Kinder, die in die Kita oder die Schule gehen, müssen gegen Masern geimpft sein. Das sieht das Gesetz vor, über das der Bundestag zur Stunde debattiert. Gesundheitsminister Jens Spahn verteidigte im ARD-Morgenmagazin die Impfpflicht:
"Masern sind höchst ansteckend und können einen echt bösen Verlauf nehmen. Bis zu Lungenentzündung, Gehirnentzündung, auch Jahre später, die auch sicher in den Tod führen. Masern sind auch nicht therapierbar, es gibt kein Medikament gegen Masern, sondern die muss man dann auch immer tatsächlich durchmachen."
Eltern drohen Geldbußen
Wenn Eltern keinen Nachweis erbringen, dass ihr Kind gegen Masern immun ist, erhalten sie zunächst einen verpflichtenden Beratungstermin beim Gesundheitsamt. Verweigern sie danach die Impfung, kann dem Kind der Kita-Besuch verweigert werden. Schulbesuche von ungeimpften Kindern können wegen der Schulpflicht nicht untersagt werden. Auf Eltern könnten allerdings in beiden Fällen Geldbußen von bis zu 2.500 Euro zukommen.
Die Impfpflicht gilt auch für das Personal in medizinischen Einrichtungen, in Kitas sowie Schulen. Auch Bewohner und Personal in Flüchtlingsunterkünften müssen künftig gegen Masern geimpft sein.
In der Praxis stehen für die Masern-Impfung derzeit nur Impfstoffe zur Verfügung, die auch gegen Mumps, Röteln und zum Teil auch Windpocken immunisieren. Das soll kein Hinderungsgrund sein, so Spahn:
"Das steht sogar ausdrücklich im Gesetz drin, dass die Nur-Verfügbarkeit eines Dreifach-Impfstoffes, also auch gegen Mumps und Röteln, eben nicht gegen die verpflichtende Impfung dann spricht. Es gibt auch kein Grundrecht auf Röteln, sondern es ist ja erstmal gut, dass dann auch gegen weitere Erkrankungen ein entsprechender Schutz besteht und, wichtig: auch die Nebenwirkungen einer Dreifach-Impfung nicht höher sind als die der Einfach-Impfung."
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte sich zuletzt wegen global steigender Masern-Fallzahlen alarmiert gezeigt. In Deutschland liegt die Impfquote derzeit unter den notwendigen 95 Prozent.
Eine Verabschiedung des Gesetzes durch die Große Koalition gilt als sicher. Die lauteste Kritik am Gesetz kommt von der AfD. Sie hält eine Impfpflicht für grundgesetzwidrig. Grünen und FDP ging der Gesetzentwurf nicht weit genug. Während die Liberalen zustimmen werden, wird sich die Grünen-Fraktion enthalten. Die Linksfraktion wird nicht einheitlich abstimmen.
Löst die Impfpflicht das Problem überhaupt?
Unter Experten ist umstritten, ob die Impflicht das Problem wirklich löst - und ob die Gesundheitsämter genügend Kontrollpersonal haben. Cornelia Betsch, Professorin für Gesundheitskommunikation, verweist auf Schwächen im Gesundheitssystem. Auf einer Veranstaltung der Leibniz-Gesellschaft sagte sie:
"Es reicht nicht, wenn die Politik sich da hinstellt und sagt: Du Bürger, du willst nicht, jetzt zwingen wir dich. Sondern man muss sich auch das System angucken, in dem der Bürger sich eben befindet. Ist es möglich, einfach einen Arzttermin zu kriegen? Weiß ich, wenn ich meinen Impfpass aufmache, wann ich die nächste Impfung kriege? Wer erinnert mich da eigentlich dran? Nur 40 Prozent der Ärzte haben Erinnerungssysteme, das ist im Moment eine freiwillige Leistung netter Ärzte."
Der Deutsche Städtetag begrüßt die Impfpflicht grundsätzlich, weist aber auf offene Fragen hin: zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Unklar sei, ob dieser Anspruch bei einem ungeimpften Kind verwirkt sei - oder ob ein zugesicherter Platz erst einmal freigehalten werden muss.