Dass Kaffeesatz eigentlich zu schade zum Wegschmeißen ist, steht außer Frage. Er taugt als Pflanzendünger, soll Schnecken vertreiben können und sogar den Geruch von Käsefußen. Und offenbar eignet er sich auch als Farb- und Füllstoff für Biokunststoffe, also für Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zucker oder Mais. Forscher der Hochschule Hannover testen das gerade in einem staatlich geförderten Projekt. Sie nutzen dazu Kaffeesatz, der bei der Produktion von Instantkaffee anfällt und von einem Industriepartner zu feinen braunen Bröseln aufbereitet wird. Wie genau die Krümel in den Kunststoff kommen, erklärt die Ingenieurin Daniela Jahn in der Produktionshalle.
"Das ist ein beheizbares System, der Kunststoff wird aufgeschmolzen, durch Schneckenelemente weiter gefördert. Durch weitere Dosierungszugaben kommen dann noch Kaffeesatz hinzu und vielleicht noch weitere Zuschlagsstoffe, die wir benötigen, um einfach die nötige Performance des Kunststoffs zu bekommen. Dann werden die Kunststoffstränge in ein Wasserbad geleitet und in einem Granulator klein gehäckselt, sodass wirklich diese kleinen Kunststoffpellets entstehen, die Kunststoffgranulate. Und die Kunststoffgranulate werden dann weiter im Spritzgussprozess zu Produkten verarbeitet."
Kaffeesatz soll fossile Farb- und Füllstoffe ersetzen
Zum Beispiel zu Computermäusen, Linealen oder Autoteilen. Das Ziel des Projekts ist, Farb- und Füllstoffe, die üblicherweise aus fossilen Quellen stammen, durch ein Biomaterial zu ersetzen. Mehr als 100 Kunststoff-Rezepturen haben die Forscher schon ausprobiert. Aus den Mischungen fertigen sie in der Regel erstmal flache Stäbe, die dann ein paar Härtetests bestehen müssen. Denn je nach Zielprodukt sollen die Materialien ganz unterschiedliche Anforderungen erfüllen.
"Ist der Geruch da oder ist er nicht da, je nachdem was gewünscht ist. Kann das Bauteil fünfmal von Tisch fallen, ohne dass es kaputt geht? Kann ich es ganz oft auf- und zuschrauben, wenn Schraubdome vorhanden sind? So etwas wird dann gemacht zum Beispiel."
Wie gut sich der Kaffeesatz in das Material einfügt, hängt auch von anderen Zuschlagstoffen ab, wie Weichmacher oder Substanzen, die für mehr Schlagfestigkeit sorgen sollen. Hier ist Jahn zufolge echtes Feintuning gefragt. Die Farbgebung wiederum wird vor allem vom Kunststofftyp und der Kaffeesatzdosis bestimmt. Mit verschiedenen Kombinationen konnten die Forscher schon glänzend braune, graue oder tief schwarze Plastikteile herstellen.
"Und je nachdem, wenn man vielleicht noch Naturfasern hinzugibt, hat man noch einen schönen Faserlook dazu. Manchmal sieht man auch die kleinen Kaffeepartikel. Das ist natürlich dann schön, wenn der Endkunde dann auch sieht, was er da in der Hand hat."
Neben Kaffeetassen auch andere Produkte
Das ist übrigens auch der Fall bei den schwarzbraunen Kaffeetassen, die das Berliner Startup "Kaffeeform" herstellt und auch schon verkauft. Während die Kaffeereste hier aber sozusagen in der Branche bleiben, wollen die Forscher aus Hannover ausdrücklich Rezepte für eine Massenproduktion und ganz unterschiedliche Anwendungen entwickeln. Entscheidend dafür ist, dass die Qualität der Rohstoffe stimmt. Deshalb, sagt Daniela Jahn, komme der Kaffeesatz aus privaten Kaffeemaschinen eher nicht in Frage.
"Kaffeesatz ist nicht gleich Kaffeesatz. Die Bohnen unterscheiden sich: Es gibt verschiedene Arten von Bohnen, es gibt verschiedene Röstgrade. Und allein diese Unterschiede bestimmen schon die Prozesse. Auch dahingehend muss eine Qualität gegeben sein. Von daher ist es sehr schwierig, den Kaffeesatz aus dem Haushalt zu verwenden. Weil da ist es einfach nicht mehr kontrollierbar, welche Sorte jetzt verwendet worden ist."
In ein paar Monaten wollen die Forscher erste marktfähige Kunststoffe aus Kaffeesatz und auch eine Ökobilanz dazu präsentieren. Wie diese ausfällt, wie teuer die neuen Biokunststoffe sein werden und wie gut sie bei den Kunden ankommen, das ist bisher allerdings reine Kaffeesatzleserei.