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Mary Beth Edelson
Pionierin feministischer Kunst

Grace Jones, Madonna, hinduistische Göttinnen, alle zusammen auf in den Kampf: Für das Matriarchat! - in den oft selbstironischen Collagen der New Yorker Künstlerin Mary Beth Edelson geht das. Die Kunsthalle Münster zeigt Arbeiten aus fünf Jahrzehnten.

Von Peter Backof |
    "Some living American artists virtually excluded from the history of art: Judy Chicago, Miriam Shapiro. Georgia O´Keefe, Lee Krasner, Agnes Martin ..."
    "Das ist ein Leitmotiv, das bekannteste Werk: 'Some living American artists', das berühmte Abendmahl von Leonardo da Vinci, was sie bearbeitet hat, überarbeitet hat; und eben Köpfe von Künstlerinnen aus den USA drauf collagiert hat. Das Ganze dann als Poster-Edition herausgegeben hat, auch sehr markant für die siebziger Jahre: Poster, Plakate; nicht unbedingt das, womit man in die Kunst einzieht auf so einer hohen Ebene."
    Merle Radtke, neue Leiterin der Kunsthalle Münster, zeigt die bilderstürmerische Collage von Mary Beth Edelson, im Rahmen einer pointierten Retrospektive mit 140 – durchweg zweidimensionalen – Arbeiten: Collagen, Übermalungen, Drucken, Fotografien und eben Postern, aus fünf Jahrzehnten.
    "Ich habe ein Problem mit Leuten, die sich für etwas Besseres halten"
    "Aufgewachsen bin ich in Chicago, Hafenviertel, die ´harte Seite´, wo die Migranten sind, auf der Suche nach dem ´guten Job´. Mich, als Weiße, hat das vorbereitet auf die Welt, wie sie nun einmal ist: vielstimmig, chaotisch! - Und ich habe ein Problem mit Leuten, die sich für etwas Besseres halten, weiß, privilegiert, männlich. Als ich anfing in der Kunstwelt, das war Ende der Sechziger, sagte man so:´Du brauchst einen Mann, als Lobby!" Ach, brauchte ich den? So stand ich also in einem Museum und stellte meine Arbeiten vor. Und ich redete mich richtig in Rage: Sind Sie sich eigentlich bewusst, was Sie Künstlerinnen antun?" sagte Mary Beth Edelson in einem Interview.
    Mit ihr legt man sich nicht an
    Aktuell geht es ihr gesundheitlich nicht gut, streitbar indes bleibt sie. "Nobody messes with her – mit ihr legt man sich nicht an!" heißt die Arbeit auf dem Ausstellungsplakat, ein transformiertes Filmstill aus "Gloria" von Gina Rowland, ein Film, in dem ausnahmslos starke und Revolver-schwingende Frauen zu sehen sind. Merle Radtke zeigt Mary Beth Edelson als Pionierin. Wie war das, feministische Kunst zu machen, in den Siebzigern?
    Merle Radtke: "Ich glaube, primär ist es tatsächlich in einer Szene geblieben. Also wenn man die Poster-Editionen sich anguckt, wir haben fünf Plakate, die sind in Kontexten von Magazinen erschienen, Magazine, die feministisch waren, oder für die "Air Gallery" in New York, die allein Frauen ausgestellt hat."
    Humor und Ironie in der künstlerischen Aussage
    Poppige Collagen, die in Magazinen wie "Heresis" und "Chrysalis" erschienen und auch als Logo feministischer Gruppen benutzt wurden, sowie Varianten starker Frauen von der Selbstinszenierung als gefräßige Gottesanbeterin bis zur Enthauptung von Holofernes durch Judith, das sind Mary Beth Edelsons Motive in den Siebzigern, Achtzigern. Sie - wie auch die daraufhin sich formierenden "Guerilla Girls" - brachte es einfach auf die Palme, dass 1984 in einer großen Überblicksschau "bedeutender Kunst" in New York fast nur solche von weißen Männern ausgestellt wurde. Sie engagierte sich in der Gruppe "WACK" und surfte mit Schere und Klebstoff durch die Kulturgeschichte, fordete Revanche, mit "Superwoman" als Avatar. Es sind Memes, die bis heute zum Teilen im Netz einladen.
    Aber auch mehr, Merle Radtke: "Total. Ich finde sie extrem lustig. Je mehr man von ihr anschaut, desto mehr kriegt man diesen Humor, diese Ironie davon mit. Und gleichzeitig ist es aber nicht das einzige, was passiert. Das ist auch total ernsthaft dabei. Deshalb finde ich es eine sehr besondere Position im Vergleich zu Zeitgenossinnen, die auch feministisch gearbeitet haben, aber dass sie sich gar nicht an einer der Frau zugewiesenen Rolle vo Mann oder durchd en Mann definiert. Dieses Subjektwerden des weiblichen Körpers, was ganz wichtig ist, dass es nicht mehr der Körper ist, der von Männern inszeniert wurde."
    Die messerschwingende Kali aus Indien
    Immer wieder Göttinnen als Motiv, wie die messerschwingende Kali aus Indien, oder die Selbstinszenierung als Schamanin in einer atmosphärischen Fotoserie in der Wildnis. Was soll das sein, denkt man auf den ersten Blick - Para-religiöser Spökes, Kitsch aus Mythen? Es sind Figuren aus Kontexten von Gesellschaften, die von Frauen beherrscht wurden, steht auf Ausstellungstexten. Zumindest als Utopie doch durchaus denkbar: Die nächsten zehntausend Jahre werden also Frauen das Sagen haben. Mal zur Abwechslung. Und, was auch eine Frage ist: Fühle ich mich als Mann provoziert von Mary Beth Edelsohn? Nein, ihr feministischer Ansatz hat etwas Versöhnliches, allgemein Humanistisches, bei aller Splatter-Motivik. Das Matriarchat darf kommen. Beflügelnd, entdeckenswert. Nobody messes with her!