Huber: Die will auch keiner weglassen, es gibt ja auch ein Gutachten vom TÜV Süd, und das Gutachten vom TÜV Süd besagt klipp und klar, juristisch wäre es möglich, die Sicherheitsüberprüfungen nachzuholen, und technisch wäre es auch möglich, neues Material für die Brennstäbe zu besorgen, nicht aus Russland, wie es fälschlicherweise immer heißt, sondern aus Kanada. Also, es wäre schon möglich, und ganz ehrlich, wir sehen ja auch, wie die Grünen sich millimeterweise in der Frage bewegen, aber das geht zu langsam, und deswegen brauchen wir endlich die Klarheit, dass die drei Kraftwerke, die noch am Netz sind, auch länger laufen.
Hamberger: Dafür soll es ja jetzt tatsächlich einen Stresstest noch mal geben, der sich den Strombedarf in Deutschland auch noch mal genau anschaut unter verschärften Bedingungen. Den hat Robert Habeck jetzt auch in die Wege geleitet. Also, es scheint ja schon so, als würde da zumindest geschaut werden, braucht man das tatsächlich.
Huber: Der größte Stresstest für Deutschland ist das Zaudern der Grünen.

"Geht nicht darum, Atomausstieg grundsätzlich infrage zu stellen"

Hamberger: Es ist aber auch so, muss man auch dazu sagen, dass die CSU ja auch in den letzten Jahren eher sich darüber gefreut hat, dass wir aus der Atomkraft aussteigen. Ihr Parteivorsitzender hat im vergangenen Jahr noch gesagt: „Isch over“, hier im Deutschlandfunk, so war sein Zitat, da kommen wir gar nicht erst wieder zurück, und jetzt bewegt man sich eben wieder zurück.
Huber: Zum einen möchte ich schon darauf hinweisen, dass der Atomausstieg damals ein gesamtgesellschaftlicher Konsens war, der beschlossen wurde, und auch Gas als Brücke war auch ein gesamtgesellschaftlicher Konsens, der damals beschlossen wurde, und es geht uns ja auch nicht darum, den Atomausstieg grundsätzlich infrage zu stellen. Uns geht es darum, dass wir jetzt in der Stunde der Not das verwenden, was wir haben. Das sind eben noch drei Atomkraftwerke, die am Netz sind. Darum geht es uns, denn eins ist ja auch völlig klar, der Wirtschaftsstandort Deutschland braucht eine stabile und sichere Energieversorgung, und wenn die nicht gewährleistet ist, dann wird es viele Menschen ganz massiv betreffen.
Hamberger: Stichwort sichere Energieversorgung, wir haben darüber geredet, eben Atomkraft ist für den Strom zuständig, zum Großteil. Beim Gas wiederum ist es umgekehrt. Es kommt nur ein geringer Teil des Gases für die Verstromung infrage, und der Rest wird tatsächlich für Wärme eingesetzt, und das ist ja der große Brocken, der im schlimmsten Fall ersetzt werden muss oder wegfällt. Wo soll denn aus Ihrer Sicht das Gas für die Wärme herkommen in den nächsten Monaten?
Huber: Wir brauchen natürlich auch beim Bereich Wärme enorm viel Alternativen. Das eine ist ja auch, was wir beim Thema Gas immer wieder auch ansprechen, warum haben andere Länder Lieferverträge mit Katar abgeschlossen und Deutschland bislang offensichtlich nicht. Mir ist nicht bekannt, dass neben schönen Fototerminen in Katar jetzt auch schon etwas Belastbares beschlossen worden wäre. Das ist das eine, und das andere ist natürlich, dass wir in Bayern auch in die Zukunft investieren wollen und sagen, wir brauchen auch beim Bereich Geothermie etwas. Robert Habeck hat im Januar angekündigt, dass es ein Förderprogramm geben soll für Geothermie. Jetzt haben wir fast August, es liegt immer noch nichts vor, und Geothermie hätte zum Beispiel das Potenzial, dass wir in Bayern bis zum Jahr 2050 25 Prozent des Wärmebedarfs in Gebäuden abdecken könnten.

Sparvorschläge, "die irgendwie fast schon absurd klingen"

Hamberger: Das ist ja eher dann der Blick in die Zukunft. Wenn wir mal Ihr Stichwort Katar aufgreifen, müssten Sie dann nicht die Unternehmen, also RWE, Uniper, viel mehr in die Pflicht nehmen? Der Wirtschaftsminister war in Katar. Der hat eine Energiepartnerschaft abgeschlossen als Basis für Verträge, aber die Verträge wiederum, das liegt dann eben bei den Energieunternehmen. Die sind es also, die in der Verantwortung sind.
Huber: Die Frage ist halt, warum Italien bereits Verträge unterzeichnet hat mit Katar über Lieferungen von Gas und Deutschland bisher nicht, und so leicht können wir es uns nicht machen, dass sich die Bundesregierung hier einfach aus der Verantwortung stiehlt. Wir erwarten, dass hier auch wirklich die Verträge geschlossen werden.
Hamberger: Welche Rolle spielt denn abseits dieser Fragen, eben wie viel Gas kriegen wir über verschiedene andere Quellen außer Russland, dass jeder und jede von uns auch Gas einspart, Energie einspart?
Huber: Natürlich ist es immer wichtig, wenn wir selbst auch die Einsparpotenziale nutzen. Das ist ja völlig klar. Auf der anderen Seite muss aber auch klar sein, dass wir einen Standort wie Deutschland nicht mit Maßnahmen wie ein bisschen kürzer duschen und im Winter keine Pools beheizen durch die Krise bringen. Also, das sind ja Vorschläge, die irgendwie fast schon absurd klingen.
Hamberger: Es bringt zumindest Kleinigkeiten.
Huber: Es mag ein paar Kleinigkeiten bringen, aber wir sind Europas größter Wirtschaftsstandort, größter Industriestandort, insofern brauchen wir natürlich auch belastbare und zuverlässige Maßnahmen, und da erwarten wir einfach auch, dass die Alternativen gesucht werden, und auch, wie gesagt, Verträge beispielsweise mit Katar unterzeichnet werden. Gleiches gilt im Übrigen auch bei der Zufuhr von Flüssiggas und in LNG-Terminals. Hier geht es ja immer auch darum, dass wir vor allem auch Bayern im Blick haben, denn momentan denkt die Ampel hier nur von Nord nach Süd, und selbst im Chemiedreieck ist die Sorge groß, dass wenn die Gasversorgung nur von Norden nach Süden geht, im Süden nichts mehr ankommt.

"Bundesnetzagentur macht hier eine etwas seltsame Figur"

Hamberger: Im Fall der Fälle, wenn tatsächlich nichts mehr ankommt, und zwar nirgendwo mehr, dann müsste es ja vielleicht zu einer Priorisierung kommen, also bei der Zuteilung von Gas. Es ist auch was, was die Bundesnetzagentur auch immer wieder ins Auge fasst. Wo sehen Sie denn da Möglichkeiten, wenn es tatsächlich dazu kommt?
Huber: Die Bundesnetzagentur macht hier auch eine etwas seltsame Figur, die ja auch von regionalen Abschaltungen spricht und im Prinzip auch den Teufel an die Wand malt, dass unter Umständen vor allem auch Bayern davon betroffen sein könnte, und das können wir natürlich auf keinen Fall akzeptieren, und deswegen noch einmal die Forderung, wir brauchen auch die entsprechenden Lieferstrukturen vom Süden her, beispielsweise über Triest und Koper, beispielsweise auch über die bestehenden Pipelines, auch über eine neu gebaute Pipeline. Es kann nicht sein, dass die Ampel hier den Süden immer sträflich vernachlässigt.
Hamberger: Das sind jetzt Ihre Vorwürfe, aber in den vergangenen Jahren hat man ja wahrscheinlich über solche Pipelines überhaupt nicht nachgedacht, weil man ja eben die Möglichkeiten hatte, die man hatte, also das schöne, billige, russische Gas, also brauchte man keine zweite Pipeline über die Alpen, die ja auch teuer ist im Bau und die ja jetzt auch nicht morgen steht.
Huber: Na ja, Fakt ist schon einmal, dass die Ampel von Norden nach Süden denkt und dass die LNG-Terminals vor allem in Norden entstehen sollen und dass bestehende LNG-Terminals in Italien beispielsweise in den Planungen der Bundesregierung keine Rolle spielen, und das mahnen wir ja schon an, dass gerade auch für Bayern, und im Übrigen nicht nur für Bayern, sondern auch für Baden-Württemberg, die Versorgung von Südeuropa her auch ein wichtiger Punkt ist, und hier ist die Ampel leider völlig tatenlos, und das mahnen wir, wie ich finde, auch völlig zu Recht an.

"Solidarität im Falle des Falles nicht übermäßig ausgeprägt"

Hamberger: Schauen wir mal ein bisschen größer auf die EU-Ebene, weil das ja nicht nur Deutschland trifft. Es trifft eben die ganze Europäische Union. Da gibt es jetzt einen Notfallplan Gas, der erst einmal auf das freiwillige Einsparen setzt. Das erfordert ziemlich viel Solidarität zwischen den einzelnen Ländern. Im Falle der Fälle muss man sich da auch gegenseitig aushelfen. Es gibt Solidaritätsvereinbarungen auch schon, die bilateral geschlossen werden. Wie würden Sie denn sagen, steht es um diese Solidarität tatsächlich?
Huber: Ja, das was von der EU-Kommission vorgeschlagen wird, sind ja freiwillige Maßnahmen. Inwieweit die dann greifen, muss man sehen. Wir erleben es ja jetzt beispielsweise auch bei dem Gasspeicher Haidach, dass die Solidarität im Falle des Falles nicht übermäßig ausgeprägt ist, um es mal so zu sagen. Vor einigen Wochen gab es ja noch die Aufforderung an den Freistaat Bayern, selbst Gas einzukaufen und im österreichischen Speicher Haidach einzuspeichern. Der Freistaat Bayern hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das nicht so einfach ist. Was wäre denn im Fall des Falles, haben wir damals gesagt, wenn Österreich dann selbst auf diesen Speicher zugreift und das Gas, das wir gekauft hätten, nicht verfügbar ist. Das wurde damals etwas belächelt. Heute haben wir genau diese Situation, dass Österreich sagt, auch Österreich möchte den Speicher Haidach nutzen, und deswegen gilt auch hier, dass wir auch von der Bundesregierung erwarten, dass nach der Absichtserklärung, die ja jetzt in Wien glücklicherweise erklärt wurde, dass eben auch der Speicher Haidach nach wie vor für Süddeutschland zur Verfügung steht.
Hamberger: Kann man das nicht auch ein bisschen verstehen, dass zumindest gegenüber Deutschland manchmal die Solidarität von manchen Ländern nicht ganz so groß ist in Europa, einmal Erfahrungen aus der Eurokrise, aber auch weil in den vergangenen Jahren einfach viele europäische Länder gesagt haben, ihr macht euch mit gerade Nord Stream 2 abhängig weiter von Russland. Wir wollen alle diese Pipeline nicht und Deutschland gegen alle Widerstände diese Pipeline durchgesetzt hat?
Huber: Natürlich ist in diesen großen Themen es wichtig, dass wir auf europäischer Ebene gut zusammenarbeiten, und ich glaube, dass Deutschland und vor allem auch die CDU und die CSU immer deutlich gemacht haben, dass wir absolute Anhänger der europäischen Idee sind, und natürlich ist da immer auch die Unterscheidung gegeben, was ist nationalstaatliche Kompetenz und was ist europäische Kompetenz, und die Energiepolitik war natürlich in den vergangenen Jahren immer auch in der Kompetenz der Nationalstaaten, und natürlich, ich habe es gerade auch angesprochen, war es gesamtgesellschaftlicher Konsens in Deutschland, aus der Atomkraft auszusteigen und Gas als Brücke zu verwenden.

Bayern muss sich bei Erneuerbaren "nicht verstecken"

Hamberger: Das eine ist die Frage, wie viel davon ist selbst gemacht von Deutschland. Die andere Frage ist auch, und das gehört vielleicht auch zur Wahrheit dazu, weil Sie immer sagen, Sie schauen vor allem auf Bayern, dass Bayern zwar eine besondere geografische Lage hat, wenn es auch um die Gasversorgung geht, aber es gehört doch auch dazu, dass Bayern in den vergangenen Jahren mehr tun hätte müssen, um nicht so abhängig zu sein vom russischen Gas.
Huber: Also, wenn Sie jetzt auf den Ausbau der erneuerbaren Energien anspielen, dann nehme ich den Ball sehr, sehr gerne auf, weil sich der Freistaat Bayern da in keinster Weise verstecken muss.
Hamberger: Das betrifft die Sonnenenergie. Das betrifft aber zum Beispiel nicht die Windenergie, bei der Bayern ja durchaus noch Aufholbedarf hat. Das betrifft aber vor allen den Leitungsausbau. Horst Seehofer hat das immer als Koalition mit dem Bürger bezeichnet, dass man da sich lange quergestellt hat, dass da viele Kompromisse gesucht wurden, dass man da lange Zeit nicht weitergekommen ist, und die Leitungen können schon längst fertig sein. Das wird aber erst in ein paar Jahren so weit sein, dass man wirklich die Stromversorgung aus dem Norden kriegt.
Huber: Ich weiß nicht, wie viel Sendezeit wir haben, aber ich befürchte, sie reicht nicht aus, um über all die Erfolge zu sprechen, die der Freistaat im Bereich der erneuerbaren Energien vorzuweisen hat. Deswegen möchte ich mich auf das Wesentliche konzentrieren. Zum einen, der Freistaat Bayern produziert doppelt so viel Strom aus erneuerbaren Energien wie Baden-Württemberg. Das, was in Bayern aus erneuerbaren Energien an Strom erzeugt wird, entspricht drei Atomkraftwerken und versorgt rein rechnerisch elf Millionen Haushalte. Der Freistaat Bayern hat einen Anteil an der Stromerzeugung, was die Erneuerbaren betrifft, von 53 Prozent. Wir sind die Nummer 1 bei Photovoltaik, bei Wasserkraft, bei Geothermie und bei Biomasse. Beim Wind liegen wir auf Platz 8, also auch nicht auf dem letzten Platz, so wie immer getan wird. Wir werden 10H reformieren, damit mindestens 800 weitere Windräder in Bayern ermöglichen, und insofern sind wir da sehr, sehr gut aufgestellt, was die erneuerbaren Energien betrifft. Wir werden da auch weitergehen. Wir werden zum Beispiel auch gerade bei der Windenergie darauf setzen, dass es Bürgergenossenschaften gibt, dass also der Ausbau der erneuerbaren Energien auch in Bürgerhand entsprechend vorangeht. Also insofern sind wir da wirklich sehr gut aufgestellt und auch wenn immer andere Behauptungen aufgestellt werden. Falsche Behauptungen werden nicht dadurch wahrer, indem sie immer wieder wiederholt werden.
Hamberger: Aber kann man nicht trotzdem auch mal zugeben, auch wenn man im nächsten Jahr eine Landtagswahl hat: Wir haben in den vergangenen Jahren auch unsere Hausaufgaben nicht immer an jeder Stelle gemacht oder haben Versäumnisse vorzuweisen?
Huber: Es ist immer so, dass man noch besser und noch stärker werden kann, aber bei der Bilanz, die ich gerade vorgestellt habe, glaube ich nicht, dass der Eindruck zutreffend ist, wir hätten hier in Bayern irgendetwas versäumt. Ich kann gerne die Bilanz noch mal wiederholen, aber ich fürchte, Sie würden es dann wahrscheinlich rausschneiden.

Angst der Industrie vor Energieknappheit "sehr, sehr groß"

Hamberger: Herr Huber, schauen wir mal auch auf Ihren Parteivorsitzenden, der in den vergangenen Tagen sehr dramatische Worte gewählt hat, wenn es um unsere nächsten Monate, vielleicht Jahre, geht. Er spricht von einer Gastriage, er spricht von einem Schlaganfall für die Wirtschaft. Droht bei einer solchen Wortwahl nicht die Akzeptanz der Bevölkerung für die Sanktionen gegen Russland jetzt im Ukraine-Krieg verloren zu gehen?
Huber: Das, was Markus Söder gesagt hat, wird ja auch gestützt von der Meinung vieler Fachleute. Wir hatten neulich ein Gespräch mit Professor Lutz von der Bayerischen Industrie- und Handelskammer. Wir hatten Gespräche mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Wir hatten jetzt auch einige Gespräche mit Vertretern aus dem Bayerischen Chemiedreieck und anderen sehr energieintensiven Regionen, und natürlich ist die Angst sehr, sehr groß, dass bei der weiteren Entwicklung auch entsprechend die Versorgung mit Energie zusammenbricht und entsprechende Notfälle drohen, und Professor Lutz zum Beispiel hat selbst darauf hingewiesen, dass es ja auch für das europäische Stromnetz eine große Herausforderung darstellen könnte, wenn in Deutschland die drei Atomkraftwerke vom Netz gehen, weil dann insgesamt der europäische Stromverbund, die Stabilität der Netze gefährdet ist und dann schon ein Blackout droht, und die Frage ist natürlich schon immer, wer steht dann in der Kritik, derjenige, der ganz offen und ehrlich den Finger in die Wunde legt oder sollte man eher die Augen verschließen vor der Realität und sehenden Auges an die Wand fahren. Also, ich finde, Markus Söder handelt hier sehr, sehr verantwortungsvoll und legt völlig zu Recht den Finger in die Wunde, was das Thema Energieversorgung betrifft.
Hamberger: Wie weit, würden Sie denn sagen, geht denn die Unterstützungsbereitschaft auch in Ihrer Partei für die Ukraine? Gibt es da, sagen Sie, Grenzen, was zum Beispiel Sanktionen betrifft?
Huber: Wir stehen ohne Wenn und Aber zu den Sanktionen.
Hamberger: Das heißt, Sie schauen auch nicht auf Stimmung in der Bevölkerung, wenn möglicherweise auch tatsächlich die Gaslieferungen komplett ausbleiben, wenn wir wirklich auf einen schwierigen Winter zusteuern, sagen Sie, daran halten wir fest?
Huber: Wir stehen ohne Wenn und Aber zu den Sanktionen, fordern aber gleichzeitig von der Bundesregierung, dass sie auch für Ersatz sorgt.

"Genügend Einsparpotenzial gegeben"

Hamberger: Sie fordern nicht nur Ersatz, Sie fordern auch eine Vielzahl von Entlastungen für die Bürger. Da zählt das 365-Euro-Ticket dazu, da zählt ein Energiepreisdeckel dazu, Steuersenkungen. Ist das jetzt der Vorteil der Opposition, dass man das alles fordern kann, ohne dass man sich überlegen muss, wo das Geld herkommt?
Huber: Wir überlegen uns das sehr genau, und die Frage ist schon auch etwas irreführend vor dem Hintergrund, dass die Ampel 300 Milliarden Euro neue Schulden macht. Das ist der größte Schuldenhaufen, den eine Bundesregierung jemals angehäuft hat. Da gäbe es genügend Potenzial, einzusparen. Beispielsweise könnte man sich überlegen, warum man unbedingt 10.000 neue Stellen schaffen muss.
Hamberger: Die ja erst mal wahrscheinlich nur einen Bruchteil dessen ausmachen, was Sie in Ihr Entlastungspaket stecken würden.
Huber: Noch einmal, 300 Milliarden Euro Schulden ist der größte Schuldenhaufen, den jemals eine Bundesregierung angehäuft hat. Da verstehe ich die Frage nach der Finanzierung gewisser Maßnahmen nicht. Wir haben ganz konkrete Vorschläge unterbreitet, um die Menschen sicher, sozial und stark durch diese Krise zu bringen. Wie gesagt, bei 300 Milliarden Euro Schulden ist genügend Einsparpotenzial gegeben.

"Wir brauchen vor allem zielgerichtete Entlastungen"

Hamberger: Schauen wir mal auf das, was Deutschland vielleicht auch drohen könnte, wenn tatsächlich ein schwieriger Winter bevorsteht. Wenn wir mal auf die nächsten Monate schauen, wie besorgt sind Sie denn, was wir jetzt schon in Teilen auch sehen, dass rechtsextreme Gruppierungen, aber auch die AfD, die Situation ausnutzen und versuchen, dort zu mobilisieren?
Huber: Genau deswegen ist es uns auch so wichtig, dass wir das Land zusammenhalten und wie ich es gerade gesagt habe, sicher, sozial und stark durch diese Krise kommen. Das heißt für uns, dass wir vor allem auch zielgerichtete Entlastungen brauchen. Wir haben hier eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Wir erleben ja aktuell leider, dass auch die Frage der Bezahlbarkeit der Lebensmittel ein Thema wird, das immer mehr Menschen betrifft. Dass Menschen an der Kasse beim Einkaufen wieder Produkte zurücklegen, weil sie merken, sie können es sich das doch nicht leisten, muss uns alle mit Sorge erfüllen. Deswegen haben wir als CSU auch vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zu senken. Europarechtlich wäre es ja möglich, sie komplett zu streichen. Das ist ein Ansatz, der sehr zielgerichtet wirken würde. Leider haben wir erlebt, dass die Ampel, vor allem Die Grünen, bei dem Punkt wieder draufgehen und sagen, wir wollen eigentlich nur gesunde oder vegane oder ökologische Lebensmittel von der Steuersenkung mit inbegriffen haben. Es kann nicht sein, dass wir in der Stunde der Not hier noch einmal einen Versuch der Grünen haben zur Umerziehung. Es geht ja wirklich um eine soziale Entlastung. Gleiches gilt zum Beispiel auch für das Winterwohngeld, das ja jetzt von der Ampel aufgegriffen wird, aber erst zum 1. Januar gelten soll. Wir sagen klipp und klar, das Winterwohngeld muss ab 1. November kommen. Wir haben es ja auch als CSU in unserem 15-Punkte-Programm mit vorgeschlagen.
Hamberger: Wäre es aber dahingehend nicht auch sinnvoll, wenn man nicht nur sagt, wir profilieren uns jetzt gegen die Bundesregierung, sondern im Fall der Fälle müssen die demokratischen Parteien auch zusammenstehen, und wir versuchen, das gemeinschaftlich konstruktiv anzugehen? Sie sitzen ja in Berlin auch im Bundestag.
Huber: Wir gehen das ja auch konstruktiv an. Deswegen unterbreiten wir als CSU ja auch unsere eigenen Vorschläge. Ich kenne ehrlicherweise keinen anderen Vorschlag von einer anderen Oppositionspartei, der so dezidiert und konkret ist wie das 15-Punkte-Programm der CSU.
Hamberger: Also auch nicht von der CDU?
Huber: Zum einen und zum anderen muss man auch immer wieder mal sehen, dass eine Opposition ja auch die Aufgabe hat, die Regierung inhaltlich zu stellen. Also jetzt so zu tun, als dürften wir als CDU/CSU in der Opposition im Bund unsere Arbeit nicht tun, ist schon auch ein sehr seltsamer Ansatz.
Hamberger: Das, glaube ich, hat Ihnen auch keiner vorgeworfen.
Huber: Es hat sich ein bisschen so angehört, nach dem Motto, ob man denn nicht alles nur schiedlich-friedlich gemeinsam lösen müsste.
Hamberger: So war das definitiv nicht gemeint, aber es ist natürlich eine Frage, weil die Union selbst von einer konstruktiven Opposition auch mal gesprochen hat.
Huber: Deswegen bringen wir unsere eigenen Vorschläge ein, konstruktiver geht es ja nicht.

"Die CSU steht bei 40 Prozent"

Hamberger: Die CSU ist natürlich auch noch mal in einer, sagen wir jetzt mal, speziellen Lage. Lassen Sie uns jetzt mal auf das kommende Jahr nämlich schauen, 2023 Landtagswahl in Bayern. Die CSU kratzt im Moment in den Umfragen wieder an der 40 Prozent-Marke. Darüber hinweggesprungen sind Sie aber das letzte Mal im Januar 2021. Also, es gab mal kurz die Rede von einem Aufwärtstrend, aber von dem ist jetzt nicht mehr so viel zu sehen, woran liegt das?
Huber: Ich teile die Einschätzung nicht, denn ich stelle bei vielen Terminen an der Basis vor Ort fest, dass unsere Mitglieder hochmotiviert sind, dass unsere Partei sich darauf freut, jetzt auch endlich wieder persönlich zusammenkommen zu können. Wir haben mit unserem Grundsatzprogramm einen tollen Start hingelegt. Viele Mitglieder beteiligen sich. Das Grundsatzprogramm, der Prozess dazu steht auch sämtlichen gesellschaftlichen Gruppierungen offen. Also, wir sind da wirklich sehr, sehr gut unterwegs. Sie haben es angesprochen, die CSU steht bei 40 Prozent. Markus Söder hat eine Zustimmung von 60 Prozent. Also, ich finde, dass wir sehr gut unterwegs sind.
Hamberger: Es ist aber weit weg von dem, was man früher bei der CSU mal gesehen hat, also, die absolute Mehrheit. Eine Zeit lang wurde immer darüber gesprochen, dass es schwierig wird, überhaupt über 40 Prozent noch zu kommen. Daniel Günther in Schleswig-Holstein hat Ihnen jetzt, glaube ich, gezeigt, dass das auch möglich ist. Also, warum kommt die CSU darüber im Moment nicht hinweg? Was ist so Ihre Analyse?
Huber: Zum einen teile ich, wie gesagt, die Analyse nicht. Ich erlebe eine sehr gute Stimmung in unseren Verbänden vor Ort, und zum anderen ist vor allem auch wichtig, dass wir jetzt nicht an den Wahlkampf denken, sondern an die Menschen im Land und dass es unser Auftrag ist als CSU und auch in der Staatsregierung, dass wir uns um die Menschen kümmern, dass wir uns um die aktuelle Situation kümmern und dass wir auch konstruktive Vorschläge unterbreiten, was in Berlin zu tun ist im Zuge dessen, was uns an Krisen bevorsteht, und dass wir auch in Bayern gut regieren.

"Ampelregierung schaut nicht auf Bayern"

Hamberger: Wie schauen Sie denn so auf den Wahlkampf, auch was so Ton und Rhetorik betrifft? Wir haben in den vergangenen Jahren in den Wahlkämpfen manchmal einen sehr scharfen Ton der CSU gehört. 2015/2016 haben Sie zum Beispiel versucht, die AfD auch rechts zu überholen. Das ist nicht gerade gutgegangen für die CSU. Man ist danach auch zurückgerudert. Wir haben einen Markus Söder gesehen, der im Landtag gesagt hat, er benutzt das Wort Asyltourismus nicht. Wo sehen Sie denn da die CSU jetzt im Landtagswahlkampf 2023? Wie werden Sie sich vor allem als Generalsekretär, von dem ja auch oft erwartet, dass er ja Wadlbeißer ist, wo sehen Sie da die CSU?
Huber: Die CSU ist und bleibt die einzige große Volkspartei, die auch die Menschen und die Interessen des Freistaats Bayern vertritt. Wir erleben das ja in der aktuellen Situation. Ich habe einige Beispiele genannt, wie die Ampelregierung eben nicht auf Bayern schaut, wie bayerische Interessen hinten runterfallen. Wenn ich mir dann überlege, dass ein Landesvorsitzender der Grünen sagt, er möchte gar keine Fördergelder nach Bayern holen, denn die würden dann woanders fehlen, und dann noch den Satz ergänzt, regionale Interessen vertreten, das wäre altes Denken, das wäre CSU-Denken, dann wird schon auch deutlich, dass das ein völlig anderer Ansatz ist, wie man Politik versteht, und auch ein völlig anderer Ansatz ist, wie man sich für die Menschen einsetzt. Für uns als CSU ist völlig klar, wir stehen für den Freistaat Bayern, wir stehen für die Menschen hier und sich für die Menschen und den Freistaat Bayern einzusetzen, das ist für uns nicht altes Denken, das ist für uns zeitloser Auftrag.
Hamberger: Sie reden davon, das habe ich jetzt schon öfter auch gehört, dass Bayern benachteiligt wird. Ist das vielleicht aber auch einfach so, dass jetzt, wo Bayern nicht mehr in der Bundesregierung oder die CSU nicht mehr in der Bundesregierung ist nach 16 Jahren, dass man jetzt einfach so behandelt wird wie alle anderen Bundesländer eben auch?
Huber: Ja, Sie haben es ja durchaus auf den Punkt gebracht. Dadurch, dass die CSU nicht mehr in der Bundesregierung ist, ist auch Bayern nicht mehr in der Bundesregierung, denn die Ampel hat ja bewusst darauf verzichtet, bayerische Personen in die Bundesregierung reinzuholen, und wir merken jetzt eben auch in der Sache, wie sehr das gegen die Interessen des Freistaats Bayern und der Menschen, die hier leben, läuft. Wir haben es angesprochen, im Bereich Infrastruktur, Gaspipelines, Wasserstoffpipelines, Anbindung über den Süden mit LNG-Terminals. Das sind ja alles konkrete Punkte. Wenn wir darüber sprechen, dass das Zentrum Neue Mobilität in München auf der Kippe steht, dass die Stationierung des A400M in Schwaben auf der Kippe steht, dass fest zugesagte Fördermittel für das Wasserstoffzentrum Pfeffenhausen gestrichen werden sollen, dann merkt man ja auch faktisch, dass hier durchaus einiges gegen den Freistaat Bayern läuft, und das können wir nicht tatenlos oder wortlos hinnehmen.
Hamberger: Es ist interessant jetzt in dem ganzen Interview, Sie haben vor allem auf die Grünen geschaut. Sie haben ganz selten die FDP in den Blick genommen und auch den Kanzler gar nicht so sehr, sondern es sind wirklich die Grünen.
Huber: Gibt es denn noch den Kanzler? Man sieht kaum was und hört kaum was von ihm.
Hamberger: Ist es denn Ihr größter Konkurrent in Bayern, die Grünen?
Huber: Wir werden jetzt hier keine Debatten führen über den Wahlkampf oder die Auseinandersetzung im nächsten Jahr. Ich habe darauf hingewiesen, dass es vor allem unser Auftrag ist, für die Menschen zu arbeiten, aber eins ist auch ganz klar, unser Ziel ist eine bürgerliche Mehrheit.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.