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Massaker an den Armeniern
Bundesregierung vermeidet den Begriff "Völkermord"

Das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren - war es Völkermord oder nicht? Die Türkei reagiert gereizt auf den Begriff. Die Bundesregierung verwendet das Wort aus Rücksicht auf Ankara bisher nicht. Das ruft aber Kritik hervor.

    Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein armenischer Amtskollegen Edward Nalbandian (l) besuchen in Eriwan (Armenien) das Genozid-Mahnmal Tsitsernakaberd.
    Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Eriwan (Armenien) bei einem Besuch des Genozid-Mahnmals Tsitsernakaberd - von einem Völkermord spricht er nicht. (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
    Der Druck auf die Bundesregierung steigt auch aus den eigenen Reihen, die Massaker an den Armeniern als Völkermord anzuerkennen. Aber Angela Merkel (CDU) und ihre Minister werden den Begriff weiter nicht verwenden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Zu dem Thema "hat sich die Haltung der Bundesregierung nicht geändert". Sie argumentiert, die Qualifizierung als Völkermord sei Sache der betroffenen Länder selbst sowie eine Frage für Wissenschaftler.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte zudem während eines Besuchs in Estlands Hauptstadt Tallinn, die Gräuel der Vergangenheit ließen sich nicht auf einen Begriff reduzieren. Der Minister sprach von Massakern und Gräueltaten am armenischen Volk.
    Kritik auch aus den eigenen Reihen
    Zuvor hatten rund 150 Wissenschaftler und weitere Persönlichkeiten an den Bundestag appelliert, den "Völkermord" auf dem Gebiet der heutigen Türkei anzuerkennen. Am 24. April debattiert der Bundestag über das Thema. In dem vorliegenden Antrag von Union und SPD für die Gedenkstunde wird der Begriff Völkermord nicht verwendet, wohl auf Wunsch der Koalitionsspitzen und der Bundesregierung. Aus den Reihen der Opposition, aber auch aus der Union gibt es Kritik daran. Dabei ist die Rede von übertriebener Rücksicht auf die Türkei, der Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches.
    Der SPD-Außenpolitiker Dietmar Nietan kritisierte im Deutschlandfunk, es sei nicht im Interesse des türkischen Volkes und einer westlichen Wertegemeinschaft, wenn der Begriff aus Rücksicht auf Ankara vermieden werde. Man müsse "aussprechen, was war" - das täten Regierungsmitglieder hinter vorgehaltener Hand jetzt bereits.
    Türken und Armenier halten am 24.04.2014 in Istanbul Schilder des ermordeten Journalisten Hrant Dink und anderer Opfer während der Gedenkfeier zum 99. Jahrestag der Massenmorde von Armeniern im Ottomanischen Reich.
    Nach armenischen Angaben starben 1,5 Millionen Menschen - das bestreitet die Türkei. (picture alliance / dpa - Sedat Suna)
    Scharfe Worte aus Ankara
    Die türkische Regierung wehrt sich gegen eine Einstufung des Geschehens als Völkermord und widerspricht auch den armenischen Angaben von 1,5 Millionen Opfern. Ankara reagiert mit scharfer Kritik auf die Bezeichnung der Taten als Genozid. Als Papst Franziskus vom "ersten Völkermord im 20. Jahrhunderts" sprach, bestellte die Türkei den Vatikan-Botschafter ein.
    Zudem verurteilte Ankara eine Resolution des Europaparlaments zur Verfolgung der Armenier während des Ersten Weltkriegs. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte, die Stellungnahme der EU-Abgeordneten sei rassistisch. Darin wird die Türkei aufgefordert, die Massaker an den Armeniern vor rund 100 Jahren als Völkermord anzuerkennen.
    (hba/tzi)