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Maßnahmenpaket der Bundesregierung
Neue Pläne gegen den Hass im Netz

Die Bundesregierung hat ihr "Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität" auf den Weg gebracht. Unter anderem soll das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verschärft werden, um mehr gegen Hass im Netz zu tun. Was das Vorhaben genau bedeutet und wie Experten reagieren – ein Überblick.

Jonas Kahl im Gespräch mit Sebastian Wellendorf / Text von Michael Borgers |
Der Eingang der Staatsanwaltschaft in München.
Die Bundesregierung will, dass Plattformen wie Twitter künftig strafrechtlich relevante Äußerungen zur Anzeige bringen. (picture alliance/Matthias Balk/dpa)
Stand jetzt
Seit mehr als zwei Jahren verpflichtet das Netzwerk-Durchsetzungsgesetz (NetzDG) die Betreiber Sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter, Hasskommentare zu löschen. Das Problem ist dennoch nicht geringer geworden. Noch immer hetzen Menschen im Internet, beleidigen oder rufen sogar zu Gewalt gegen andere auf. Und auch das NetzDG bleibt in der Kritik.
Ein Hauptvorwurf: Das Gesetz zeige bis heute keine nennenswerten Effekte. Das beobachtet auch Ansgar Koreng, Richter in Leipzig, der zum Thema "Zensur im Internet" promoviert und zu Hass im Netz geforscht hat. Eine Ursache sieht Koreng darin, dass das NetzDG nicht neu regele, "was man sagen darf und was nicht". Und genau an dieser Stelle warnt der Medienrechtler auch vor weiteren Eingriffen des Gesetzgebers: Bereits kleine Änderungen der Kommunikationsfreiheit könnten "zu großen, teilweise unerwünschten Resultaten führen" - beispielsweise, dass sich Menschen nicht mehr trauten, frei ihre Meinung zu äußern.
Ansgar Koreng
Ansgar Koreng hatte sich im Deutschlandfunk anlässlich einer Bilanz zu "Zwei Jahre Netzwerk-Durchsetzungsgesetz" geäußert. Sein Fazit damals: "Natürlich ist auch die Justiz gefragt. Aber sie kann halt nicht dieses Problem als Ganzes lösen. Am Ende geht es um die Durchsetzung von Regeln des Anstands. Und die teilen manche Leute und manche tun es nicht."
Das will die Bundesregierung nun ändern
An den Regeln für freie Meinungsäußerung, die für die digitale wie die analoge Welt gelten, soll sich auch künftig nichts ändern. Äußerungen wie Morddrohungen oder Volksverhetzungen bleiben strafrechtlich relevant. Aber schon Beleidigungen zeigen, wie groß der Graubereich ist, was geahndet werden kann und was nicht. Der Fall von Renate Künast hat das eindrucksvoll gezeigt. Die Grünen-Politikerin wurde auf Facebook auf Heftigste beschimpft, Richter am Berliner Landgericht werteten die Äußerungen aber dennoch als hinnehmbar.
Neu ist nach dem neuen Gesetzesvorhaben, wie Plattformen selbst mit Inhalten umgehen sollen, die als strafbar bewertet werden. Die Bundesregierung will, dass Facebook und Co. diese künftig nicht mehr nur löschen, sondern bei Verdacht auch zur Anzeige bringen. Anschließend würden die Staatsanwaltschaften prüfen, ob es sich tatsächlich um strafbare Inhalte handelt und dann gegebenenfalls die Ermittlungen aufnehmen.
Wie Experten reagieren
Der Deutsche Richterbund (DRB), der größte Berufsverband von Richtern und Staatsanwälten, begrüßt die Pläne aus Berlin, fordert aber mehr Personal für die Behörden. Wenn die Meldepflichten in der Praxis wirken sollten, brauche es "eine angemessen ausgestattete Justiz, die eingehende Meldungen möglichst schnell verfolgen kann", sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der Nachrichtenagentur AFP.
Ähnlich äußerte sich Konstantin von Notz. Ohne weiteres Personal führten die Änderungen nur dazu, dass sich die Akten bei den Staatsanwaltschaften stapelten, sagte der Grünen-Fraktionsvize im Deutschlandfunk. Die FDP, die bereits das NetzDG als verfassungswidrig kritisiert hat, glaubt nicht, dass die aktuellen Pläne etwas ändern können. Das eigentliche Dilemma sei die geringe Verurteilungswahrscheinlichkeit bei angezeigten Fällen, sagte Benjamin Strasser, Innenexperte der Partei, laut dpa.
Eine Umsetzung der Regierungspläne würde dafür sorgen, dass wir "ein reales Spiegelbild der Verrohung der Sprache" erhalten, sagte der Jurist Jonas Kahl im Deutschlandfunk . "Letztlich sind das alles Fälle, die auch heute schon existieren, aber nicht zur Anzeige gebracht werden." Auch der Fachanwalt für Medienrecht erwartet als eine Folge "erhebliche Herausforderungen" für die Justiz. Sowohl Länder als auch soziale Netzwerke müssten personell aufstocken, um den Herausforderungen nachkommen zu können.