Als die Vereinigten Staaten im Sommer 1945 Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abwarfen und damit ein neues Kapitel der modernen Weltgeschichte aufschlugen, ahnte niemand, welche Folgen dieses Ereignis für das zukünftige Bild des Krieges haben sollte. Die meisten Militärs und Politiker glaubten, lediglich eine neue, eine noch zerstörerischere Waffe als die bis dahin bekannten zur Verfügung zu haben, wenn es um die Kriege der Zukunft ging. Dass die Atombombe hauptsächlich dazu taugte - jedenfalls bei den Staaten, die sie besitzen -, Kriege zu verhindern, weil ein "klassischer" militärischer Sieg der einen oder anderen Seite nicht mehr möglich war, geriet erst spät ins allgemeine Bewusstsein. Während der Zeit des Kalten Krieges überdeckte die allgemeine Angst vor einem atomaren Schlagabtausch zwischen den Supermächten die Tatsache, dass genau dieser Schlagabtausch nur noch um den Preis des Untergangs beider Konfliktparteien geführt werden konnte und daher vermieden wurde.
Als Konsequenz dieser Entwicklung - nämlich der Unmöglichkeit, "klassische" Kriege zu führen - öffneten sich die Streitkräfte zunehmend auch für Frauen. Noch nie war der Anteil von Frauen in modernen Armeen so hoch wie heute, auch wenn Frauen, immer noch, vorwiegend in Bereichen ausgebildet und eingesetzt werden, die Distanz zu den Kampftruppen wahren: also in der Logistik, in den Stäben, in der militärischen Bürokratie und im Sanitätswesen. Immerhin kennt die israelische Armee, wenn auch aufgrund der besonderen Situation des Staates Israel, die allgemeine Wehrpflicht für Frauen, und erst kürzlich hat eine deutsche Bewerberin erfolgreich eine Ausbildung bei der Kampftruppe eingeklagt. Ähnlich ist die Situation in den USA, in Frankreich, Großbritannien und anderen Staaten. Man kann demnach sagen, dass die Frauen in der Armee, wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen auch, auf dem Vormarsch sind.
Der israelische Militärtheoretiker und -historiker Martin van Creveld, durch fundamental kenntnisreiche und glanzvolle Publikationen inzwischen auch in Deutschland bekannt geworden - zuletzt durch sein Buch über Aufstieg und Untergang des Staates (1999) -, bestreitet in seinem jüngsten Werk, dass das Handwerk des Krieges eine Sache sei, an der sich Frauen beteiligen sollten. Auch wenn es Feministinnen gebe, die die Feminisierung der Armee als einen weiteren Sieg auf dem Wege zu weiblicher Emanzipation betrachten, halte er dies für eine große Illusion.
"Der Zustrom von Frauen ins Militär (ist) keineswegs ein welthistorischer Schritt auf dem unaufhaltsamen Vormarsch der Frauen zur endgültigen Befreiung, sondern vielmehr gleichermaßen Symptom und Ursache für den Niedergang des Militärs. Dieser Prozess nahm seinen Anfang mit der Verbreitung von Atomwaffen vor mehr als einem halben Jahrhundert. Da die Streitkräfte keine größeren Kriege mehr kämpften, schwand ihre Bedeutung im nationalen Leben immer weiter, bis sie beinahe überflüssig geworden sind. Und je weniger sie gebraucht wurden - ja, gerade weil sie nicht mehr gebraucht wurden -, desto eher fühlten sich die Gesellschaften und ihre verantwortlichen Politiker berufen, sie nicht mehr als Kampfmaschinen, sondern als soziale Laboratorien für die schöne neue Welt einzusetzen, die einige Feministinnen sich ausgedacht hatten."
Mit einer gewissen Übertreibung, die sich van Creveld verkneift, könnte man sagen, dass Frauen in den Streitkräften eine Art Luxusphänomen darstellen, welches sich moderne Gesellschaften leisten können, die nicht mehr dem Risiko ausgesetzt sind, Kriege tatsächlich auch führen zu müssen. Die gegenwärtige Umstrukturierung der Bundeswehr läuft einerseits darauf hinaus, eine Truppe auszubilden, die auf Auslands- und Polizeieinsätze wie etwa im Kosovo vorbereitet wird, bei denen vorwiegend Männer eingesetzt werden, weil das gefährlich ist. Andererseits darf der Rest der Armee sich weiter feminisieren, weil das ungefährlich ist.
In langen kulturhistorischen Passagen seines Buches weist der Autor nach, dass entgegen manchen Mythologemen, etwa von wehrhaften Amazonen und kriegerischen Herrscherinnen, Frauen noch nie eine tragende Rolle in Kriegen gespielt haben - Ausnahmen wie Jeanne d'Arc bestätigen nur die Regel. Frauen waren stets, so van Creveld,
"Anstifterinnen, Ursachen und Ziele, als Opfer oder Schutzbefohlene der Männer",
aber so gut wie nie Kombattantinnen, sieht man von Extremsituationen wie existentielle Notwehr oder dem Kampf in Partisanenverbänden ab. Van Creveld führt für diese historische Tatsache gute Gründe ins Feld, Gründe, die vor allem jenen nicht gefallen werden, für die der Gegensatz oder die Andersheit der Geschlechter lediglich eine Frage ihrer "sozialen Konstruktion" ist, die jederzeit neu beantwortet werden kann. Zum einen sei, aufs Ganze der Geschichte gesehen, die kulturelle Situation der Frauen so beschaffen, dass ihre aktive Teilhabe am Krieg permanent vereitelt werde: Frühe Heirat und rasch aufeinander folgende Schwangerschaften über Jahre hinweg sind wirksame Mittel, die Frauen vom Krieg fernzuhalten. Die einzige Ausnahme bildet hier das moderne europäische Heirats- und Gebärmuster. Der zweite Grund dafür liege in der relativen körperlichen Schwäche der Frauen, die es ihnen verbiete, wie die Männer zu kämpfen. Den dritten und vielleicht entscheidenden Grund für die weibliche Kriegsabstinenz sieht van Creveld in den psychischen Barrieren bei den Männern: Sie weigern sich, gemeinsam mit den Frauen zu kämpfen. Aus militärischen Feldern, in die Frauen einrücken, ziehen sich die Männer zurück, wie der Autor anhand drastischer Beispiele belegt.
Es wäre mehr als ein grobes Missverständnis, würde man van Crevelds Buch als antifeministisch abqualifizieren. Es handelt sich eher um den gelungenen Versuch, den zahlreichen Legendenbildungen und Wunschvorstellungen entgegenzutreten, die mit dem Thema "Frauen und Krieg" verbunden sind. Denn es gibt, jenseits der sozialen Konstruktion der Geschlechter, eine elementare Andersheit der Geschlechter - eine Andersheit, die cum grano salis die Frauen im Vorteil sieht, den van Creveld auch überhaupt nicht verschweigt. Sein Resümee: Lassen wir den Männern das Handwerk des Krieges, da sie ohnehin nicht viel anderes mehr haben. Wenn auch dieser letzte männliche Distinktionsgewinn verloren geht, sieht es nämlich schlecht für die Männer aus, und das kann auch nicht gut für die Frauen sein. Balzacs "junger Gott", der Marquis Cante-Croix aus den Verlorenen Illusionen, starb nicht zuletzt im Krieg, "weil Ruhm und Liebe ihn hingerissen hatten" - die Sucht nach männlichem Ruhm und die Liebe zu einer Frau.
Dass aber der Krieg, in dem Männer Männer töten und Frauen vergewaltigen oder zur Beute nehmen, jenseits unserer gemäßigten und im ganzen friedlichen Zone eine schreckliche Realität ist und bleiben wird, ist leider so offensichtlich wie die Tatsache, dass in den Kriegsgebieten der sog. Dritten Welt bereits zehn- oder zwölfjährige zukünftige Männer das Handwerk des Tötens erlernen und anwenden - in den so genannten "low intensity wars" in Afrika, Südasien und Lateinamerika haben Frauen keinen Platz, es sei denn als Opfer. Dieses Szenario, welches an die Kriege vor dem Anbruch des Atomzeitalters erinnert, hat van Creveld in seinem Werk Die Zukunft des Krieges (1998) beschrieben. Es sei den Hörerinnen und Hörern ebenso zur Lektüre empfohlen wie das hier besprochene.