„Morgens frische Brise und klar, noch schwerer Seegang, aber Wind abflauend. Sah um zwei Uhr Schiff voraus. Sah, dass sie unter kleinen Segeln lief, heftig gierte und offenbar in Not war. Drehten bei, um Hilfe zu leisten, falls nötig.“
Das notierte Kapitän Morehouse am 4. Dezember 1872 im Logbuch der Dei Gratia. Der Frachtsegler war auf Fahrt von New York nach Gibraltar und befand sich auf halbem Wege zwischen den Azoren und der Küste von Portugal. Als Morehouse das fremde Schiff anrief, rührte sich nichts.
Schiff in nahezu tadellosem Zustand
„Ich setzte mit zwei Mann über, um an Bord zu gehen.", sagte Oliver Deveau, der Erste Offizier, später aus. Das Schiff war die Mary Celeste. Vier Wochen zuvor war sie mit 1.700 Fässern Alkohol von New York nach Genua ausgelaufen, an Bord der Kapitän mit seiner Frau und ihrer kleinen Tochter sowie sieben Mann Besatzung. Als Deveau die Mary Celeste betrat, fand er keine Seele. In den Kajüten war alles durchnässt, der Wind hatte die Takelage zerzaust und zwei Segel weggerissen, aber sonst war das Schiff in tadellosem Zustand. Das Beiboot fehlte.
„Die Kleider der Männer waren noch da, ihre Öltuchstiefel, sogar ihre Pfeifen.“ - Die letzte Notiz auf der Log-Tafel war neun Tage alt und verortete die Mary Celeste vor einer Azoreninsel, 750 Kilometer vom Fundort entfernt. Ein Geisterschiff war nichts Spektakuläres. Dies war noch die Ära der hölzernen Segler; auf dem Atlantik wurden jedes Jahr Hunderte aufgegeben, etwa weil ein Sturm die Masten gebrochen hatte. Dass die Mary Celeste unbeschädigt war, gab Rätsel auf, vor allem aber versprach es ein gutes Geschäft: Wer sie in einen Hafen brachte, konnte vom Eigner eine Belohnung erwarten. Die Crew der Dei Gratia teilte sich auf und segelte zwei gefährlich unterbemannte Schiffe mehr als tausend Kilometer weit nach Gibraltar.
„Die Kleider der Männer waren noch da, ihre Öltuchstiefel, sogar ihre Pfeifen.“ - Die letzte Notiz auf der Log-Tafel war neun Tage alt und verortete die Mary Celeste vor einer Azoreninsel, 750 Kilometer vom Fundort entfernt. Ein Geisterschiff war nichts Spektakuläres. Dies war noch die Ära der hölzernen Segler; auf dem Atlantik wurden jedes Jahr Hunderte aufgegeben, etwa weil ein Sturm die Masten gebrochen hatte. Dass die Mary Celeste unbeschädigt war, gab Rätsel auf, vor allem aber versprach es ein gutes Geschäft: Wer sie in einen Hafen brachte, konnte vom Eigner eine Belohnung erwarten. Die Crew der Dei Gratia teilte sich auf und segelte zwei gefährlich unterbemannte Schiffe mehr als tausend Kilometer weit nach Gibraltar.
Ominöse Flecken auf dem Deck
„Ihre Ladung ist achtzigtausend Dollar wert, dazu das Schiff. Wie es scheint, werden wir die Hälfte als Bergelohn bekommen.“
Schrieb Deveau an seine Frau. Die britischen Behörden eröffneten das übliche Gerichtsverfahren, um den Bergelohn festzusetzen. Und damit betrat Frederick Solly-Flood die Szene, der Anwalt der Krone in Gibraltar. Er hatte seine Karriere in London mit Spielschulden ruiniert und saß deshalb auf diesem öden Felsen fest. Jetzt witterte er einen großen Fall. Er ließ jeden Zentimeter der Mary Celeste untersuchen, und sein Ermittler fand ominöse Flecken auf dem Deck und in der Kapitänskajüte ein antikes Schwert: „Es war anscheinend mit Blut beschmiert und ist danach abgewischt worden.“
Verfahren ungelöst eingestellt
Nun war Solly-Flood auf Mörderjagd, aber da er keine Beweise fand, um irgendjemand in seiner Reichweite festzunageln, machte er die Matrosen der Mary Celeste als Täter aus:
„Meine Theorie ist, dass die Männer sich am Alkohol vergriffen und im Rausch den Kapitän mit Frau und Kind und den Ersten Offizier ermordeten, und dass sie an Bord irgendeines Schiffes entkamen.“
Doch die vermeintlichen Blutflecken erwiesen sich als Schmutz und Rost. Der Richter schloss die Sache ab und sprach den Findern einen – enttäuschend niedrigen - Bergelohn zu. Die Mary Celeste segelte mit neuer Crew nach Genua und lieferte ihre Fracht ab. Aber inzwischen hatte sich die Presse beidseits des Atlantiks auf den Fall gestürzt. und berichtete vom,"Rätsel des Meeres! Ein geheimnisvolles Schiff! Mysteriöser Vorfall auf See!“
Doch die vermeintlichen Blutflecken erwiesen sich als Schmutz und Rost. Der Richter schloss die Sache ab und sprach den Findern einen – enttäuschend niedrigen - Bergelohn zu. Die Mary Celeste segelte mit neuer Crew nach Genua und lieferte ihre Fracht ab. Aber inzwischen hatte sich die Presse beidseits des Atlantiks auf den Fall gestürzt. und berichtete vom,"Rätsel des Meeres! Ein geheimnisvolles Schiff! Mysteriöser Vorfall auf See!“
Von Außerirdischen entführt?
Meuterei, Mord, Versicherungsbetrug – die Spekulationen blühten und nahmen kein Ende. Die Mary Celeste wurde zum Inbegriff des mysteriösen Geisterschiffs, Stoff für Horrorgeschichten, Hörspiele, Kinofilme und Science-Fiction-Romane. Das ungelöste Rätsel animierte zu immer neuen Erklärungen, plausibel oder bizarr. Ließ eine Verpuffung von Alkoholdämpfen im Frachtraum den Kapitän fürchten, das ganze Schiff werde in die Luft fliegen? Wurde die Besatzung von Außerirdischen entführt?
„Ein Mann steht am Steuer. Er ist allein an Deck. Plötzlich steigt ein riesenhafter Octopus aus der Tiefe auf, und einen seiner furchtbaren Arme erhebend, umfängt er den Steuermann. Seine Schreie lassen jedermann an Deck eilen. Einen nach dem andern ergreifen die schlängelnden, sich krümmenden Arme. Dann sinkt das Ungeheuer langsam in die Tiefe zurück.“
Ein Szenario aus einem britischen Magazin von 1904. Sicher ist eines: was auf der Mary Celeste wirklich geschah, wird ein Geheimnis bleiben.
Ein Szenario aus einem britischen Magazin von 1904. Sicher ist eines: was auf der Mary Celeste wirklich geschah, wird ein Geheimnis bleiben.